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Jugendmedienschutztagung ZDF

So langsam neigt sich der JMStV-Marathon dieses Jahr dem Ende zu. Nach diversen Podiums-Veranstaltungen und dem JMStVCamp war ich schliesslich am Mittwoch zu Gast beim ZDF bei der von ARD, ZDF und den beiden Kirchen veranstalteten jährlichen Jugendmedienschutztagung. Dort war ich dann auch gleich zweimal auf dem Podium: Einmal zu optischen und akustischen Alterskennzeichen und zum anderen zu Crowd Sourcing und Community Management.

Die Veranstaltung selbst folgt dem üblichen Schema von abgelesenen „Vorträgen“, gefolgt von Podiumsdiskussionen, hier „Check-Up Modul“ genannt, die die einzelne Aspekte des Themas mit verschiedenen Akteuren beleuchten sollten. Immerhin saßen pro Modul nur 2 Leute plus Moderator auf dem Podium und sie waren nur so ca. 20-30 Minuten lang, was zumindest eine gewisse Abwechslung in Personen und Themen bot, eine Vertiefung oder eine größere Einbindung des Publikums jedoch ausschloss.
Viel neues kam daher auch nicht heraus, denn Raum für Brainstorming und konstruktive Zusammenarbeit bietet diese Form der Veranstaltung ja eben nicht. Eher im Gegenteil: Panels müssen möglichst kontrovers sein, damit sie nicht langweilig werden. Aber wie kontrovers diskutiert man noch, wenn es eigentlich um nichts geht (denn ein neuer JMStV-Versuch steht ja nicht an) und man sich eh alle paar Wochen auf irgendwelchen Podien trifft?

Aber trotzdem zum Thema. Es war, wie vorauszusehen, die Filterprogramm-Lobby in Form von FSM und JusProg vor Ort, die nach wie vor Filterprogramme als die Super-Duper-Besser-als-gar-nichts-Lösung verkaufen. Seltsam dabei natürlich: Technisch hat sich wohl eher nichts verändert, aber plötzlich werden Konzepte anerkannt. Wurden also vielleicht nur die Kriterien angepasst? Darauf angesprochen sagte JusProg-Vertreter Stefan Schellenberg, dass man nach dem Scheitern des JMStV halt nochmal alle Diskussionen auf 0 gestellt und neu begonnen hätte. Was nun aber neu sei im Vergleich mit vor 2 Jahren, sagte er nicht.

Meine Meinung, dass Eltern solche Tools eh kaum einsetzen dürften, bestätigte der Einwurf des „Lotsen“ Prof. Hasebrink vom Hans-Bredow-Institut, der erklärte, dass Eltern zwar meinen, Jugendschutzprogramme zu kennen oder gar einzusetzen, diese sich aber nachher als Antivirensoftware oder ähnliches entpuppen. Der Bekanntheitsgrad sei de facto also eher Nahe Null anzusiedeln.

Das Ergebnis der Einführung von Selbstklassifizierung und Filterprogrammen dürfte also schlussendlich eher darin bestehen, dass es mehr 16er-Inhalte von Telekom, Orion, Beathe Uhse und Co. geben wird, die zwar als 16er-Inhalt klassifiziert sind, aber mangels Marktabdeckung von Filterprogrammen trotzdem für die Mehrheit der unter 16-jährigen verfügbar sein dürften. Von der wahrscheinlich grossen Mehrheit, die diese Filter umgehen werden, mal eh ganz zu schweigen.

Selbstklassifizierung?

Überhaupt: Selbstklassifizierung von Inhalten. Super Sache, praktisch nur kaum umsetzbar für die Mehrzahl der Anbieter. Denn eines scheint sich immer noch nicht rumgesprochen zu haben: Anbieter sind nicht mehr nur ein kleiner Haufen von Sendern, sondern potentiell wir alle.

Und die Grundfrage ist ja: Wie weiss ich, welche Altersklasse für meine Inhalte die richtige ist? Dazu hat die FSM zwar ein entsprechendes Werkzeug entwickelt, das jedoch auch keine Rechtssicherheit bietet: So hatte ich ja einmal 18 raus wo andere 12 hatten. Sabine Frank, ehemalige FSM-Geschäftsführerin darauf angesprochen, meinte dazu, dass ich mir natürlich trotzdem noch Gedanken machen müsste, so schreibt es der JMStV vor.
Aber wozu denn dann das Tool? Was genau hilft es mir denn? Und wie mache ich mir die richtigen Gedanken? Wer erklärt mir das? Ich weiss ja nichtmal, aufgrund welcher Kriterien dieses Tool seine Entscheidung getroffen hat. Wäre es dann nicht fast besser, wenn ich Pi mal Daumen eine Entscheidung treffe in meiner Funktion als 80-millionstel-Teil unserer Gesellschaft?

