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Netzneutralität: Wie funktioniert das Internet? Teil 1: Die Struktur

Aktuell wird ja im Rahmen der Debatte um die Netzneutralität wieder viel über das Internet an sich geredet. Oftmals werden dabei Begriffe wie Peering, Transit oder auch Next Generation Networks (NGNs) genannt, meist jedoch, ohne sie näher zu erklären. Bevor ich mich daher weiter über das Thema Netzneutralität auslasse, will ich versuchen, in diesem Post zunächst die benötigten Grundbegriffe zu erklären. Feedback ist mir hierbei wichtig, sollte also etwas unverständlich (oder auch falsch) sein, bitte ich um eine entsprechende Mitteilung, so dass ich das beheben kann.

In diesem Blogpost geht es zunächst um Peering, Transit, Bandbreite und der Struktur des Netzes generell, mit der ich auch beginnen will.

Ein Netz von Netzen

Zunächst einmal gilt: Das Internet ist ein Zusammenschluss von Netzwerken. Und eines dieser Teilnetzwerke hat jeder daheim, nämlich in Form eines DSL-Routers, an den 1 oder mehrere Rechner per WLAN oder Kabel angeschlossen sind. Dieses Netzwerk nun ist mit einem größeren Netzwerk verbunden, nämlich dem des Internetanbieters, wie z.B. die Telekom einer ist. Die dazu notwendigen Kabel muss der Provider dann natürlich gelegt haben. Meist wird man diese zu den Vermittlungsstellen der Telekom legen und die letzte Strecke von dort bis zur Wohnung von der Telekom mieten (die berühmte „letzte Meile“). Die Kabel werden dann meist zu einem Rechenzentrum gelegt, dort alle verbunden und dann kann schonmal jeder Kunde des ISPs jeden anderen Kunden erreichen. In diesem Rechenzentrum können natürlich auch noch Server weiterer Kunden stehen, die auch an dieses Netzwerk angeschlossen werden. Aus der Sicht des Internets sind aber diese Server mit den DSL-Anschlüssen gleichbedeutend.

Nur die eigenen Kunden zu vernetzen ist allerdings noch kein Internet. Dazu braucht es weitere Leitungen und diese existieren nun zwischen diesen ISPs. Manche dieser Netzwerke sind größer, manche kleiner. Manch ein ISP besitzt gar Überseekabel, so dass ISPs auf allen Kontinenten (zumindest indirekt, also über das Netzwerk weiterer Provider) miteinander sprechen können.

Dieses riesige Netzwerk (wohl im Moment ca. 32.000 ISPs) ist das Internet.

Gründet man also einen ISP und schliesst sich irgendwie an einen anderen ISP an, so ist man Teil dieses Internets, wobei man allerdings erst als ISP gilt, wenn man direkte Leitungen zu mindestens zwei ISPs besitzt bzw. mehrere Netze verwaltet. Man nennt dies auch ein Autonomes System (die genaue Definition zu verstehen, ist vielleicht etwas kompliziert, aber auch nicht ganz so wichtig für das generelle Verständnis).

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass es auch nur ein Internet gibt. Es gibt natürlich Netzwerke, die nicht an dieses globale Netz angeschlossen sind, aber diese sind eben nur mehr oder weniger lokale Netzwerke, nicht das Internet.

Wer trägt die Kosten?

Jeder ISP bezahlt hauptsächlich Geld für zwei Dinge: Kabel, die verlegt werden müssen (eher einmalige Kosten, allerdings kann man die reinen Leitungen natürlich auch mieten) und Traffic an andere Provider.

Kabel werden z.B. von Vermittlungsstellen hin zum Rechenzentrum benötigt, weiterhin will man irgendwann vielleicht mehrere Rechenzentren miteinander verbinden. Ausserdem muss sich natürlich mit einem anderen ISP verbinden, d.h. auch zu diesem muss ein Kabel gelegt werden. Ist man zufällig mit einem anderen ISP zusammen in einem Rechenzentrum, braucht dieses Kabel allerdings nicht besonders lang zu sein, es reicht vielleicht, 2 Router durch ein handelsübliches Netzwerkkabel zu verbinden.

Zusammenfassend:

Das Internet ist ein Netz von Netzwerken. Internet-Provider erstellen Netzwerke durch das Legen von Kabeln und die Anbindung an andere Provider, so dass ein weltumspannendes Netzwerk entsteht, das man das Internet nennt.

Bei der Abrechnung des Traffic unterscheidet man nun zwischen zwei Typen: Peering und Transit.

Peering

Peering wird meist zwischen zwei ähnlich grossen ISPs durchgeführt. Diese ISPs haben ein gegenseitiges Interesse, die Kunden des anderen ISPs zu erreichen. Von daher ist der Traffic zwischen diesen Peering-Partnern kostenlos, da er sich ungefähr aufhebt. Bezahlt werden muss aber natürlich trotzdem für das Kabel zwischen den Providern sowie für Verwaltung, Monitoring usw. Peering wird zudem immer bilateral verhandelt und heraus kommt ein sogenanntes Peering-Abkommen, das die Details zwischen den beiden Peering-Partnern regelt.

