Nun bin ich also wieder daheim und muss mich morgen wieder in die Arbeit stürzen, wollte vorher aber noch meinen kleinen Urlaub mit diesem Blogpost abschliessen.
Berlin, Stadt ohne Geschichte
Berlin ist natürlich immer eine Reise Wert, wenn es denn nicht so kalt gewesen wäre ;-) Aber gut, damit muss man im Winter wohl rechnen. Gut war es (auch dank 25C3) ja trotzdem.
Was mich aber doch immer wieder etwas traurig stimmt ist, dass von der jüngeren Geschichte in Berlin eigentlich fast nichts mehr zu sehen ist. Klar, da gibt es sone Linie auf dem Boden, wo die Mauer stand, ab und an auch gerne mal übersehen oder von einem Haus überbaut. Aber auch wenn man sie sieht, vorstellen kann man sich da nix mehr. Ich war auch nochmal beim Checkpoint Charlie und obwohl da ja noch ein gewisses Loch ist, kann man sich nicht mehr wirklich vorstellen, wo da denn eine Mauer gewesen sein soll. Natürlich gibt es noch Reste, aber dann doch eher weiter weg.
Dasselbe auch mit dem Palast der Republik. Wir gingen die Breite Strasse lang und dachten plötzlich, dass Berlin dann hier wohl zu Ende sei, so sah es aus. Son Loch mitten in der Stadt. Da ich lange nicht mehr da war, dämmerte es mir nur langsam, dass wohl hier mal der Palast der Republik gestanden hatte. Was man super als Veranstaltungsort oder Gedenkstätte oder was auch immer hätte nutzen können, um die DDR aufzuarbeiten, ist nun weg. Was kommt ist ein Stadtschloss. Nur die ganz Alten unter uns kennen es vielleicht noch, aber klar, ein Schloß neu zu bauen macht Sinn… Vor allem, da ja ein Schloß mehr davon lebt, dass irgendwelche historischen Personen dort durchgewandelt sind oder in irgendeinem Bett geschlafen haben, was man von einem Neubau nun wohl nicht erwarten kann.
Ansonsten war ich aber überrascht, dass der Hinterhof neben den Hackschen Höfen, den ich vor langer Zeit mal besucht hatte, noch existiert und auch genauso aussieht (gibt’s den Kunst/Büchershop oben eigentlich noch). Damals, das war, bevor die Höfe zu dem Touristending gemacht wurden, was sie heute sind.
Und auch endlich mal gesehen habe ich das Holocaust Mahnmal. Allerdings scheint es die Besucher wohl mehr zum Versteckspiel als zur Reflektierung des Geschehens anzuregen.
25C3
Natürlich war auch der 25C3, der 25te Chaos Communication Congress. Aber mit mir zum ersten Mal. Und jetzt wo ich da war, denke ich mir, hätte ich auch noch gut einen Vortrag zum Thema halten können.
Denn was neben Hacking-Vorträgen sehr im Vordergrund stand, war die Privatsphäre. Dazu gab es etliche Vorträge und die haben mich doch auch zum Nachdenken angeregt.
Zunächst aber mal ein paar Zahlen: Es waren über 4200 Gäste dort, es gab über 5000 verschiedene IPs, 800 Cocktails und bestimmt mehr Club Mate wurden verzehrt, es gab einen Hack einer Nazi-Site, es gab manchmal zuwenig Raum für die vielen Leute (man diskutiert, was man denn nun nächstes Jahr machen soll), es wurde noch zuwenig IPv6 genutzt, denn da war noch Bandbreite vorhanden, die ungenutzt liegen blieb.
Was mich persönlich fasziniert: Wo bekommt man soviele freiwillige her und wie motiviert man sie, dass alles so rund läuft? Alleine das Videostreaming-Team war phänomenal und wenn ich da an meine Versuche auf z.B. der EuroPython denke, dann bin ich schon neidisch ;-)
Privatsphäre
Wie gesagt war ein Themenschwerpunkt „Privatsphäre“ und es gab verschiedenste Voträge dazu, die ich ja auch live gebloggt habe.
Zunächst hat Sandro Gaycken erklärt, warum es informationelle Selbstbestimmung nicht mehr wirklich gibt, da man einfach nicht durchschauen kann, wer eigentlich jetzt welche Daten von einem hat.
Christian Heller hat dann im Prinzip da weitergemacht, wo John Gilmore in seiner Eröffnungsrede begonnen hat, nämlich bei der komplett transparenten Gesesellschaft. Im Detail ging es auch im das Buch von David Brin mit dem Titel „A transparent Society“, wo David Brin einen Alternativvorschlag zur kompletten Verhinderung von Überwachung skizziert, nämlich die totale Überwachung, dann aber für jedermann zugänglich. Also Otto Normalverbraucher kann auch den Präsidenten überwachen, wenn er denn will.
Allerdings halte ich das ganze für nicht wirklich funktionsfähig, denn wenn die Gesellschaft vollkommen transparent sein soll, dann müssen z.B. auch alle Schlafzimmer mit öffentlichen Kameras bestückt sein. Und dann müssen die Leute auch in der Lage sein, diese immense Flut von Informationen zu verarbeiten. Wie Sandro ja schon ausführte, ist dies gar nicht möglich. D.h. also, dass man auch dann keine definitive Entscheidung treffen kann, da man nie alle Informationen wirklich bewerten kann.
Weiterhin wird es immer Leute geben, die wissen, wie man etwas verbirgt, also gegen die Transparenz verstossen. Was passiert mit denen? Und ist das wirklich Freiheit, wenn ich mich nicht entscheiden kann, etwas zu verheimlichen?
