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Götz Werner über das bedingungslose Grundeinkommen

Am 14.10. gab es einen Vortrag zum bedingungslosen Grundeinkommen von Prof. Götz W. Werner, u.a. Gründer, des dm-drogerie markt, in der Mayerschen Buchhandlung hier in Aachen anlässlich der Vorstellung seines Buches „1000 Euro für jeden“.

Der Vortrag selbst war recht amüsant, wenn auch nicht sehr ins Detail gehend. Laut eigener Aussage sei das Ziel aber auch eher gewesen, das Publikum zum Nachdenken zu bewegen.

Status Quo

Seit 130 Jahren leben wir mit dem bismarckschen Modell des Sozialstaates. Die Zeiten allerdings haben sich geändert. So lebten damals über 60% der Bevölkerung von der Landwirtschaft, waren Selbstversorger. Zudem war die Lebenserwartung geringer als heute, so dass man damals kaum Renten ausbezahlen musste, die Familie hatte eine andere Bedeutung und die Berufsbiographien waren kontinuierlicher.  All das ist heute nicht mehr so, weswegen die Beitragsmechanik nicht mehr so funktioniert, wie damals. Der Hauptgrund liegt laut Werner in der Wandlung vom Selbstversorger zum Fremdversorger. Wie produzieren hauptsächlich für andere, Zeichen davon seien (scherzhaft) Kühlschränke und Logistik. Wir stehen damit auch immer auf den Schultern unserer Gesellschaft.

Das Problem

Kern seiner Argumentation war das Verhältnis zwischen Arbeit und Einkommen bzw. Einkommen und Gütern. Er fragt:

Leben wir von den Gütern oder leben wir vom Geld?

Ist das nicht ein grosser Irrtum, wir lebten vom Geld?

Ist das nicht schon alles finanziert?

Wichtig sei das Einkommen (von dem man sich dann Güter kaufen kann) und nicht die Arbeit und von daher wären auch alle Sprüche wie „Arbeit sichern!“ mit Skepsis zu betrachten. Das „Recht auf Arbeit“ nennt er den sozialistischen Denkirrtum. Das führe auch dazu, dass man meint, man könne Arbeit leistungsbasiert entlohnen. Aber wie z.B. entlohnt man einen Richter leistungsbasiert, eine Krankenschwester? Hier ist das Problem klar, es sei aber auch bei allen anderen Berufen fraglich, wenn man mal genauer hinschaut.

In diesem Zusammenhang sagte er auch:

Wir leben von unseren Kindern. Aber schauen Sie mal den Zustand unserer Schulen an, den Zustand unserer Kinder. Vergleichen Sie mal den Zustand eines Grundschule und der eines Autohauses. Schauen Sie mal an, wie das Einkommen von Autohändler und Krankenschwester ist.

Und zitiert Ford:

Der Wohlstand einer Gesellschaft beginnt nicht in den Werkshallen, sondern im Kindergarten.

Zurückkommend auf die Leistung sagte er:

Wenn Sie in dieser Gesellschaft leben wollen, brauchen Sie ein Einkommen. Da ist nicht die Frage, was leistet der, sondern die Tatsache, dass sie leben, macht es erforderlich, dass Sie ein Einkommen haben.

Der Fokus auf die Arbeit sei auch das Problem mit Hartz IV. Wer keine Arbeit hat, zählt nichts und man wird im Prinzip nur solange geparkt, bis man wieder Arbeit hat. Und obwohl man dann Zeit hat, bildet sich doch kaum ein Arbeitsloser fort. Man liest kein Buch, an der Uni einschreiben geht schon gar nicht. Man sitzt untätig und auf Abruf da.

Dass aber nur die sozial Schwächeren von Transferleistungen leben würden, sei ebenfalls ein Irrtum, denn die Reichen tun das auch. So nutzt man diese bei jedem Besuch der Oper, bei einem Flug mit dem Airbus („da können sie gar nicht soviel abfliegen, wie dort Subventionen geflossen sind“) und vielem anderem mehr. Auch sei es ja nicht so, dass die Reichen die meiste Steuerlast tragen würde, denn je reicher man ist, desto größere Steuervermeidungsstrategien werden genutzt. Den Grossteil der Steuern zahlen daher die mittleren Einkommen.

Auch auf die Globalisierung ging er ein, denn sie sei ja mit ein Grund dafür, dass wir zu wenig Arbeit in Deutschland haben. So ist Arbeit im Ausland deutlich billiger, weswegen wir viele Waren importieren („Ziehen Sie mal alles aus, was nicht in Deutschland gefertigt wurde und wir hätten hier eine FKK-Veranstaltung“). Das läge aber allein am Steuersystem, denn sowohl Infrastruktur als auch die Qualifikation von Arbeitskräften sei hier definitiv besser als im billigeren Ausland.

Seine Lösung

Was Götz Werner als Hausnummer fordert, ist ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1000 EUR. Keine Bedürftigkeitsprüfung, keine Anrechnung von Erspartem, kein Ausziehen vor den Behörden. Dazu solle die Einkommensteuer (samt Subventionen) abgeschafft und durch eine reine Konsumsteuer ersetzt werden. Wichtig sei hier alleine die Einhaltung der Staatsquote, also wieviel Geld an den Staat abgezweigt wird. Heutzutage sei es so, dass die Staatsquote schon in den Preisen einkalkuliert sei. So sind die Steuern, die ein Unternehmen auf den Gewinn zahlen muss, schon durch den Käufer bezahlt, denn sonst könnte es ja keinen Gewinn machen. Somit könne man diese auch direkt auf den Konsum aufschlagen.