Durchgeleitet wird beim Peering auch nicht jeglicher Traffic, sondern nur der Traffic, der im Netzwerk des anderen ISPs endet. Allerdings ist egal, von wo der Traffic kommt. Für alles andere muss man seinen Traffic über „Transit“ beziehen.

Transit

Ist ein ISP größer als der andere, so wird der größere ISP sich seltener auf ein Peering-Abkommen einlassen, denn der kleinere hat ja mehr davon. Er kann also den Zugang verkaufen. So wird die Telekom eher selten zu einem Peering bereit sein.

Will man als ISP von einem anderen ISP Transit einkaufen, so muss man zunächst eine Leitung legen und zahlt danach für den Traffic, der über diese Leitung geht. Über diese Leitung kann man dann aber nicht nur die Kunden des anderen ISPs erreichen, sondern auch den Rest des Internets.

Der Transit-Provider macht dies möglich, indem Traffic, der nicht bei ihm oder seinen eigenen Peering-Partnern endet, wieder bei seinem Transit-Provider einkauft.

Eine Ausnahme sind die sogenannten Tier-1-Provider. Diese haben ein so grosses Netzwerk (also viele Kabel verbuddelt), dass sie nur Transit verkaufen, aber keinen selbst einkaufen müssen. Stattdessen werden sie ihren kompletten Traffic über Peerings mit anderen Tier-1-Providern los oder aber über ihre Transit-Kunden.

Mit dieser Pyramide von Transit-Providern kann man also die ganze Welt erreichen, durch sie ergibt sich das Internet.

Ein ISP braucht also im Prinzip nur eine Verbindung zu einem Transit-Provider, um das komplette Internet liefern zu können. Allerdings macht es schon Sinn, mehrere Leitungen zu haben, sei es wegen der Ausfallsicherheit und weil man aus Kostengründen möglichst viel Traffic über Peering abgeben will. Werde ich als ISP dann größer, kann ich ggf. selbst zu einem Transit-Provider werden, für DSL-Anschlüsse wäre ich das im Prinzip auch schon, auch wenn am anderen Ende keine ISPs sitzen.

Nochmal zum Vergleich also:

Bei Peering tauschen meine Kunden immer Traffic mit Kunden meines Peering-Partners aus. Dieser Traffic kostet mich nichts, ich erreiche aber damit auch nicht alle Rechner im Internet.

Beim Transit erreiche ich das ganze Internet über eine Leitung zu meinem Transit-Provider. Diesen Traffic muss ich allerdings nach Bandbreite bezahlen.

DE-CIX und Co.

Um Peering zu vereinfachen, gibt es sogenannte Peering-Points, wie es z.B. der DE-CIX in Frankfurt ist. So haben dort eine Vielzahl (im Moment ca. 350) von ISPs in Deutschland Leitungen mit dem Ziel hingelegt, dort mit anderen ISPs zu peeren. Der Vorteil hierbei ist, dass man nur eine Leitung legen muss um dann eine grosse Auswahl an möglichen Peering-Partnern vorzufinden. Trotzdem muss man allerdings noch bilaterale Peering-Abkommen mit diesen potentiellen Peering-Partnern treffen, man spart aber generell Kosten für die Leitungen.

Und wie verteilt sich nun der Traffic?

Es mag nun noch nicht so ganz klar geworden sein, wie denn ein Computer hier in Deutschland mit einem auf den Fidschi-Inseln kommuniziert. Daher mal ein Beispiel:

  1. Ich daheim verbinde mich mit meinem ISP und zahle die Leitung mit Bandbreite (im Prinzip kaufe ich also Transit ein).
  2. Der ISP hat wahrscheinlich keine direkte Leitung zu einem ISP auf den Fidschi-Inseln, muss also über Transit gehen.
  3. Der Transit-Provider hat entweder eine direkte Leitung auf die Fidschis oder einen Peering-Partner, der eine hat. Ist dies nicht der Fall, nutzt er eine Leitung zum nächstgrößeren Transit-Provider.
  4. Dies geschieht, bis man eine Verbindung gefunden hat.

IP-Adressen und Routing

Doch wie gelangen nun Daten von A nach B, d.h. woher weiss das Internet, über welche Leitungen Daten geschickt werden müssen?

Dazu benötigen alle Punkte im Internet zunächst eine Adresse, die man die IP-Adresse nennt. Diese sieht z.B. so aus:

74.125.43.103

Sie besteht aus 4 Zahlen zwischen 0-255 und identifiziert einen Knoten (z.B. einen Rechner) im Netz eindeutig, in diesem Fall einen Rechner von Google.

