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Das BP-Ölleck: Was genau passiert denn da?

Vielleicht geht es euch ja genauso, aber was ich bis vor Kurzem über das Ölleck im Golf von Mexiko wusste, war nicht gerade viel. Mein Stand war so ungefähr, dass da ein Loch im Gestein ist, wo Öl raussprudelt. Da die Mainstream-Medien das leider nicht so genau erklären, habe ich mich mal versucht, schlau zu machen und dieser Blogpost ist über meine Ergebnisse.

Dazu möchte ich sagen, dass ich immer noch kein Experte bin und daher auch alles unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten ist. Wer mehr Ahnung hat, kann mich gerne in den Kommentaren berichtigen.

Aber nun zunächst zu der Frage, wie so ein Bohrloch überhaupt aussieht.

Das Bohrloch

So ein Bohrloch ist nicht nur ein Loch im Gestein sondern natürlich deutlich komplexer. Und zwar beginnt man zunächst ein grosses Loch zu bohren, das sogenannte „surface hole“, das ca. 46 cm Durchmesser hat. Dies geht hunderte bis tausende meter in die Tiefe. Gebohrt wird dabei mit einem sogenannten „drill string“ (DP), eine Reihe von 9m langen Rohren, die mit Joints aneinandergereiht werden bis die entsprechende Tiefe erreicht ist. Unten dran sitzt dann der eigentliche Bohrer.

Hat man dieses Loch gebohrt, wird es mit sogenanntem „Casing“ ausgestattet. Es handelt sich dabei um Rohrenstücke, die das Loch auskleiden und festzementiert werden. Oben drauf kommt dann der sogenannte Blowout Preventer (BOP), der ein Auslaufen von Öl und Gas verhindern soll (dazu unten mehr). Dieser ist am Meeresboden ebenfalls festzementiert.

Es wird dann weiter gebohrt und weiter ausgekleidet bis man die das Ölreservoir erreicht hat. Zuletzt kommt dann ein „production casing“ als letztes Stück in das Loch. Hier sind wir dann bei 20 cm Durchmesser (8 Zoll).

Das production casing ist dabei unten geschlossen, es kann also kein Öl und Gas eintreten. Dieses wird dann später für Produktionszwecke mit einer Sprengladung durchlöchert, damit man nicht den kompletten Druck auf der Leitung hat.

Der Weg vom Blowout Preventer zur Bohrplattform wird dabei mit einem „Riser“ (Steigleitung) ausgestattet. Durch diese verläuft dann der drill string. Von Bohrplattform bis runter zum Bohrlochende existiert damit auch ein geschlossenes System, das unter Druck steht.

Durch den drill string wird beim Bohren zudem Bohrschlamm geleitet. Dieser dient zu folgenden Zwecken:

  • Die Bohrrückstände werden dadurch neben dem drill string durch den Riser nach oben geleitet.
  • Er verursacht Gegendruck auf das Öl, da er relativ schwer ist
  • Er kleidet zunächst das Bohrloch aus, damit sich keine Kammern und ähnliches bilden.

Der Blowout Preventer (BOP)

Öl und Gas stehen normalerweise unter recht hohem Druck und man hat schon früh erkannt, wie gefährlich das sein kann (vor allem für die Ölarbeiter). Daher hat man den Blowout Preventer erfunden, der einen Blowout von Öl und Gas verhindern soll.

Der Blowout Preventer steht dabei direkt auf der Bohröffnung und ist festzementiert. Zudem wiegt er auch einiges, nämlich 450 Tonnen.

Ein BOP kann den Ölfluss dabei auf mehrere Arten stoppen:

  • Durch „annular rams“, das sind Ventile, die den Bereich bis hin zum drill string abdichten können
  • Durch „shear rams“, die übereinandergepresst werden und dadurch den drill string auch durchschneiden können. Dies geht aber evtl. nicht, wenn sich gerade ein drill string joint in dem Bereich befindet.

Von diesen Ventilen können evtl. mehrere verbaut sein.

Gesteuert wird ein BOP durch mehrere Mechnismen:

  • automatisch durch einen Überdruck
  • automatisch durch zuviel Durchfluss
  • ferngesteuert durch ein Kommando von der Bohrplattform (EDS nennt man das wohl)
  • Manuell, indem man aussen auf einen Knopf drückt (bzw. einen Tauchroboter drücken lässt)
  • Akustisch durch einen entsprechenden Sound

Die letzte Methode war wohl bei dem BOP der gesunkenen Deepwater Horizon nicht vorhanden gewesen.

Was ist schiefgelaufen?

Kommen wir zu der Frage, was eigentlich zu der Explosion geführt hat. Dazu muss man wissen, dass es man gerade in den letzten Zügen lag, die Bohrung abzuschliessen, die Bohrplattform zu entfernen und ggf. durch eine Produktionsplattform zu ersetzen. Dazu wird dann normalerweise ein Zementpfropfen im Bohrloch appliziert.

