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Stadtratssitzung Aachen: Über ungesicherte Finanzierungen und schmollende SPD-Räte

Stadtratssitzung Aachen, 18.11.2009

Heute habe ich mir mal den „Spass“ gemacht, zur Stadtratssitzung in Aachen zu gehen, die zum einen aus der Bürgerfragestunde bestand und andererseits aus der regulären Ratssitzung.

Es begann mit eben jener Fragestunde und wie es scheint, sind dies wohl auch immer dieselben Leute, die dort Fragen stellen. Dementsprechend motiviert sind dann anscheinend auch die Mitglieder des Rates, auf jene Fragen einzugehen und im Prinzip wurde alles recht schnell abgebügelt.

Es begann mit einer Frage zur Rechtsgrundlage mit der die Stadt Aachen an öffentlichen Gebäuden Plakate mit der Aufschrift „Wir sind Aachen. Nazis sind es nicht“ anbringen darf. Der Fragesteller ging davon aus, dass Behörden sich mit solchen Meinungen zurückhalten müssten. Eine etwas seltsame Frage, die hier wohl zum Glück direkt abgebügelt wurde mit dem Hinweis, dass man sich diese Frage noch nicht gestellt hätte und dies in einer interfraktionellen Runde beim OB so beschlossen wurde. Die Schilder bleiben also, was mit Applaus vom Rat quittiert wurde.

Dann ging es um Verkehrberuhigung der Maria-Theresia-Allee, die wohl nicht allen Anwohnern gefällt. Abgebügelt mit „Das Konzept wird wie geplant umgesetzt“. Ähnliches zu einer späteren Frage, ob sich ein Ratsmitglied sich die Situation mal vor Ort anschaut. Wird man machen.

Dann ging es um ein Glasflaschenverbot zum Karneval, worauf man schriftlich antworten will und die Frage, ob sich der Wahlausschuss zur Kommunalwahl schon mit der Forderung einer Neuauszählung der Stimmen beschäftigt habe. Hier fehlte aber noch die Bestellung des Vorsitzenden. Ansonsten wurde noch angemerkt, dass ganz Italien schon von diesem Vorfall wisse. Im Prinzip geht es darum, dass sich eine Partei um einen Ratssitz betrogen sieht. Auch hier kommt die Antwort dann schriftlich.

Die nächste Frage bezog sich auf ein Bauvorhaben (ich meine das Einkaufszentrum Kaiserplatz) und ob denn alle Investoren überprüft worden seien und die Finanzierung damit gesichert sei. Hier wiegelte der OB und meinte „Mit Sicherheit kann das niemand sagen aber man geht davon aus, dass dieses Projekt realisiert wird“. Es bleibt wohl viel Glück zu wünschen.

Bürgerforum?

Dann kam eine IMHO wichtige Frage, nämlich wieso wurde die Bürgerfragestunde aus den Ausschüssen abgesetzt wurden? Als Grund wurde damals Mißbrauch genannt und es wurde gefragt, wer denn entscheide wann wirklich Mißbrauch vorliegen würde.

Die Antwort darauf: Es liegt ein Mißverständnis vor. Man will eine andere Form der Kommunikation versuchen zwischen Politik, Verwaltung und Rat. Man will es mit Bürgerforum und Bürgerausschuss versuchen und auch etwas experimentieren. Es sei ein Irrglaube, dass hier Demokratieabbau betrieben würde. Das Problem war mehr, dass die Fragestunde zu formalisiert abgelaufen sei. Man will neue Wege gehen und das Bürgerforum soll mit Beginn nächsten Jahres Spielregeln haben. Die Bürgerfragestunde im Rat soll aber erstmal bestehen bleiben.

Die Fragestellerin musste dann selbst zugeben, dass die Fragestunde eher suboptimal war und fragte nach, ob der Bürger denn an der Entstehung dieser Strukturen beteiligt würde. Diese Frage wurde jedoch nicht mehr beantwortet, sondern nur darauf hingewiesen, dass man sich anschaut, wie es funktioniert und es dann ggf. ändern wolle. Einen Prozess schien es aber nicht zu geben. Wichtig war nur, dass man der Gemeindeordnung genüge tragen müsse, da es in einem Ausschuss abläuft (und somit dem Gestaltungsspielraum wahrscheinlich enge Grenzen gesetzt sind).

