Wie auf netzpolitik zu lesen ist, geht es in der EU mal wieder um das Telekom-Paket, welches am Mittwoch zur Abstimmung steht. Leider haben sich aber in letzter Minute mal wieder ein paar für die Freiheit des Internets bedenkliche Änderungsanträge eingeschlichen, bzw. sind ersetzt worden. Die genauen Details gibt es im oben genannten Artikel.
Viel Zeit bleibt mal wieder nicht, aber es ist wichtig, dass ihr eure Europa-Abgeordneten kontaktiert. Ich werde dies bei meinem mal tun (das ist soweit ich weiss der Herr Spitzenkanditat der SPD für die nächste Wahl, Martin Schulz) und ihm eine Mail und ein Fax schicken.
Ich habe mir mal die folgende Formulierung ausgedacht und würde gerne euer Feedback dazu haben. Vielleicht kann man ja gemeinsam zu einem guten Text kommen (ich mache ja sowas ja eher selten):
Sehr geehrter Herr Schulz,
ich schreibe Ihnen aufgrund der am Mittwoch bevorstehenden Abstimmung zum Telekom-Paket und der drohenden Einschränkung der freien Kommunikation im Internet sowie der Grundrechte der Internetnutzer.
Im Detail geht es um den Änderungsantrag 166 im Harbour-Bericht sowie den Änderungsantrag 138/46 im Trautmann-Bericht. Bei beiden wurden seit der ersten Lesung wichtige Sicherheitsmechanismen zum Schutz der Grundrechte und der Freiheit von EU-Bürgern verwässert. Ich bitte Sie daher für die Wiederherstellung dieser Passagen zu stimmen.
So wurde der Änderungsantrag 166 des Harbour-Berichtes durch eine Version ersetzt, die keinerlei schützenden Wert mehr hat. Es geht hier um Netzneutralität, also den diskriminierungsfreien Zugang zu Internetinhalten, die durch diese Änderung nicht mehr garantiert werden kann. So wurde auch ein schwacher Schutz gegen „Netzdiskriminierung“ komplett neutralisiert, so dass Internet-Anbieter aussuchen könnten, welche Inhalte, Services und Applikationen über ihre Netzwerke erreichbar sind. Dies bedeutet jedoch einen kritischen Eingriff in die Informationsfreiheit, wenn bestimmte Inhalte nur durch bestimmte Internet-Provider zugänglich sind. Hinzu kommt, dass auch kleine Inhalteanbieter, wie z.B. Blogs oder generell individuelle EU-Bürger, diskriminiert werden könnten.
Der Änderungsantrag 138/46 des Trautmann-Berichtes wurde ebenfalls durch eine schwächere Version ersetzt, welche zunächst eine Interpretation durch den europäischen Gerichtshof und Jahre der rechtlichen Auseinandersetzung benötigt, bevor die vor allem in Frankreich diskutierten „graduate response“/“three strikes“-Massnahmen damit abgewehrt werden können.
Mir persönlich ist es auch schleierhaft, wie man auf solche Ideen überhaupt kommen kann. Der Internetzugang wird in Zukunft unseren gesamten Lebensbereich beeinflussen: Telefon und Fernsehen (wie immer dies in Zukunft aussehen mag), ein Grossteil der sozialen Kommunikation und Meinungsäußerung wird über das Internet abgewickelt werden. Diese Zukunft hat für manche Bürger heute schon begonnen und wird immer mehr bei uns Einzug halten. In solch einem Szenario eine Internetsperre zu verhängen, ist daher schärfstens zu verurteilen. Dies wird natürlich nicht dadurch besser gemacht, dass diese Sperren automatisch verhängt werden sollen. Unsichere WLAN-Zugänge oder Computerviren, die illegale Inhalte herunterladen, können ihr übriges tun, jemand eigentlich Unschuldigen schnell mit einer Sperre zu konfrontieren.
Wir sollten uns daher genau überlegen, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. In einer, wo man nur einen Teil der Informationen abrufen kann, evtl. dafür bezahlen oder sich registrieren muss, um seine Meinung kundzutun, wo man mit einem versehentlichen Klick entweder seinen gesamten Internetzugang sperren oder gar eine Hausdurchsuchung heraufbeschwören kann (Stichwort: Internetsperren hier in Deutschland).
Oder in einer Gesellschaft, wo man sich frei und ohne Angst vor Konsequenzen äußern kann, wo man auf alle Informationen freien Zugang hat und wo nicht ein falscher Klick ausreicht, um sich verdächtig zu machen. Ich wäre für letzteres Szenario, denn dies würde der Demokratie gut tun. Wir haben jetzt die Chance, einen viel größeren gesellschaftlichen Dialog abseits der Mainstreammedien hinzubekommen, als wir es je hatten. Wir sollten uns diese Chance nicht verbauen und brauchen daher ein möglichst freies Internet.Aus diesen Gründen würde ich Sie bitten, den von La Quadrature du Net zusammengestellten „Citizens’ Rights Amendments“ und den damit verbundenen Abstimmungslisten, die Sie im Anhang finden, zuzustimmen.
In der Hoffnung, dass gerade die bevorstehende Europawahl Sie im Sinne der Bürger und nicht der Internet-Provider- oder Medienlobby entscheiden lässt, verbleibe ich
hochachtungsvoll,
Was sollte raus, was ist falsch, was sollte man anders formulieren? (ich werde versuchen, die englischen Begriffe noch einzudeutschen, also Report=Bericht, Ammendment = Änderungsantrag usw.)
Gerne kann dieser Text natürlich auch kopiert und verändert und an euren Abgeordneten geschickt werden.
Ich würde den dann morgen früh rüberschicken mit folgenden Anhängen:
Wie finde ich meinen Abgeordneten?
Laut Kommentaren auf netzpolitik ist das nicht so einfach, aber man muss sich im Moment auch nur auf die SPD und CDU konzentrieren.
- Hier findet man alle Kandidaten der SPD
- Hier findet man alle Kandidaten der CDU
- Suche bei abgeordnetenwatch.de
Kandidat heisst natürlich nicht unbedingt, dass man jetzt schon im Parlament ist.
Weiterhin gibt es heir noch ein paar Links zu den Berichten und den Tagesordnungspunkten:
- Harbour-Bericht in OEIL: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=REPORT&reference=A6-2009-0257&language=DE&mode=XML
- Trautmann-Bericht: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=REPORT&reference=A6-2009-0272&language=DE&mode=XML
- Tagesordnung für Dienstag: http://www.europarl.europa.eu/activities/plenary/home.do?date=20090504&tab=CURRENT&subTab=20090505&language=DE#
(Danke an Jens für die Links in den netzpolitik-Kommentaren)
Update: Ich habe noch einen Absatz über die gesellschaftlichen Auswirkungen eingebaut, Rechtschreibfehler verbessert und die englischen Begriffe in deutsche übersetzt. Ich werde es dann gleich mal abschicken.
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