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Wie gross ist das Jugendmedienschutz-Problem überhaupt?

Wenn man der Diskussion rund um den Jugendmedienschutz zuhört, so kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass der Untergang des Abendlandes sehr kurz bevorsteht und uns nur eine kleine Streitmacht unerschrockener Filterprogramme und Sendezeitbegrenzungen von diesem fernhält.

Doch wie gross ist das Problem wirklich? Machen wir eine Mücke zu einem Elefanten oder stehen wir tatsächlich kurz vorm Untergang oder zumindest Sittenverfall?

Leicht ist diese Frage nicht zu beantworten, da die Definition von „Untergang“ nicht so eindeutig ist, wie man es gerne hätte (im Fachjargon heisst es im übrigen „entwicklungsbeeinträchtigend“). Doch zumindest kann man sich mal ein paar der aktuelleren Studien anschauen, in denen Kinder zu ihrer eigenen Problemwahrnehmung befragt wurden. Hier mal zwei Beispiele.

Pornos?

So findet sich z.B. in der EU Kids Online Studie (PDF, Seite 6) eine Passage zu Pornographie im Netz. Der Studie nach haben 14% der 9-16 jährigen schon einmal Pornos im Netz gesehen. Davon waren 1/3 verunsichert und die Hälfte von diesen waren sehr verunsichert. Von den Verunsicherten haben dann 53% sprachen mit jemandem darüber, aber 24% taten das wohl nicht und haben als Konsequenz das Internet danach eine Zeitlang nicht mehr genutzt. Da ich persönlich „Pornos sehen“ noch nicht als grosses Problem sehe (sondern eher als normal in einem gewissen Alter), bleiben für mich diese 24%, bei denen ich sagen würde, dass sie ein Problem haben, bei dem man demnach helfen sollte.

Rechnet man diese 24% (von 1/3 von 14% der 9-16 jährigen) auf die Gesamtzahl um, so kommt man auf 1,12%. Ein sehr grosses Problem in diesem Bereich scheinen wir also nicht zu haben.

Werte?

Ein weiteres Argument für Jugendmedienschutz gerade im Bereich Pornographie ist ausserdem, dass dadurch die Jugend „verrohen“ würde – gerne wir das Stichwort „Generation Porno“ gennant. Wir müssten also bei den Jugendlichen Werteverfall sehen. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie man aus der aktuellen SHELL-Studie „Jugend“ (rund um Seite 196) entnehmen kann:

Im Prinzip steigen nämlich die Wertevorstellungen seit 2002, womit diese These des Sittenverfalls wohl nicht unbedingt zu halten ist. Überhaupt war ich beim Lesen der Studie überrascht, wie gut unsere Jugend im Prinzip dasteht. Das Hauptproblem scheint nämlich eher das soziale Ungleichgewicht zu sein, nicht so sehr der Medienkonsum.

Scheindebatte?

Für mich stellt sich das nun so dar, dass wir im Bereich Jugendmedienschutz schonmal kein Riesenproblem haben. Es erstaunt daher auch, dass wir in diese Problematik soviel Energie stecken. Natürlich sollte man auch diesem 1% der Kinder helfen, aber man muss auch zusehen, dass die Maßnahmen dann verhältnismässig sind und auch tatsächlich Lösungen.
Man muss weiterhin im Hinterkopf behalten, dass wir nie 100% aller Probleme der Welt lösen können. Von daher würde ich es begrüssen, wenn wir all die Energie, die wir in diese Debatte stecken, doch eher in eine Chancendebatte stecken und Jugendlichen, statt sie in Watte zu packen, besser beibringen, das Internet gewinnbringend zu nutzen und die dabei auftretenden Probleme selbständig zu lösen. Denn nur so werden wir in einer sich ständig verändernden Internetwelt bestehen können.

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