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Open Government in Aachen – am 9.11. im Hauptausschuss

Es war April 2010 und ich dachte, dass es nicht schaden könnte, wenn Aachen in Sachen Open Government und Open Data als Vorreiter auftreten würde. Und so kam es, dass ich mithalf, einen Ratsantrag zu schreiben, der einen runden Tisch einberufen sollte, um all diese Themen einmal zu diskutieren.
Schlussendlich wurde er dann sogar interfraktionell von Ratsmitgliedern der CDU, FDP, Piratenpartei und SPD eingebracht.

Als Resultat gab es dann zwei Treffen mit der Verwaltung, wo vor allem Open Data Thema war (und die auch recht konstruktiv waren, man war dem sogar recht aufgeschlossen, wie mir schien). Dann aber hörte man von diesem Antrag nichts mehr und auch eine Recherche im Ratsinformationssystem lieferte eher wenig (was auch daran liegen mag, dass man anscheinend nicht nach „runder Tisch“ suchen kann).

Nun aber ist er wieder da, und zwar auf der Tagesordnung des Hauptausschusses, dem am 9.11. um 16 Uhr im Sitzungssaal des Rates tagt. Danke an Michael Servos für den Hinweis, denn ansonsten hätte ich dies wohl nicht bemerkt.

Bevor ich auf die einzelnen Punkte der Beschlussvorlage eingehe, eine Zusammenfassung.

Ziel nicht erreicht

Das eigentliche Ziel des Ratsantrages, nämlich die Einrichtung eines runden Tisches, der sich intensiv mit den Möglichkeiten befasst, über die Möglichkeiten und Herausforderungen eines offenen Staatswesen aufklärt und vor allem im Hinblick auf die Diskussion rund um den Bürgerhaushalt noch wichtiger geworden ist, wird nicht erreicht. Stattdessen wird vorgeschlagen, dies im Online-Forum zu diskutieren, was aber meiner Meinung nach eher kontraproduktiv sein dürfte, da es ja eben darum geht, die Leute einzubeziehen, die eben nicht so online-affin sind.

Stattdessen werden in der Beschlussvorlage die einzelnen Punkte diskutiert, die eigentlich nur als Beispiele für Themen des runden Tisches dienen sollten. Dadurch aber werden diese Unterthemen eher unvollständig behandelt und eine Gesamtstrategie gibt es daher auch nicht.

So ist das Thema Open Data zwar grob in Bezug auf Nutzungsrechte behandelt worden (aber auch ohne genaue Definition), es wird aber sicherlich nicht jedem Politiker dadurch klar werden, warum dieses Thema eigentlich so wichtig ist, was die Vorteile für die Stadt sind, was die Handlungsoptionen und wie ein Gesamtkonzept aussehen könnte, das auch zukunftstauglich ist.

Es wird zudem nur über den Bereich Ratsinformationssystem gesprochen und selbst hier wird einer Schnittstelle zum Datenexport eher kritisch gegenüber gestanden, wozu es meiner Meinung nach keinen Grund gibt und was das Thema leider auch im Keim erstickt. Zudem ist das Thema natürlich viel größer als nur das Ratsinformationssystem (z.B. wären aktuell mit Hinblick auf den Bürgerhaushalt die Haushaltsdaten in maschinenlesbarer Form sehr wünschenswert).

Auch kam in den Diskussionen mit der Verwaltung die Idee auf, doch zumindest bei neuen Ausschreibungen direkt eine Schnittstelle mit in die Anforderungsliste zu schreiben, was sich aber leider in der Beschlussvorlage nicht mehr wiederfindet.

Es bleibt daher dabei: Der runde Tisch ist dringend nötig und wenn er nur der Aufklärung des Rates über moderne Kommunikation unter Einbindung von neuen Medien dient. Die Sache mit dem Vorreiter wird natürlich eh immer relativer (man sehe sich z.B. inzwischen Berlin oder Bochum an), aber das heisst ja nicht, dass das Thema nicht wichtig bleibt, schliesslich stecken wir inmitten einer Kommunikationsrevolution, der man sich sowieso nicht entziehen kann.

Daher wäre meine Forderung an die Ratsmitglieder, Mut zu zeigen und diesen runden Tisch einzurichten und sich diesem Thema zu stellen, damit man auch gestaltend dabei ist und nicht plötzlich von Entwicklungen überrannt wird und der Graben zwischen Bürger und Politik noch größer wird.

