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Das Ölleck im Golf: Was geschieht zur Eindämmung unter See?

Im letzten Artikel habe ich ja versucht zu beschreiben, was beim Untergang der Bohrplattform „Deepwater Horizion“ auf dem Meeresgrund passiert ist. In diesem Artikel will ich kurz den Stand der Dinge beschreiben.

Zunächst mal eine Grafik, die zeigt, wie es nach dem Untergang der Bohrplattform auf dem Meeresgrund aussah:

Situation nach dem Untergang der Deepwater Horizon

Es ist also der defekte Blowout-Preventer zu sehen und die Steigleitung (Riser), die durch den Untergang abgeknickt wurde und dann in 300m Entfernung endet. Warum sie nur 300m lang ist und wo der Rest ist, weiss ich leider nicht.

Aus diesem Ende kam dann auch das meiste Öl, wobei sich aber noch ein weiteres Leck an dem Knick selbst befand, das aber nicht soviel Öl ausspuckte.. Ein drittes Leck konnte recht schnell geschlossen werden.

Ende der defekten Steigleitung
Blick auf den Knick direkt über dem BOP/LMRP

Was seitdem passiert ist

Seitdem ist einiges passiert (welches ich vielleicht auch nochmal genauer beschreiben werde):

  • Es wurde versucht einen „containment dome“, also einen Riesenstahlkasten über das größere Leck zu stülpen. Leider haben sich Gas und Seewasser zu sogenannten Hydrates formiert, die dann geforen sind und diesen Kasten sofort oben abgedichtet haben. Das hat also nicht funktioniert.
  • Danach wurde ein sogenanntes Riser Insertion Tube Tool (RITT)  eingesetzt. Dieses ist eine kleinere Steigleitung, die grob gesagt in das Ende des defekten Risers eingeführt wurde, um Öl abzusaugen. Hierbei wurde 120° heisses Wasser und Methanol nach unten gepumpt, um die Bildung von Hydrates zu vermeiden, was wohl auch funktioniert hat.
  • Die nächste Methode war der „Top Kill“, also der Versuch, die Quelle zu verschliessen. Der war aber nicht erfolgreich.

Da das Verschliessen der Quelle leider nicht funktioniert hat, ist man nun nur noch um Eindämmung bemüht. Dazu wird im Moment der soganennte LMRP-Cap eingesetzt.

Was ist ein Lower Marine Riser Package (LMRP)?

Über den Blowout Preventer (BOP) habe ich ja schon im vorherigen Artikel geschrieben. Dies setzt ja genau auf dem Bohrloch auf (wellhead) und dient als eine Art Sicherheitsventil. Auf diesem BOP sitzt dann das sogenannte Lower Marine Riser Package (LMRP) und an diesem ist die Steigleitung befestigt. Das LMRP hat dabei eine etwas flexible Verbindung, so dass die Steigleitung bei Wasserbewegung nicht sofort abreisst. Zudem besitzt es selbst auch wiederum Ventile. Es ist also sozusagen ein Adapter zwischen BOP und Steigleitung.

In der Grafik oben ist es nicht eingezeichnet, sondern hier als Teil des BOP (genauer BOP Stack) zu sehen. Die defekte Steigleitung beginnt also am Kopf des LMRP.

Die Installation des LMRP-Cap

Diese geschah in mehreren Schritten und es wird weiterhin daran gearbeitet. Das Ziel ist es, die alte Steigleitung abzutrennen und über dieser dann eine Art Saugglocke (das ist der LMRP-Cap) zu installieren, die das meiste Öl absaugt. Die folgenden Schritte wurden dazu unternommen

1. Durchtrennung der alten Steigleitung

Dieses geschah in zwei Schritten: Zunächst sollte eine Art Riesenkneifzange (CRAW) den Grossteil des Rohres abzwacken und dann eine Diamantensäge einen glatten Schnitt direkt unter dem Knick machen. Auf diesem glatten Schnitt hätte dann der LMRP-Cap mit einer Gummidichtung sauber aufsetzen können.

Leider ging nicht alles glatt. Zunächst muss man wissen, dass noch weitere Rohre (z.B. die Choke/Kill-Lines, über die man die Quelle normalerweise kontrollieren kann) an so einer Steigleitung hängen. In einem ersten Versuch wollte man alles auf einmal durchtrennen, scheiterte jedoch.