Was bleibt ist vielleicht die Idee, dass der Staat transparenter werden könnte. Das aber sehe ich noch nicht als Folge eines kompletten Verlustes der Privatsphäre, sondern sollte vielleicht schon vorher passieren, denn schliesslich dient der Staat ja dem Volk und nicht andersrum.
Auch gab es den Vortrag zum Privacy Workshop Project, wo Christoph Brüning erklärt hat, wie er eine Schulklasse (er ist Lehrer) auf die Privatsphärenproblematik hinweist. Er druckt einfach die Profile seiner neuen Schulklasse auf MySpace etc. aus und hängt diese Ausdrucke an die Wand. Wenn er dann mit den Schülern die Klasse betritt sagt er erstmal nichts. Irgendwann entdecken sie dann die Ausdrucke und lachen oder werden unruhig. Sie entdecken auch die vielleicht etwas peinlichen Fotos oder solche, die sie beim Rauchen zeigen. Dann fragt er, was sie wohl meinen, was ihre Nachbarklasse davon hält, oder die anderen Lehrer, oder ihre Eltern. Dann sind sie schockiert und beschweren sich und sagen, dass diese Bilder nur für ihre Freunde bestimmt sind, aber nicht für jeden. Und dann sind sie sensibilisiert und man kann mit ihnen reden und ihnen zeigen, wie sie es in Zukunft besser machen können.
Gerade dieser Vortrag zeigt ja auch ganz deutlich, dass es eben nicht vorsätzlich ist, wenn jedermann seine Daten so öffentlich ins Netz stellt, viele Personen denken sich einfach nichts dabei. Und umso wichtiger ist demnach, dass wir bei solchen Diensten bessere Kontrollen haben.
Ansonsten gab es auch noch einen Vortrag der natürlich für mich als DataPortability-Mitglied interessant war, nämlich der mit dem Titel „Privacy in the Semantic Web„. Dort hat Jan Torben Heuer einen Prototyp eines auf XMPP basierenden sozialen Netzwerks vorgestellt, das komplett dezentral und verschlüsselt arbeitet. Einziges Problem, was ich hier sehe: Es wird sich nicht wirklich durchsetzen. Einerseits wahrscheinlich zu kompliziert in der Bedienung, ist es andererseits aber auch weit weg von den bestehenden Lösungen und Communities lassen sich nicht so ohne weiteres transferieren. Aber XMPP ist definitiv ein interessanter Ansatz, der ja auch in Projekten wie DiSo verfolgt wird.
Zu diesem Thema gibt es natürlich noch viel zu sagen und ich hoffe, dass wir das auch demnächst mal in einem Podcast ansprechen.
Nun aber weg von der Politik und hin zu den Hackern:
Die Hacker-Vorträge
Ich muss sagen, dass all die Hacker-Vorträge etwas gemeinsam hatten: Sie waren zu voll gepackt. Und es wurde zuviel Sourcecode gezeigt.
Das Problem (zumindest für mich) ist, dass nicht jeder voll in dem Thema drinsteckt. Und die, die es tun, brauchen wahrscheinlich den Vortrag nicht. So habe ich schon ein Verständnis auch für die low-level-Dinge eines Computers nur eben die Details sind mir natürlich nicht so präsent, da ich mich damit (nicht mehr) tagtäglich auseinandersetze.
Die Vorträge gingen aber nun sehr ins Detail, versuchten dabei aber auch, alles drumrum zu erklären. Das aber funktioniert IMHO nicht. Mir hätte es mehr gebracht, wenn man das Grundprinzip erklärt hätte (z.B. wie man ein iPhone hackt), als dass man Sourcecode zeigt, der irgendwelche Pointer umbiegt. Da reicht dann auch ne URL für diejenigen, die das genauer anschauen oder gar mitmachen wollen.
Auch lief diesen Vorträgen aufgrund der Fülle dann eben auch die Zeit davon.
Aber trotzdem war es natürlich nicht uninteressant, zumal es mich an meine eigenen Democoder/Hacker-Zeiten erinnert :-)
Sonstiges
Es gab natürlich noch ganz viel anderes, wie z.B. das Sputnik-Projekt, mit dem die Besucher per RFID getrackt wurden (wenn man wollte). Dazu gab es dann z.B. diese schöne Visualisierung und eine Auswertung des Ganzen soll es in ein paar Monaten wohl auch geben.
Fazit
Insgesamt eine vollkommen gelungene Veranstaltung und auch wenn es ein durchorganisierter Kongress war, so fühlte es sich doch auch sehr nach Barcamp an, vielleicht sogar mehr als die Barcamps selbst.
Der Event war nämlich rund um die Uhr offen, es passierte auch rund um die Uhr etwas und es gingen nicht um 20 Uhr alle in die Stadt um den Rest der nacht zu feiern. Auch hatte man trotz des Eintritts (80,- für alle 4 Tage) auch nicht so eine Erwartungshaltung, wie es mir manchmal auf Barcamps so vorkommt. Auch waren die Vorträge sicherlich tiefgehender als so mancher Barcamp-Vortrag. Insgesamt hatte man also das Gefühl, dass eine Community von Machern war, die die Chance nutzten, etwas gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Ich hoffe aber auch, dass wir die Barcamps hierzulande auch noch so hinbekommen können :-)
Ansonsten schöne 3 Tage, denn am letzten Tag war ich leider nur noch kurz da, nämlich zur Closing Ceremony und eigentlich schade, dass es schon vorbei ist. Das nächste Mal bin ich aber bestimmt wieder dabei!