Nun aber zu den einzelnen Punkten.

Die Details

Verwendung von Daten aus dem Ratsinformationssystem für neue Anwendungen

Daten aus dem Ratsinformationssystem (z.B. Sitzungstermine, Vorlagen, Beschlüsse …) sollen so die Antragsteller der Öffentlichkeit für die Entwicklung von neuen Anwendungen zur Verfügung gestellt werden. Dahinter steht die Philosophie der „Offenen Daten“ (Open Data, eine ähnliche Philosophie wie „Open Source“ bei Software; weitere Infos dazu gibt es z.B. hier: http://sites.google.com/site/igcollaboratory/open-government/abschlussbericht2). Behörden sollen nicht datengeschützte Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, damit Interessierte daraus neue Anwendungen entwickeln können. Ziel ist, die Bürgerbeteiligung und daraus resultierend das staatliche Handeln zu verbessern. Ein solches Projekt könnte mit Blick auf Aachen beispielsweise die Darstellung von Themen aus Rat, Ausschüssen und Bezirksvertretungen auf einer Karte sein.

Aufgrund einer ersten Einschätzung seitens der Verwaltung können die schon veröffentlichten Daten des Ratsinformationssystems (soweit sie nicht urheberrechtlich geschützt sind) für „Open Data“ Projekte verwendet werden. Problematischer wird es, wenn dafür neue Schnittstellen geschaffen werden müssen. Das verursacht Kosten und zusätzliche Aufwendungen für die Sicherheit des städtischen Netzwerkes. Die Verwaltung rät daher von zusätzlichen Schnittstellen ab ( siehe oben). Die Verwaltung beschäftigt sich mit diesem Thema.

Hier müsste genauer definiert werden, was „urheberrechtlich geschützt“ denn genau bedeutet, denn eigentlich geht es ja um Nutzungsrechte. Um hier eine für die Nutzung hinreichende Rechtssicherheit zu haben, müsste die Lizenz hier genau definiert werden. Ich nehme an, dass es hier um Entwürfe von Anbietern usw. geht, aber das muss dann auch ganz klar gesagt und auf der Seite kundgetan werden. Die Lizenz sollte zudem so offen wie möglich sein und z.B. nur eine Nennung der Quelle erfordern, ansonsten die Nutzung der Daten aber freizustellen. Sinnvoll wäre z.B. eine „Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland“.

Bezüglich der Schnittstelle ist die Beschlussvorlage aber enttäuschend. Es wird hier ja kein komplexes Programmierinterface benötigt, sondern nur ein einfacher Datenexport genau der Daten, die im Moment als Webseite für den Bürger zur Verfügung stehen. Wenn man also nur die Daten, die im Moment auf der Website stehen, in ein maschinenlesbares Format überführt, sollten weder grosser Aufwand noch Sicherheitsprobleme entstehen.

Für den Erfolg einer Open Data-Strategie (die man im übrigen größer anlegen sollte, als nur zu erklären, dass man die Inhalte des Ratsinformationssystems irgendwie nutzen darf) ist eine Schnittstelle oder ein Datenbank-Dump unerlässlich. Insofern ist diese Vorlage in Bezug auf Open Data eher enttäuschend und die Politik sollte hier mehr Mut beweisen und zumindest mal eruieren, wie teuer denn eine Schnittstelle wäre. Anstatt ein „ok, wer wirklich will, kann mit viel Aufwand irgendwas mit den Daten machen“ sollte der Grundtenor eher sein „Hey, hier habt ihr unsere Daten, macht was cooles draus!“

Weitere Digitalisierung von Prozessen
Die Stadtverwaltung arbeitet kontinuierlich an der Digitalisierung von Prozessen. Auch elektronische Archive spielen dabei eine große Rolle. Da es sich um einen eigenen Themenbereich handelt, wird das im Rahmen dieser Vorlage nicht weiter dargelegt.

Hier würde mich generell ein besserer Einblick interessieren, wie die Prozesse eigentlich aussehen. Vielleicht kann man ja helfen (oder sie zumindest für den Bürger verständlicher dokumentieren).

