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NRW12: Die grosse Haushaltsfrage

Wie man ja weiss, gibt es in NRW Neuwahlen genau aus einem Grund: Haushalt. Denn da werden Schulden noch und nöcher gemacht! Sagt zumindest die Opposition.

Doch was würde die Opposition denn nun anders machen? Dumme Frage: Schulden abbauen natürlich! Ganz einfach. So einfach, dass man sich mit Details dazu nicht weiter aufhält.

Doch ich will es jetzt mal genauer wissen: Was war denn nun am gescheiterten Haushalt eigentlich das Problem? Und was würde die Opposition im Detail denn besser machen? Also schauen wir mal auf den Homepages der beteiligten Parteien, denn dort wird das doch sicher alles erklärt!

Doch weit gefehlt. Anscheinend ist man immer noch der Meinung, dass man den Bürger mit Informationen nicht überlasten sollte und dass sich statt Informationen platte Sprüche viel besser eignen. So hat die FDP sich „Lieber neue Wahlen als neue Schulden“ ausgedacht, die CDU „NRW = Norbert Röttgen wählen“ und die Grünen als Antwort „NRW = Nicht Röttgen wählen“. Sprüche, die wohl eher aus der Kategorie „NRW = Nicht richtig witzig“ kommen.

Haushalt im Wahlprogramm?

Aber zurück zum Thema. Der nächste Anlaufpunkt für Informationen sind natürlich die Wahlprogramme. Wenn nicht dort, wo dann sollte man Details zur Haushaltsfrage erwarten? Also flugs nachgeschaut!

Doch auch dort: Platte Sprüche und Forderungen statt Details. So ist man bei der FDP z.B. für weniger Schulden (kluge Idee!) und weiss: „SPD und Grüne haben auf Pump Wahlgeschenke finanziert“. Welche genau und wie viel die am Haushalt ausmachen, weiss man vielleicht, sagt man aber nicht. Zumindest ein Detail aber wird genannt: 2.000 Stellen, die SPD und Grüne in der Landesverwaltung eingerichtet hätten und die natürlich wieder weg müssen. Auch hier natürlich keinerlei Information dazu, was das für Stellen sind und wie viel das am Haushalt ausmacht. Im übrigen geht es bei den Stellen gar nicht um den aktuellen Haushalt sondern um den Nachtragshaushalt 2010 (was aber nicht näher erläutert wird).

Ansonsten ist noch Schuldenbremse und Gemeindefinanzreform im Angebot, aber auch hier verzichtet die FDP auf Details.

Die CDU sieht das ganz ähnlich, auch sie will sparen und hat ähnlich undetaillierte Lösungen parat. Schuld sind wieder irgendwie SPD und Grüne (immerhin erfährt man die Höhe des Haushalts: 4 Mrd. Euro, nicht aber, wie viel man laut CDU hätte einsparen können). Auch die CDU will eine Schuldenbremse im Land und natürlich Neuverschuldung vermeiden (klug wie die FDP!), ja sogar das Land bis 2020 komplett entschulden. Genauer Zahlen dazu spart man sich aber auch hier.

Es verwundert da natürlich sehr, dass die SPD ähnliches will, z.B. eine Schuldenbremse im Land (reicht nicht eine im Bund? Erfährt man nicht). Und Neuverschuldung – ja, die hat ja schon zurückgefahren (um wieviel? Erfährt man nicht). Haben die anderen wohl nur noch nicht gemerkt.

Die Grünen aber, die haben es gemerkt! Die waren schliesslich dabei. Und die werfen nun FDP und CDU genau das vor, was CDU und FDP ihnen vorwerfen: Nämlich trotz sprudelnder Steuereinnahmen (wie hoch? Erfährt man nicht) trotzdem neue Schulden gemacht zu haben. Man erfährt sogar, wie viel: 1 Mrd. Euro! Boah! Die CDU bestreitet das natürlich.

Zwischenfazit bislang also: Alle sind schuld, alle wollen die Schuldenbremse (bis auf die Grünen, wenn ich das richtig verstanden habe), alle haben die Neuverschuldung heruntergefahren und keiner will uns mit Details belasten.

Die ominösen 2.000 Stellen

Doch eigentlich wollte ich ja nur wissen, was denn nun am gescheiterten Haushalt so scheiternswert war. Die FDP sagt uns das zwar nicht, hat uns aber immerhin ja schon verraten: Wahlgeschenke und 2.000 neue Stellen aus dem Nachtragshaushalt, die man nicht braucht. Doch woher kommen denn nun die 2.000 Stellen und wo werden sie eingesetzt. Denn das sagt die FDP nicht.