Für den Endbenutzer sind diese Zahlen allerdings schwer zu merken und von daher gibt es noch Domainnamen wie „www.google.de“. Diese Namen sind IP-Adressen zugeordnet und das erste, was z.B. ein Web-Browser macht, ist die Auflösung des Namens in eine IP-Adresse. Mit dieser kann dann eine Route vom heimischen Rechner bis hin zu einem Server von Google bestimmt werden:

Dabei weiss der eigene Router zunächst nur, dass er die Daten zum ISP zu senden hat. Dieser hat dann sogenannte „Routing-Tabellen“ von seinem Transit-Provider oder Peering-Partner bekommen, die ihm sagen, welche Netzwerke (= Gruppe von Adressen) dort zu erreichen sind. Entsprechend entscheidet er sich. Dies zieht sich dann so durch, bis der Zielknoten erreicht ist, in unserem Beispiel also ein Server von Google.

Bei diesem Vorgang kann es aber auch vorkommen, dass mehrere Wege zum Ziel führen. Der ISP wird sich hier für den besten entscheiden, also z.B. den billigsten oder den schnellsten. Man hat zudem den Vorteil, dass man bei einem Ausfall die Daten um dieses Problem herumrouten kann (also ähnlich einer Umleitung im Strassenverkehr):

Was ist eigentlich Bandbreite?

Zunächst ist der Begriff eigentlich falsch, denn richtig ist eigentlich: Übertragungsrate oder Datenrate, denn es geht darum wieviele Daten pro Sekunde über eine Leitung gehen können. Die Bandbreite bzw. Datenrate misst also die Geschwindigkeit, mit der Daten, die man am einen Ende hineinsteckt, am anderen Ende wieder herauskommen. Man kann sich das wieder wie eine Strasse vorstellen. Über eine mehrspurige Autobahn kommen pro Minute auch mehr Fahrzeuge als über eine schmale, kurvige Landstrasse.

Leitung bedeutet dabei nicht notwendigerweise ein Kabel in der Erde, es kann u.a. auch ein Satellit, WLAN oder eine UMTS-Verbindung sein. Funk-Verbindungen sind dabei eher langsam, kabelgebundene Verbindungen eher schnell. Dies hängt einerseits mit den genutzten Protokollen (also der Art und Weise, wie Daten kodiert werden) und den physikalischen Gegebenheiten zusammen. So hat man bei Lichtwellenleitern/Glasfaser andere Voraussetzungen als bei elektrischen Leitungen, da diese z.B. störanfälliger sind und bei Funknetzen hat man das Problem, dass man keine 1-zu-1-Verbindung hat und sich die Empfänger zudem bewegen können.

Heutzutage zahlt man beim ISP meist für eine bestimmte Übertragungsrate. So hat die der DSL-Leitung zugrunde liegende elektrische Leitung eine bestimmte Maximalleistung, die dann künstlich je nach Tarif eingeschränkt wird. Ähnlich ist es beim Transit zwischen ISPs.

Man kann aber Bandbreite (also Bits pro Sekunde) auch in allerlei andere Metriken umrechnen. So kann man sie in eine Trafficmenge pro Monat umrechnen, für die man zahlt oder man könnte per Zeiteinheit abrechnen, wie das früher üblich war (hier nimmt man an, dass in einer bestimmten Zeit nur x Bytes über die Zuleitung kommen können und mittelt das noch irgendwie). Am Ende muss sich dann das Legen der Leitung (oder Kauf des Equipments bei Funk) rentiert haben.

Ein Problem bekommt man allerdings dann, wenn die maximal verfügbare Übertragungsrate einer Verbindung überschritten wird, wenn also mehr Bits ankommen, als die Leitung in der Zeit abtransportieren kann. Es kommt also zum Stau. Man hat dann zwei Möglichkeiten: Daten solange zwischenzuspeichern, bis wieder Platz ist oder aber die Daten verwerfen und sie später noch einmal schicken lassen. Man kann natürlich bestimmten Daten Priorität einräumen, damit sie auf jeden Fall ankommen. Da dies aber schon direkt mit dem Thema Netzneutralität zu tun hat, werde ich darauf in einem späteren Artikel noch genauer eingehen. Generelle Abhilfe hier schafft aber in jedem Fall nur ein Ausbau der Bandbreite, also das Verlegen eines neuen Kabels (die immer noch die beste, da schnellste, Option sind, auch wenn es inzwischen neue Funktechnologien wie LTE gibt).

Und damit schliesse ich Teil 1 dieser Reihe. Im nächsten Teil will ich dann beschreiben, wie das Internet kommuniziert, was das Internet Protocol ist und warum Ende-zu-Ende-Kommunikation wichtig ist. Und wie gesagt: Feedback ist erwünscht!

Weiterführende Links

Wer sich noch weiterbilden möchte, findet hier noch hilfreiche Links (weitere Vorschläge gern per Kommentar):

Ars Technica: How the ‚Net works: an introduction to peering and transit
Hier werden Peering und Transit im Detail beleuchtet, auch im Hinblick darauf, was ökonomisch für ein Unternehmen Sinn macht.

Wikipedia: Bandbreite
Wie erwähnt, bedeutet Bandbreite eigentlich etwas anderes und dieser Artikel erklärt dies (sehr technisch).

Wikipedia: Internet
über Geschichte, Technik und gesellschaftliche Aspekte

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