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Wie weiter mit der Bürgerbeteiligung Aachen?

Am letzten Donnerstag war ich dank der Piraten zu Gast bei einem interfraktionellen Meeting zum Thema Bürgerbeteiligung. Es ging grob darum, wie es nach der Beteilgung zum Haushalt am Ende letzten Jahres weitergehen soll. Das Resultat des Meetings war allerdings eher etwas enttäuschend, wie auch den Aachener Nachrichten zu entnehmen ist. So bemängelte man hauptsächlich die geringe Beteilgung und wollte daher einerseits vom Thema Haushalt weg und ausserdem wieder zurück zu vordefinierten Fragebögen, die, so die Hoffnung, dann möglichst viele Leute ausfüllen. Es geht also um eine reine Abstimmung von vorgekauten Themen.

Dies jedoch ist ein Irrweg, denn

  • eine Abstimmung bedeutet nicht, Entscheidungen besser nachvollziehen zu können
  • eine Abstimmung ist keine wirkliche Beteiligung, denn sie liefert keinen Input
  • eine Abstimmung ist kein Ersatz für transparente Prozesse
  • eine Abstimmung ist kein Ersatz für das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen
  • eine Abstimmung ermöglicht weiterhin keine Teilnahme an ansonsten nicht-öffentlichen Treffen, wie dem oben beschriebenen
  • eine Abstimmung ist kein Dialog.

Ein Dialog aber ist das, was dringend gebraucht wird. Zwischen Politikern und Bürgern klafft ein riesiger Graben und man beäugt sich gegenseitig mit viel Misstrauen. Der Bürger denkt „die machen da oben eh, was sie wollen“ und hat wenig Lust, sich konstruktiv zu beteiligen, da man keine Auswirkungen meint erkennen zu können. Die Politik dagegen beschwert sich darüber, dass Bürger die ganze Zeit nur meckern und ihre Arbeit nicht anerkennen.

Doch sich nur auf Abstimmungen zu verlassen, ist nicht der richtige weg, vielleicht sogar gefährlich. Denn solche Abstimmungen können, in der Art, wie sie durchgeführt werden, nicht repräsentativ sein. Einerseits sind sie gegen Cheating nicht gefeit und andererseits ist eine Abstimmung nur repräsentativ, wenn man auch einen solchen Durchschnitt der Bevölkerung auswählt. Auch stellt sich die Frage, wie bindend denn so eine Abstimmung ist. Was wäre z.B. wenn 90% gegen die Alemannia-Rettung gestimmt hätten? Wäre diese dann nicht gekommen? Und wenn doch, hat der Bürger dann nicht recht, wenn er sich fragt, warum die Politik eigentlich nachfragt, um dann doch zu machen, was sie will? Welche Motivation bleibt dann, beim nächsten Mal noch einmal teilzunehmen.

It’s about Politikverdrossenheit, Baby!

Warum also geht es? Warum eigentlich macht man Bürgerbeteiligung? Diese Frage wurde bei dem Treffen nicht wirklich diskutiert, man macht es halt einfach. Doch im Endeffekt geht es ja darum, Politikverdrossenheit zu minimieren! Und der Hauptgrund für diese ist die gefühlte Ohnmacht des Bürgers, dass also „die da oben eh tun, was sie wollen“.

Diese Ohnmacht aber wird durch Fragebögen nicht gemindert, eher im Gegenteil. Entscheidungen werden dadurch nicht nachvollziehbarer und Bürger, die konstruktiv mitarbeiten wollen, werden weiterhin ausgeschlossen und rennen gegen Wände und werden flott abgebügelt (wie ich aus persönlicher Erfahrung berichten kann).

Solange der eigentliche politische Prozess auf Fraktionsfluren und interfraktionellen Treffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, bleibt dem Bürger nur das Meckern.

Open Government ist mehr als Fragebögen

Open Government ist daher mehr als nur Fragebögen. Es geht darum, den politischen Betrieb offener zu gestalten. Es geht darum mehr Teilhabe zu ermöglichen. Es geht darum, Projekte gemeinsam zu erarbeiten, damit sie besser und von mehr Menschen mit getragen werden. Nur neben bei geht es um eine Abstimmung, denn das macht ja der Rat schon und soll ihm auch nicht weggenommen werden.

Open Government ist aber eine langfristigere Umstellung der politischen Kultur und daher nicht von heute auf morgen zu erreichen. Vor allem aber kann dies die Politik nicht alleine tun. Bei dem Treffen hat man es gesehen: Anstatt mit dem Bürger zu diskutieren, woran die geringe Beteiligung lag, raten Politiker eher mit der Ausrede, dass es „den Bürger“ ja eh nicht gibt. Also lieber mit keinem reden als mit denen, die gehört werden wollen, die also Zeit aufwenden, um sich zu engagieren. Wie sollen aus den wenigen dann mehr werden, wenn man sie direkt zu Beginn schon vor den Kopf stösst? Schliesslich sind das alles potentielle Multiplikatoren

Bürgerbeteiligung heisst für mich auch nicht, dass die ganze Stadt mitmachen muss. Es heisst für mich auch, dass es einen Anlaufpunkt gibt, wo man hingehen kann, wenn man mitmachen will. Es heisst auch, dass man eine Kultur des Meckerns zu einer des Mitmachens transformiert. Sicherlich keine einfache Aufgabe, hat man dem Bürger doch jahrzentelang nur das Meckern beigebracht. Aber es kann auch nur geschehen, wenn man beginnt und beginnen kann nur die Politik.

Schlussendlich ist es auch ein iterativer Prozess. Man muss fortwährend untersuchen, was gut und was schlecht funktioniert hat. Man muss fortwährend und gemeinsam den Prozess und die eingesetzten Tools verbessern.

Zusammengefasst heisst das also:

  • Es geht darum, Projekte gemeinsam mit Politikern und Bürgern durchzuführen.
  • Es geht darum, alle Beteiligten gleich gut zu informieren.
  • Es geht darum, Entscheidungsprozesse nachvollziehbar zu machen
  • Es geht darum, den Prozess der Beteiligung fortwährend zu verbessern
  • Es geht darum, gegenseitiges Misstrauen durch Respekt zu ersetzen
  • Es geht darum, eine Community und Kultur des Mitmachens  zu schaffen

 

Kurz also: Es geht um einen gleichberechtigten Dialog zwischen Politik und Bürgern.

Und daher hoffe ich, dass der Bürgerbeirat zumindest im Rahmen des Bürgerforums eingesetzt wird und dass dieser nicht nur eine Anhörung, sondern auch ein Brainstorming ist und konstruktive Vorschläge erarbeitet werden. Ob das so kommt, wird nächste Woche im Hauptausschuss diskutiert (oder wahrscheinlich eher vorher auf dem Fraktionsflur diskutiert und dann urplötzlich eine aktualisierte Beschlussvorlage der überraschten Öffentlichkeit aus dem Hut gezaubert).

 

 

 

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