Abtrennung der kleineren Rohre an der defekten Steigleitung

Nach der Abtrennung der Rohre mit einer Art Unterwasser-Flex durch die ROVs (Tauchroboter) funktionierte dann auch das Durchtrennen der Hauptleitung.

Die Kneifzange in Aktion

Man bedenke, dass diese Zange eine Größe von 5,5 x 2.7m hat und 21 Tonnen wiegt.

Danach wollte man mit einer 3x2m grossen Diamantsäge den geraden Schnitt machen, was jedoch nicht gelang, da das Diamantband irgendwann feststeckte. Dies hat man dann durchtrennt und danach wieder die Zange auf den Plan gerufen, um auch diesen Schnitt zu machen.

von links in gelb die Zange beim Schneiden.

Wie man sich denken kann, ist dieser Schnitt alles andere als sauber, wie dieses Bild der nun gekappten Steigleitung zeigt (da drin sieht man auch das Bohrgestänge):

Der abgetrennte Riser mit Bohrleitung

2. Das Aufsetzen des LMRP-Caps

Bevor der Cap aufgesetzt werden konnte, musste zunächst der Rand des Schnitts geglättet werden. Danach mussten noch relativ viele Schläuche verbunden werden, bevor dann der LMRP-Cap auf die Schnittstelle gesetzt werden konnte. Ab dann begann der Versuch des Abpumpens, was aber leider auch nicht so einfach ist.

Methanol, Hydrate, Erdgas und warmes Wasser

Beim LMRP-Cap kann im Prinzip das gleiche wie bei der grossen Stahlhaube passieren, nämlich Hydratbildung. Vermischen sich Erdgas und Meerwasser bei hohem Druck und niedriger Temperatur, so bilden sie eisähnliche Hydrate, die dann den LMRP-Cap verstopfen könnten.

Das weiss man aber nun und deswegen dauert die Aktion auch noch an, denn einfaches Abpumpen bringt es nicht.

Der LMRP-Cap sieht dabei so aus:

LMRP-Cap mit Beschreibung

Links sieht man den defekten Riser, daneben denselben Riser mit dem LMRP-Cap oben auf. Um Hydratbildung zu vermeiden, macht man dabei folgendes:

  • Man pumpt ständig Methanol in die Glocke, um kein Meerwasser eindringen zu lassen.
  • Man hat 4 Ventile verbaut, die zunächst offen sind und das Erdöl (bzw. genauer Erdöl/Erdgas-Gemisch) durchlaufen lassen. Weiterhin läuft natürlich auch noch welches am Rand vorbei.
  • Man hat das Rohr am oberen Ende der Glocke, das zum Bohrschiff führt, mit Stickstoff gefüllt, damit es nicht mit Meerwasser vollaufen konnte.
  • Nach und nach wird man die Ventile schliessen, und die Ölproduktion langsam steigern.

Eine weitere Methode zur Hydratvermeidung sieht man, wenn man in den oberen Riser (den vom Cap zum Schiff) schaut:

LMRP-Cap von innen

Innerhalb der Steigleitung befindet sich nämlich noch ein Bohrgestänge. Dieses befördert das Öl nach oben, während drumherum warmes Wasser nach unten gepumpt wird.

Erfolg oder Misserfolg?

Es ist woh noch zu früh zu sagen, was das ganze bringt. Nach wir vor kommt Öl unter dem Rand der Glocke heraus. Dies jedoch ist nicht zu vermeiden, denn wenn man zuviel abpumpt, dann strömt von aussen Meerwasser nach, was wiederum zum Verstopfen der Leitung führen würde.

Laut BP hat man zudem am 4. Juni 6.077 Barrels (966 165 Liter) und am 5. Juni 10.500 Barrels (1 669 366 l) an Öl abgepumpt. Beim Riser Insertion Tube Tool waren es wohl zum Vergleich 2000 Barrels am Tag (aber da gehen die Meinungen anscheinend auch auseinander).

Was das für den Golf bedeutet ist jedoch unklar, denn es weiss immer noch niemand genau, wieviel Öl eigentlich heraussprudelt. Das Problem ist einfach dass es nicht nur Öl ist, sondern ein Öl/Gas/Wasser-Gemisch.

Wie es weitergeht, erfahrt ihr dann demnächst!

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