Nutzung von Mailinglisten, News-Feeds und sozialen Netzwerken
Mailinglisten, News-Feeds und soziale Netzwerke werden von der Stadtverwaltung schon eingesetzt. Sie dienen in erster Linie der Information der Bürger (z.B. der Stadtseiten-Newsletter). Über soziale Netzwerke erreichen die Stadt aber auch Fragen und Anregungen, die das Presseamt in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachämtern beantwortet. Wenn es sich um Fragen handelt, die politisch entschieden werden müssen, werden sie an die Fraktionen weitergegeben.

Eine Verknüpfung dieser vielfältigen Kommunikationskanäle erfolgt bisher über die Online-Redaktion, die bei Anfragen auch auf entsprechende Informationen im Ratsinformationssystem oder auf aachen.de verweist.

Ratskalender und Kontakt zu den Mitgliedern des Rates verbessern
Inwieweit Ratsmitglieder Online-Instrumente wie E-Mail, Online-Kalender, Webseiten oder soziale Netzwerke für die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern nutzen, müssen sie aus Sicht der Verwaltung selbst entscheiden.

Und genau das sollten Themen des runden Tisches sein, wo man einerseits vielleicht im persönlichen Gespräch vermitteln kann, warum dies aus Bürgersicht wichtig ist und andererseits, wie man all das besser verknüpfen kann.

Bürgerforum und Bürgerforum online: Offline und online verbinden
Es gibt erste Ansätze, um das Bürgerforum des Stadtrates mit dem Bürgerforum online zu verknüpfen: Die Verkehrserschließung Büchel wurde im Vorfeld der Bürgerforums-Sitzung am 6. Juli 2010 online diskutiert (www.aachen.de/buechel). Es gab eine ernsthafte Diskussion mit reger Beteiligung. Aus Sicht der Verwaltung macht es Sinn, auch zukünftig bei Themen, die auf großes Interesse stoßen, der Diskussion im Bürgerforum eine Online-Dikussion voranzustellen. Die Ergebnisse der Online-Diskussion könnten dann als Einstieg in die Diskussion des Bürgerforums des Stadtrates kurz vorgestellt werden.

Anfragen und Anregungen können zudem heute schon online an das Bürgerforum des Stadtrates übermittelt werden.

Hier sehe ich gleich mehrere konkrete Probleme. Zunächst einmal diskutiert der Bürger im Online-Forum eher unter sich. Politiker mischen sich da eher wenig ein. Grundsätzlich ist die Diskussionskultur online auch sicher etwas rauher und es ist demnach auch verständlich, wenn Politiker sich da zurückziehen und sich nicht beleidigen lassen wollen. Das aber führt zu einem Teufelskreis, denn wenn man eben nicht MIT jemandem diskutieren kann, dann diskutiert man schnell ÜBER jemanden und das verstärkt dann die Tendenzen zur Abgrenzung noch mehr als dass sie abgebaut werden.

Strukturell kommt hinzu, dass zunächst einmal gar nicht bekannt ist, was im Offline-Bürgerforum diskutiert worden ist. Die Mitschrift wird erst mindestens einen Monat danach veröffentlicht und zudem auch eher versteckt im Ratsinformationssystem. Der Rückfluss an Informationen ist also normalerweise nicht gegeben, zumal die Online- und Offline-Diskussion dann an verschiedenen Orten abgelegt ist. Die Konvergenz der Diskussionsstränge fehlt also.

Dies kann man natürlich lösen, indem man mutig ist und sagt, dass die zentrale Dokumentation der Diskussion das Online-Forum ist und man dann bei Sitzungen des Bürgerforums die Kernpunkte der Diskussion direkt online in die entsprechenden Diskussionsstränge einträgt. Ob dies aber möglich ist und in welcher Form (da ich die Software da auch nicht unbedingt für so geeignet halte), wäre ein weiterer Punkt für einen runden Tisch.

Nun aber zum eigentlichen Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung schlägt mit Blick auf den vorliegenden Ratsantrag folgende Maßnahmen vor.

Zum Runden Tisch
Der vorgeschlagene „Runde Tisch“ wird als Online-Forum auf aachen.de eingerichtet. So können sich alle interessierten Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Die Anregungen können im Bürgerforum des Stadtrates beraten werden.