Der heutige Steuerfreibetrag (den auch schon alle Reichen bekommen) würde dann als Grundeinkommen ausbezahlt. Oder bezogen auf den Landbesitz der bismarkschen bzw. römischen Zeit:

Was damals Grund und Boden war, ist heute Grundeinkommen.

Das Grundeinkommen würde hierbei nicht noch zusätzlich zum Lohn gezahlt werden (das würde Inflation nach sich ziehen), stattdessen kommen die ersten 1000 Euro vom Staat, der Arbeitgeber füllt dann nur den Rest auf. Folglich würden dadurch die Arbeitskosten für das Unternehmen sinken und somit könnte auch wieder mehr in Deutschland produziert werden.

Weitere Vorteile:

Was wäre, wenn es die ganzen Steuern nicht gäbe? Keine Steuerflucht, keine Schwarzarbeit, keine Progressionssprünge. Am wichtigsten: Wir würden die Menschen für Arbeit nicht mehr diskriminieren. Dafür subventionieren wir die Maschinenarbeit.

Und weiter:

Jetzt arbeiten wir nicht mehr für uns, sondern für andere. Wenn jemand für andere arbeitet, soll man ihn doch motivieren. Steuergrundlage sollte nicht das sein, was man beiträgt sondern das, was man konsumiert. Dann ist man bei der Konsumsteuer. Einkommensteuer fragt immer „Was hast Du gemacht“. BGE und Konsumsteuer fragt „Was hast Du vor?“. Will man für andere produzieren, ist es steuerfrei, Selbstverbrauch zahlt Steuern.

Es gab dann noch eine Nachfrage, was denn mit dem Export sei, denn dort würde ja keine Mehrwertsteuer kassiert werden. Seine Antwort war leider etwas schwammig dahingehend, dass sie die anderen Länder schon darauf einstellen würde. Aber natürlich hätten wir dadurch einen Exportvorteil.

Kritik

Die Frage, ob er das denn schonmal durchgerechnet habe, hat er direkt selbst beantwortet, indem er die Kritiker in zwei Gruppen aufteilte:

Die einen finden die Idee vielleicht interessant, aber können sich solch einen gewaltigen Umbau schlichtweg nicht vorstellen. Er verglich dies mit der Kritik an der Einführung der Briefmarke, wo ein Argument dagegen war, dass sich dadurch das Postaufkommen vervielfachen würde, was aber das Londoner Postamt nicht bewältigen könne.

Die anderen Kritiker fragen danach, ob er es schonmal durchgerechnet habe. Dies seien aber Leute, die nur etwas Kluges sagen wollten. Sein Motto wäre eher: „Wer dafür ist, findet Wege, wer dagegen ist, findet Gründe“.

Auch auf die Frage, ob denn dann noch jemand arbeiten würde ging er ein. Natürlich sei es ja so, dass nur wenige mit dem Grundeinkommen zufrieden wären und dann natürlich noch arbeiten würden. Auch wurde ihm mal vorgehalten, dass er dann ja gar keine Kassiererinnen mehr habe. Darauf entgegnete er, dass er dann nur noch die hätte, die wirklich kassieren wollten. Die anderen hätte er gerne heute schon los.

Der Weg

Was benötigt wird, ist also ein Paradigmenwechsel, der jedoch nicht von selbst kommt. Heutzutage verhält sich der Staat immer noch so, als hätten wir Selbstversorger.

Was benötigt wird, ist eine Idee, und das bedingungslose Grundeinkommen sei eine solche. Denn Politiker seien per se nicht innovativ (denn sonst wären sie Unternehmer), haben dafür aber ein sehr gutes Empfinden dafür, wenn sich der Wind in der Gesellschaft dreht. Mit seinen Vorträgen und Büchern versucht er daher genau das auch mit zu erreichen und jeder sei angehalten, mal darüber nachzudenken und sich seine Meinung zu bilden.

Werner:

Der Wind der Veränderung muss aus der Gesellschaft wehen! Innovation entsteht immer aus einer konstruktiven Unzufriedenheit.

Der konkrete Weg sollte dann laut Werner nicht eine Umstellung von heute auf morgen sein, sondern kontinuierlich über z.B. 20 Jahre. Dann würde die Mehrwertsteuer pro Jahr um 2% angehoben und die Einkommensteuer entsprechend abgesenkt.

Er betonte aber auch, dass es natürlich noch Personen geben werde, die weitere Transferleistungen bräuchte, z.B. Behinderte. Diese würde diese natürlich weiterhin bekommen, aber dann natürlich nicht bedingungslos.

Götz Werner sieht generell die Zeit für diese Idee gekommen (er selbst beschäftigt sich schon sehr lange damit), auch weil es quer durch die Parteien Befürworter gäbe. Das BGE sei ein Konzept, was viele ansprechen würde, egal welche Ideologie sie folgen.

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