Über die eigentliche Ursache gibt es natürlich nur Mutmassungen, da die Untersuchung dazu noch nicht abgeschlossen ist. Bei The Oildrum gibt es aber eine Theorie, nämlich dass bei der Einzementierung der letzten casing einfach zuwenig Zement verwendet wurde.

Zudem wurde wohl kein „cement bond log“ geführt, also getestet, ob der Zement auch richtig ausgehärtet war. Weiterhin gab es beim Durchbohren der Reservoirdecke einen „Washout“, was bedeutet, dass Bohrschlamm in das Reservoir gelangt ist und das Bohrlochende evtl. verbreitert hat. Dadurch könnte mehr Zement benötigt worden sein, um das casing richtig zu versiegeln.

Nachdem man 20 Stunden gewartet hat, dass der Zement festgeworden ist, hat man den Bohrschlamm durch Seewasser ersetzt, da das Loch ja fertig war und man es mit dem Zementpfropfen versiegeln wollte. Seewasser ist aber leichter als der Bohrschlamm und dadurch kam das Gleichgewicht zwischen Druck von oben und dem Gasdruck durcheinander.

Es läuft wohl darauf hinaus, dass die Anzeichen für einen Überdruck nicht richtig gedeutet wurden und man den Gasdruck damit unterschätzt hat. Schlussendlich wurde das Wasser dann komplett aus dem Steigrohr gepresst, gefolgt vom Gas, das sich dann auf der Plattform entzündete. Das Resultat waren eine brennende Bohrplattform und 11 Tote.

Der Blowout-Preventer-Defekt

Das Problem, mit dem wir im Moment zu kämpfen haben, ist der defekte Blowout Preventer. Denn dieser sollte in einem solchen Falle das Bohrloch eigentlich abdichten. Dies aber ist nicht geschehen.

Warum genau, weiss man wohl erst, wenn der BOP an die Oberfläche gebracht worden ist, um ihn genauer zu untersuchen.

Fakt ist aber, dass man auf der Plattform versucht hat, den BOP zu aktivieren. Dies hat die Schalttafel wohl auch angenommen, aber die Anzeige des Erfolgs fehlte. Es wurde daraufhin entschieden, die Plattform komplett zu räumen.

Durch das Sinken der Plattform ist zudem den Riser (also das Steigrohr zwischen Plattform und BOP) abgerissen und am BOP umgeknickt. Es treten dabei durch ein paar Löcher am Knick und am 500 m entfernt liegenden Ende des Risers Öl aus.

Ein Tauchroboter hat dann später versucht, die Ventile im BOP manuell zu betätigen.

manual BOP activation failed

Dies hat leider nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Klar ist, dass wohl auch die automatische Aktivierung versagt hat.

Ein Problem dabei kann wohl sein, dass der drill string sich noch innerhalb des Risers und damit auch des BOPs befindet (und sich sogar noch bis 1000 Fuss unter den Meeresboden erstreckt). Wenn die Shear Rams (siehe oben) nun einen Joint getroffen haben, so konnten sie den drill string wohl nicht durchschneiden und dadurch kann durch diesen weiterhin Öl austreten.

Aber leider kann man eben in 1500 m Tiefe nicht genau reinschauen und deswegen werden wir wohl erst nach Stopfen des Öllecks im August näheres wissen.

Warum ist das nun passiert und was  kann man dagegen tun?

Man kann hier natürlich im Moment nur spekulieren, aber ein paar Möglichkeiten für den Grund dieser Katastrophe findet man schon im Netz:

  • Die Bohrung war hinter dem Zeitplan, man hatte daher evtl. Zeitdruck.
  • Der Plan für die Bohrung war wohl recht riskant, wurde aber trotzdem von den entsprechenden Stellen abgesegnet.
  • Man hat die Zeichen der Gefahr nicht erkannt oder aber ignoriert.

Es ist wohl dabei immer leicht zu sagen, was man hätte sehen müssen, da wir jetzt den Ausgang kennen, aber wir wissen natürlich auch nicht genau, was alles vor Ort diskutiert worden ist.

Laut The Oildrum ist die Absegnung des Plans wohl das Hauptproblem und es ist wahrscheinlich, dass viele solche Pläne abgesegnet worden sind und wir von Glück sprechen können, dass so etwas nicht öfter passiert ist.

Sie schliessen mit den Worten:

Interior Secretary Salazar has announced a suspension of offshore drilling permits and an indefinite ban on new offshore drilling. This will have a profound economic impact on many thousands of rig and associated service jobs. The result will undoubtedly be new regulations. More regulation will accomplish little, however, if the underlying problem is a lack of critical thinking by the companies that drill oil and gas wells and the government agencies that oversee their activities.

Und dem will ich mich anschliessen und demnächst vielleicht noch etwas über die versuchten Eindämmungs- bzw. Bohrlochversiegelungsmassnahmen berichten.

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