Auch auf der Seite der professionellen Prüfer von FSK und selbst von Seiten der KJM scheint es ja große Vorbehalte gegenüber einer Selbstklassifizierung zu geben. Denn so gut wie professionelle Prüfer sind die „Hobby-Prüfer“ schliesslich nicht.
Die Mehrzahl der Anbieter, also Bürger sind eben nicht so geschult wie die Prüfer der FSK, FSF oder USK.
Ähnliches sagte auch Verena Weigand von der KJM in Bezug auf Crowdsourcing-Tools wie z.B. werateit.de, denn auch hier findet ja eine Klassifizierung statt, wenn auch von fremden Seiten und nicht den eigenen. Einen Unterschied sollte dies allerdings nicht machen, denn auch die Selbstklassifizierung ist ja eine Art Crowd-Sourcing.

Allerdings ist diese Diskussion eh müssig, denn einerseits werden kaum Eltern diese Filter einsetzen, dann gibt es sie nicht für iPhone, Android, Playstation und Co., es gibt zudem USB-Sticks und Festplatten und die meisten Jugendlichen werden sich zudem recht flott von diesen Filtern befreien.
Insofern sollte man statt einem Beharren auf Filtern doch lieber mal Plan B konkretisieren, was man nämlich tut, wenn Filter nicht funktionieren. Und das wären eben Ansprechpartner statt Maschinen und sicherlich auch Medienkompetenz.

Prof. Hasebrink erklärte dazu, dass Jugendliche, die kompetent sind, zwar auch mehr Risiken ausgesetzt seien, diese aber nicht als solche wahrnehmen würden. Und im Gegenzug sind die Kinder jener Eltern, die viel mit Verboten arbeiten, nachher ungeschützter.

Wie also schon in Wiesbaden bei den Grünen gesagt: Es darf nicht darum gehen, Kindern und Jugendlichen anzuerziehen, allen Risiken aus dem Weg zu gehen. Es muss stattdessen darum gehen, Selbstbewusstsein und Lösungskompetenz zu erlernen, um mit den Risiken des Lebens umgehen zu können. Wie sonst sollte ich den Mut aufbringen, eine Firma zu gründen oder im Zweifel meine Meinung zu sagen? Es geht schliesslich nicht nur um das ein oder andere problematische Video, es geht auch darum, ob ich mich in der Lage sehe, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Schutzregulierung angleichen?

Sollte man, egal ob Fernsehen, Kino oder Internet, die Regeln des Jugendmedienschutzes einheitlich gestalten? Auch diese Frage wurde diskutiert und ich habe sie zudem ja schon beim GMK-Forum in Nürnberg die Woche vorher beim Barcamp gestellt.

Eine schlussendliche Antwort habe ich noch nicht darauf, aber im Moment würde sie so lauten: Ich denke nicht. So ist der Unterschied zwischen Internet und Fernsehen ja doch noch der, dass man beim Fernsehen ein festgelegtes Programmschema hat und die Sender dies im Moment auch kontrollieren. So kommt also kein Horrorfilm um 11 Uhr. Man hätte also den geschützten Raum für die Kinder, so dass man auch mal zappen kann (wobei das nicht heisst, dass gerade jüngere Kinder beim Vormittagsprogramm dennoch mal Angst haben).

Solange dies noch so getrennt ist, mag es also Sinn machen, vor allem, da man zunächst einmal nichts ändern müsste. Sobald aber Fernsehen und Internet mehr zusammenwachsen und auch Internet-TV mehr und mehr per Fernsehgerät zur Verfügung steht, müsste man die Frage dennoch neu diskutieren.

Fazit

Zur Veranstaltungsform gibt es sicherlich noch viel zu sagen. Da es aber kein ZDF-Problem ist, sondern mehr ein generelles gibt es dazu sicherlich demnächst nochmal einen generellen Blogpost.

Wäre dieser Termin der einzige seiner Art gewesen, wäre es sicher interessant gewesen. So aber war es mehr oder weniger Familientreffen, es war mal nett, beim ZDF zu sein, es war auch alles schön durchgestylt, viel Neues kam aber eben nicht rum, da inzwischen ja nun wirklich alle Argumente eigentlich ausgetauscht sind.

Und von daher war es das für mich mit dem JSMtV auch erstmal. Eine Art zusammenfassende Meinung und Sammlung von Informationen mag noch kommen, aber an Veranstaltungen sollte es das nun doch mal langsam gewesen sein, zumindest für mich (es sei denn, man bietet mir Reichtum an ;-) ).

Interessanter für die Zukunft wäre deswegen auch eher eine Diskussion, wie man Diskussionen online gestaltet und mit der Offline-Welt synchronisiert und vor allem dokumentiert.

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