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Sind die Piraten eine Protestpartei?

Wie in den USA auch, muss es natürlich auch in Deutschland vor Wahlen immer TV-Duelle geben. So auch vorgestern mit den Kontrahenten Hannelore Kraft vs. Norbert Röttgen.

Die Kurzzusammenfassung wäre: Alle wollen bessere Bildung, wollen die Energiewende und Schulden senken sowieso. Wie genau, weiss entweder keiner oder aber man streitet sich über Details. De facto blieb damit nur die Entscheidung, wer sympathischer rüberkam. Ist ja auch das Wichtigste bei einer Wahl.

So auch das Fazit des Tagesgesprächs gestern morgen auf WDR 5 (wobei so manch Anrufer von Herrn Röttgers und seinem Vorgänger Rüttgen sprach). Irgendwann jedoch kam die Sprache dann auch auf die Piratenpartei und es wurde versucht, herauszufinden, warum zum Teufel so viele Bürger denn eigentlich die Piraten wählen würden. Eine richtige Erkenntnis allerdings wollte sich nicht einstellen, sieht man mal davon ab, dass die Piraten wohl eine reine Protestpartei sein müssen.

Was ist eine Protestpartei?

Doch was ist nun eigentlich eine Protestpartei? Ist es automatisch jede Partei, die bislang nicht in Parlamenten sitzt?

Ich würde da unterscheiden wollen. So gibt es (leider) Wähler, die in Situationen, wo die etablierten Parteien inhaltlich nicht weiterhelfen, den rechten Hansels auf den Leim gehen, die die einfache Botschaft verbreiten, dass man nicht selbst, sondern ganz bestimmt irgendwer anders, bevorzugt jemand aus dem Ausland, an allem Schuld sei. Und bei diesen Wählern gibt es eventuell auch einige, die das zwar nicht ganz glauben, aber die Etablierten schocken wollen.

Dann gibt es noch die, die in solchen Fällen eher kleine Parteien wählen, von denen man aber eh nicht annimmt, dass die in irgendein Parlament einziehen. Hauptsache, die Stimme geht eben nicht an den rechten Rand.

Die Piraten, die andere Protestpartei

Doch bei den Piraten scheint mir das etwas anders zu sein. Hier geht es ja scheinbar nicht um eine inhaltliche Unzufriedenheit, sondern es geht um das politische System als solches, mit dem man unzufrieden ist. Und anders als z.B. bei einer Tierschutzpartei gibt es bei den Piraten auch das Versprechen, dieses zu ändern. Sie mögen noch nicht genau wissen, wie (weiss bei Schuldenabbau aber auch keiner), aber sie haben zumindest den Anspruch.

Man wählt also hier evtl. doch die Hoffnung, dass sich grundlegend mal was an der Kultur und am Stil ändert. Und schaut man sich die Umfragewerte an, so scheint dort ja ein grosser Bedarf zu bestehen. Insofern sind die Piraten eben doch eher eine Alternative als ein Protest.

Das System ist mehr als nur Parteien

Ein weiterer Aspekt ist, dass es nicht nur um Parteien geht. Auch Medien und Umfrageinstitute sind Teil des Niedergangs der politischen Kultur. So zeigt doch schon das Konzept eines TV-Duells, dass es nicht wirklich um Inhalte gehen kann, schliesslich wird ja nichts erklärt. Und bei den Umfragen werden die Piraten einfach in die Protestpartei-Schublade gesteckt und gut ist. Hier muss man genauer hinschauen und sich vielleicht auch von den alten Schubladen des Systems lösen.

Insofern wäre mein Fazit: Man wählt Piraten wegen der Hoffnung auf Änderung. Man sollte sich aber auch im Klaren sein, dass diese Änderung nur eintritt, wenn die Piraten ihrem Anspruch gerecht werden und es vor allem schaffen, den Rest des Systems (also andere Parteien, Medien und auch den Bürger) mitzunehmen und sich nicht etwa von diesem vereinnahmen zu lassen.

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