Die Ratssitzung und deren Intransparenz

Während viele Ratsmitglieder sich mit rumgereichten Pralinen stärkten begann die eigentliche Ratssitzung, die aus  aus ca. 40 TOPs zur Besetzung von irgendwelchen Posten bestand und ungefähr so ablief: „Wir kommen zu TOP x, zu sehen in der Tischvorlage auf Seite yyy. Gibt es dazu Gegenstimmen, Enthaltungen? Nein, dann ist dies damit angenommen“.

Als Zuschauer bekommt man natürlich keine Tischvorlage (wohl aber als Presse, nach Bloggern hat keiner gefragt) und wir hatten zumindest das Glück Laptops mit Internet dabeizuhaben, so dass man dies im Ratsinformationssystem nachschauen kann. Allerdings nützte uns das nicht viel, denn dort stand oft:

Vorlage

Somit hat man als Bürger also keine Ahnung, welche Posten wie besetzt werden.

Hinzu kommt, dass ich im Ratsinformationssystem nicht mal direkt auf einen Ratsantrag verlinken kann, denn dieses System hat keine Permalinks sondern ermittelt anhand eines Cookies welche Seite angezeigt werden soll. Auch fehlten manche Anträge komplett im System.

Und selbst wenn man dies wüsste, ist manchmal nicht klar, worüber gerade abgestimmt wird. So gab es einen Antrag zur Aberkennung von Ehrenbürgerschaften, der kritisch gesehen wurde, wo man aber nachher das Gefühl hatte, dass dieser beschlossen worden sei. Dem war aber nicht so, denn beschlossen wurde die Verwaltungsvorlage, die im Ratsinformationssystem meines Wissens nicht zu finden ist und selbst dies wurde in der Hektik, mit der das durchgenommen wurde, nicht klar.

Die internationale Gartenbauausstellung (IGA) und die Schmoll-SPD

Ein Tagesordnungspunkt behandelte die IGA 2017 und die Absage der Stadt Aachen sowie der Städteregion Aachen. Hier erhielt die SPD das Wort und eröffnete eine Metadiskussion damit, dass man das eigentlich gar nicht diskutieren oder darüber abstimmen wolle. Grund: Man habe aus der Zeitung und nicht vom OB oder die Gremien von der Absage erfahren.

Hier ein Tipp: Wenn man erklärt, dass man nicht mit Schmollwinkel dasitzt, sollte man sich auch nicht so verhalten, als schmolle man. So könnte man stattdessen klar sagen, dass man das Verfahren mal diskutieren wolle (wo auch viele der SPD zustimmten, dass dies nicht ok sei) und nicht den Inhalt. Denn darauf zielte dies ja wohl ab. Der OB gelobte allerdings Besserung.

Eine Sache liegt allerdings hier doch noch im Magen bzgl. Intransparenz: Der Vertrag mit der IGA, der wohl recht knebelnd war, wurde nicht unterschrieben, da er langfristige und unabschätzbare Verpflichtungen von Seiten der Stadt und Städteregion nach sich zog. Genaueres durfte oder konnte allerdings keiner sagen, da dieser Vertrag geheim ist und nur 1-2 Personen aus jeder Fraktion diesen Vertrag gesehen haben. Zugeben wollte selbst dies aber anscheinend kaum einer. Es geht sogar soweit, dass man diesen Vertrag nichtmal öffentlich kritisieren durfte.

Jetzt wurde dieser zwar abgelehnt, aber ich stelle mal die Frage, wie der Bürger sich denn hier ein Bild machen soll? Der zahlt es ja schliesslich im Endeffekt.

Ansonsten ging es weiter im Eiltempo durch weitere dem Zuschauer verborgen bleibende Ratsanträge und dann war der öffentliche Teil auch schon vorbei.

Der einzige interessante Punkt, nämlich eine Anhörung des Polizeipräsidenten zum Thema Videoüberwachung, fand nicht statt, da dieser zu so später Stunde nicht eingeladen werden konnt (also wir reden von 18-19 Uhr). Wurde also wie einige andere Punkte in die Dezember-Sitzung vertagt.

Disclaimer: Da es eben so durchrauschte, mag nicht alles komplett korrekt sein, aber ich bitte um Korrekturen in den Kommentaren!

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