Heute in der der Fragestunde für Einwohner vor der Ratssitzung in Aachen gab es eine Frage, die die Bürgerbeteiligung thematisierte. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde das Verfahren gerade in Bezug auf die Musikschule hinterfragt (es ging um Brandschutz und einen evtl. Umzug, der nun aber plötzlich doch nicht mehr stattfinden muss).
Die Antwort des Oberbürgermeisters darauf war, dass die Stadt Aachen Bürgerbeteiligung sehr ernst nehme. Man würde in interfraktionellen Sitzungen besprechen, welche Art der Beteiligung für welchen Fall geeignet sei und man wisse das wohl auch immer genau. Das Beispiel Musikschule würde auch zeigen, dass das Mittel Bürgerforum sehr gut geeignet sei, um den Bürger einzubinden. Bürgerbeteiligung in Aachen sei also schon sehr gut.
Dumm nur, dass man nur von Seiten der Politik hört, wie toll Bürgerbeteiligung schon sei. Die Bürger, die ich so höre, sind da durchaus anderer Meinung. Auch diese Beschwerde zeigt ja, dass es wohl noch nicht so optimal läuft. Auch das Mittel der interfraktionellen Sitzung, politisch für „Geheimtreffen“, dient wohl kaum der Verbesserung der Bürgerbeteiligung, denn was der Bürger eigentlich will und erwartet, weiss Politik ja gar nicht. Dazu müsste man ja mit dem Bürger erstmal sprechen.
Runder Tisch Neue Medien
Ansätze und Anträge dazu gab es ja, leider mit eher mäßigem Erfolg. So wurde einerseits im April 2010 per interfraktionellem Ratsantrag der Runde Tisch Neue Medien angeregt, der aber erst in der Sitzung des Hauptausschusses vom November 2011 behandelt wurde, also anderthalb Jahre später. Statt aber den Tisch einfach einzurichten, wurde von der Verwaltung vorgeschlagen, dies doch im Online-Forum zu diskutieren. Nun ist das eh schon mau besucht und vor allem diskutiert da kein Politiker mit und diejenigen, die vom Segen des Internets erst noch überzeugt werden müssen (wohl die Mehrheit), schon gar nicht. Die Intention war ja auch die Aufklärung darüber, was geht.
Nun ist es zum Glück doch ein physikalischer Tisch geworden, also wäre es geworden, wenn er denn mal irgendwann beginnen würde. Auch kann natürlich nicht jeder Bürger teilnehmen („jeder Bürger?!? Das geht doch nicht!“), sondern man muss jetzt extra eingeladen werden und Spezialkenntnisse vorweisen oder sowas. Bürger sein allein reicht nicht. Barrieren abbauen sieht anders aus.
Bürgerbeirat
Weiterhin wurde ein Beirat zur Bürgerbeteiligung zum Haushalt vorgeschlagen – wieder vergeblich. Ein weiteres Gremium ist für das angeblich so wichtige Thema Bürgerbeteiligung dann wohl doch zuviel. Als Kompromiss ist es nun im Bürgerforum angesiedelt. Das aber bedeutet, dass man wohl kaum Unter-AGs gründen kann und sich die Zeit mit all den anderen Themen teilen muss. Wenn also mal wieder eine Schule geschlossen werden soll, wird dieses Thema wohl eher unter den Tisch fallen.
Online?
Und auch bei der Online-Beteiligung geht man rückwärts. So gab es zum Haushalt zunächst einen Fragebogen und dann die etwas komplexere Lösung, die allerdings weniger Leute zum Mitmachen motiviert hat. Woran dies aber lag, wurde gar nicht erst analysiert, vor allem nicht mit den Beteiligten zusammen, sondern wieder nur interfraktionell. Das Ergebnis war nur der Blick auf die Zugriffszahlen und die Entscheidung, nun wieder Fragebögen zu machen.
Problem bei Online-Beteiligungen ist aber eh, dass man den Bürger dort eher allein lässt und der Politiker gar nicht mit diskutiert. Sieht man sich die Social Media-Präsenz der Parteien und Politiker so an, so sieht es bei schwarz/grün bei uns leider eh eher mau aus. Auch daher täte Aufklärung über die Vorteile Not.
Selbst informative Dinge, wie zeitnahe Protokolle, Open Data oder Livestreams gibt es ja nicht. Open Data wird nur am Rande mal angesprochen und Livestreams aufgrund der Angst vor dem Kontrollverlust eh ausgeschlossen (und Twittern laut Selbstverpflichtung auch, zumindest für Ratsmitglieder).
Bürgerbeteiligung bleibt erstmal mau
Wie man also sieht, leben Politiker und Bürger leider in verschiedenen Welten. Politiker meinen, alles sei super, Bürger meinen, alles sei Mist. Hier hilft nur miteinander statt übereinander reden und da helfen interfraktionelle Treffen wohl eher wenig. Und solange es aus der Politik heisst „Man kann keinen zwingen zu lernen“ (wie man mir gegenüber erklärte) wird das mit der Bürgerbeteiligung wohl auch eher mau bleiben.
Wenn dem so ist, sollte man aber auch dazu stehen! Dann macht sich zumindest niemand Hoffnung.