Fragt man daher mal per Twitter, so erfährt man bei den Grünen:

Christian Lindner (FDP) aber weiss:

Und Matthi Bolte (Grüne) erklärt:

sowie:

Scheint also auch nicht so einfach zu sein und man sollte meinen, umso eher ein Grund, das mal genauer zu erklären.

Immerhin schickte Matthi Bolte mir dann doch noch einen Link und ich sage erstmal „öh?“. Aber zumindest mal reingeschaut (eigene Suchen ergeben leider temporäre Datenbankfehler).

So gibt es diese Rede von Sylvia Löhrmann zum Nachtragshaushalt, wo sie erklärt:

Der Nachtragshaushalt schließt die von der Vorgängerregierung hinterlassenen Lücken des Lehrerstellenhaushalts und bei der Finanzierung privater Ersatzschulen. 1.525 Lehrerstellen sind erforderlich, um den Unterrichtsbedarf und die Unterrichtsversorgung an unseren Schulen im laufenden Schuljahr zu decken. Dieses Defizit war der Vorgängerregierung bereits zum Zeitpunkt der Aufstellung und Verabschiedung des Haushaltes 2010 bekannt. Sie hat aber diese Stellen nicht veranschlagt.

Dass rot/grün das sagt, wissen wir natürlich schon, aber immerhin wissen wir nun, dass es 1.525 Lehrerstellen sind. Der Rest muss dann also Umwelt sein.

Die Opposition in Person von Klaus Kaiser (CDU) weiss aber von einer Lücke eher wenig:

In der Vorlage 15/01 zum Lehrerbedarf vom 9. Juni 2010 könne man lesen, dass die Lehrerversorgung im laufenden Schuljahr gesichert sei. Die voraussichtliche Bedarfsdeckungsquote zum Schuljahr 2010/2011 betrage über alle Schulformen betrachtet 103 %.

Muss man also nur noch Vorlage 15/01 finden! Ist mir nur leider nicht gelungen. Wer es schafft, bekommt ein Eis!

Ministerin Löhrmann hat aber anscheinend dieselben Berechnungen noch mal anstellen lassen und kommt trotz gleicher Parameter auf diese 1.525 Stellen. Sie erklärt daher:

Möglicherweise erkläre dies auch die Unzufriedenheit an den Schulen, da man manche Deckungsquoten nur auf dem Papier finden können.

Was soll ich sagen, so geht es weiter. Ausschusssitzungen helfen also auch nicht weiter – auch hier ist immer der andere schuld und handfeste Informationen scheint es nicht zu geben. Die Informationslage in unseren Ministerien kann nicht so die beste sein, wenn zwei Minister zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Sollte man das nicht vielleicht im Wahlkampf thematisieren? Schliesslich kosten Fehlinformationen ja auch Geld.

Und ich gebe auf! Aber ich bin sicher, dass mir die Parteien das sicher alles noch im Detail in ihren Blogs erklären. Denn aus der Debatte wird zumindest klar, dass die Beteiligten sich mit den Zahlen befasst haben. Warum man dann auf dämliche Sprüche setzt, anstatt das zu erklären, ist mit schleierhaft.

Fazit

Zusammenfassend kann man wohl nur sagen, dass wir dem Geheimnis dessen, wer an der schlechten Haushaltslage nun Schuld ist, trotz recht grossem Zeitaufwand nicht wirklich näher gekommen sind. Wenn überhaupt, erfährt man nur, was am Nachtragshaushalt kritisiert wird, nicht aber warum.

Generell wissen wir nur: Alle tun beim Haushalt eigentlich das Gleiche, alle haben die Neuverschuldung gesenkt, die meisten wollen eine Schuldenbremse im Land und sollten wider Erwarten doch noch Schulden da sein, kann ja nur einer schuld sein: Der andere. Kennt man woher? Natürlich aus dem Kindergarten.

Einen Unterschied gibt es allerdings: Im Kindergarten sind die Sprüche lustiger.

Update 17.4.2012: Die SPD-Fraktion hat im Besorgen der Information dann wohl gewonnen. Herr Lindner dagegen antwortet mir nicht mehr. Und das war ja nur die Frage nach genau 1 Zahl im Programm. Schade.

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