Ich denke, wenn das so gemacht wird, wird es eher schwierig. Was wichtig wäre am runden Tisch wäre eben, die Gräben zwischen Bürgern und Politik zu verringern und da die meisten Ratsmitglieder doch noch eher offline orientiert sind, muss man hier erst einmal sehr viel Aufklärungsarbeit leisten, und zwar offline. Ich denke an Vorträge, auch Demonstrationen, was andere Politiker so im Netz machen und was überhaupt möglich ist und warum man das überhaupt machen sollte. Das alles ist nämlich kein Thema, was man mal in einer halben Stunde alle paar Monate abarbeitet, sondern es geht um die Zukunft der politischen Diskussion.

Was wir also brauchen ist keine weitere Spaltung in Onliner und Offliner, sondern wir müssen zusammenkommen und über Ansprüche und Möglichkeiten reden. Und zwar dort, wo noch alle daheim sind, nämlich offline und persönlich (und das sage ich als „Onliner“).

Zu den „Offenen Daten“
Die unter aachen.de im Ratsinformationsystem ohnehin zur Verfügung stehenden Daten, können für Open-Data – Projekte genutzt werden, wenn sie nicht urheberrechtlich geschützt sind. Eigene Schnittstellen für Open-Data – Projekte müssen aus Kosten- und Sicherheitsgründen kritisch geprüft werden.

Wie gesagt: Enttäuschend. Aber das Problem ist, dass dies politisch gewollt sein muss und dazu muss es aber erst einmal politisch diskutiert werden. Auch daher eben die Idee des runden Tisches. Das Ratsinformationssystem diente damals eigentlich nur als Beispiel.
Trotzdem würde mich aber noch interessieren: Wurden hier Kostenvoranschläge von ALLRIS eingeholt? Wie sieht es beim Haushalt aus? Kann SAP wirklich keine Rohdaten exportieren? Wie machen es z.B. München oder Bochum? Zumindest in Bochum scheint es ebenfalls SAP zu sein. Gibt es hier vielleicht Synergie-Effekte, die man nutzen könnte?

Kontakt zu den Ratsmitgliedern
Auf aachen.de wird zukünftig eine graphische und tabellarische Übersicht angeboten, aus der hervorgeht, welche Ratsfrau / welcher Ratsherr für welchen Wahlkreis zuständig ist. Das erleichtert den Bürgerinnen und Bürgern die Kontaktaufnahme.

Eine gute Idee, aber ich will auch hier direkt auf Open Data Bezug nehmen und anregen, dass man diese Daten dann auch z.B. also Excel- oder CSV-Download zur Verfügung stellt und unter eine explizite offene Lizenz stellt. Im Prinzip reicht auch letzteres, denn es wird sich dann schon ein Bürger finden, der die graphische Aufbereitung übernimmt (ich z.B.). Das gesparte Geld könnte man dann bei Schnittstellen z.B. bei ALLRIS investieren.

Bürgerforum und Bürgerforum online
Das Bürgerforum des Rates und das Bürgerforum online werden stärker verknüpft, indem geeignete Themen vor der Diskussion im Bürgerforum online vorberaten werden. Die Ergebnisse können dann als Einstieg in die Diskussion des Bürgerforums vorgestellt werden.

Finanzielle Auswirkungen
Die anfallenden Kosten für Online-Foren und die Wahlkreisübersicht können aus den vorhandenen Etats von IT-Management und Online-Redaktion gedeckt werden.

Zu beidem siehe oben.

Ansonsten will ich hier noch auf eine Diskussion in einem Etherpad zum Thema „Offenes Aachen“ aufmerksam machen, wo wir diskutieren, wie man dieses Thema angehen kann und im Endeffekt auch, welche Unterthemen dann darunter fallen. Ich hoffe nämlich immer noch, dass die Politik sich dieses Themas in breiterer Front annimmt, als es derzeit der Fall ist, gerade weil auf lange Sicht sowieso kein Weg daran vorbeiführt.

Die Sitzung findet im übrigen am 9.11. um 16 Uhr im Sitzungssaal des Rates statt und wenn nichts dazwischen kommt, werde ich vor Ort sein und live mitschreiben (denn Niederschriften dauern halt zu lange und Podcast wurde ja abgelehnt – noch etwas, über das man mal mit dem Bürger hätte sprechen können).

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