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Ein Vorgeschmack dessen, was der JMStV bedeutet: Sendezeitbegrenzung.de

Bei der Diskussion des Entwurfs der Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags wurde noch gesagt, dass die Sendezeitbegrenzung dort nur drin stehe, da man eben Rundfunk und Internet in einem Text behandelt, man im Internet das aber als sinnlos ansähe und mehr auf das Filtern setzen würde.

Dem widersprechen nun wohl das Angebot „sendezeitenbegrenzung.de“ und damit auch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die dieses Angebot ausdrücklich lobt:

KJM-Vorsitzender Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring teilt mit: „Überzeugt hat uns bei SeZeBe das interessante Konzept, das Sendezeitbegrenzungen und technische Mittel intelligent kombiniert.“

Was bei Nichtbeachtung des Jugendmedienschutzes passiert, erklärt der Betreiber gleich selbst:

„Zeigen Seitenbetreiber tagsüber FSK 16-Inhalte, drohen hohe Bußgelder sowie ein verwaltungsrechtliches Beanstandungsverfahren durch die zuständige Landesmedienanstalt“, klärt Rechtsanwalt Marko Dörre über die seit 2009
herrschende Rechtspraxis auf.

Hört sich plötzlich gar nicht mehr so freiwillig an.

Was macht SeZeBe?

Unter sendezeitenbegrenzung.de kann man seine Seiten registrieren (wobei aber nur URLs zugelassen werden, die auf „.html“ enden) und definieren, ob eine Seite ab 12, 16 oder erst ab 18 Jahren angeschaut werden darf. Das sieht dann so aus:

Sodann bekommt man einen JavaScript-Codeschnipsel, den man auf seine Seite einbaut. Zwischen 22 und 6 Uhr ist die Seite dann für alle Besucher sichtbar, zu anderen Zeiten muss man erst eine Altersverifikation über sich ergehen lassen:

Ja, ihr seht richtig: Man muss seine Personalausweisnummer eingeben (und das Bild in dem Muster ist wohl der Chef des Services).

Fazit

Zum einen sieht man, dass man auch schon eine Ausweispflicht ohne einen elektronischen Personalausweis einführen kann. Zum anderen sieht man, dass diese Ausweis-Wall wohl nur sehr wenige überwinden werden, mal abgesehen davon, dass der Dienst noch viele Macken hat.

So funktioniert dies laut Twitter z.B. nicht ohne eingeschaltetes JavaScript, in Opera 11 gar nicht und zudem kann man sich Personalausweisnummern natürlich auch generieren lassen (was wohl auch funktioniert). Zur Not tut es sicher auch der Personalausweis der Eltern.

Auch die Praktikabilität lässt sicher zu Wünschen übrig, denn will man bei YouTube dann jedes einzelne Video manuell registrieren? Will man das bei Wikipedia, bei Zeitungsangeboten?

Auch die AGBs klären noch ein wenig auf:

In einigen der Dienste können Werbeanzeigen eingeblendet werden. Diese sind in der Regel auf die angezeigten Inhalte oder auf Suchanfragen, die Sie über die Dienste stellen, oder auf sonstige verwendete Inhalte zugeschnitten.

Ob nun ein Anbieter von Erotik-Waren noch eine Zwischenseite einblenden will, die dann wiederum Werbung für ein ähnliches Unternehmen macht, ist aber doch etwas fraglich.

Ob man mit diesem Dienst auf der sicheren Seite ist, ist auch fraglich, denn:

Sezebe.de ist kein anerkanntes Jugendschutzprogramm im Sinne von §11 JMStV.

(denn soweit ich weiß, existieren überhaupt noch keine Programme die §11 genügen)

Zudem ist fraglich, ob Personalausweisnummern rechtlichen Bestand haben können. Anders mag es hier natürlich tatsächlich mit dem neuen Personalausweis aussehen, aber dieser hat zumindest den Vorteil, dass er nur das Alter und nicht noch alle anderen Daten übermitteln muss.

Abgesehen von der Kritik an diesem Dienst machen aber solche Filter natürlich eh wenig Sinn. Wichtiger als Filtern und Blockieren ist immer noch ein vernünftiger Ansatz zum Thema Medienkompetenz. Denn klar ist auch, dass ein solcher Ansatz wie Sendezeitbegrenzung dem freiheitlichen Medium Internet grossen Schaden zufügen kann. So führt dies zu Selbstzensur und würde die Chance für eine modernere Form der Demokratie, die uns das Internet bietet, wieder zunichte machen. Auch werden solche Maßnahmen weder eine vernünftige Erziehung ersetzen, noch Jugendliche wirklich von solchen Inhalten fernhalten können.

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