Das Wochenende begann diesmal mit Aufstehen um 7 Uhr, da ich am Samstag eine kleine Verabredung in Köln zum easn.de-Roundtable hatte, der von Andreas Gerads organisiert wurde. Der Roundtable sollte dabei beleuchten, was die Trends im Internet sind und wie sich daraus Geschäftsideen entwickeln lassen. Wir waren 11 Leute (wenn ich nicht falsch gezählt habe) und 7 Themen. Also eine recht voll gepackte Agenda, was dann dazu führte, dass die Themen nicht unbedingt sehr im Detail beackert wurden, aber es dennoch einen guten Überblick ergab. Das Ziel sind weitere Veranstaltungen, bei denen man sich auf bestimmte Themen beschränkt und dort dann aber mehr in die Tiefe geht.
Ergebnislos war es natürlich trotzdem nicht und daher kommen hier die Ergebnisse.
Zielgruppe 50+
Thomas Reintjes, Mitbegründer von konsumo.de, einem Produktinformationsportal auf Wiki-Basis, hat über die Zielgruppe 50+ gesprochen. Er kam darauf, da konsume.de anscheinend in dieser Gruppe recht gut ankommt. Wir haben uns daher Gedanken gemacht, wie man diese Zielgruppe am besten ansprechen kann und was überhaupt deren Bedürfnisse sind:
- auf Produktinfo-Seiten sind die Hauptgruppe die über 40-jährigen, die bis 24-jährigen sind fast schon vernachlässigbar.
- die Zielgruppe 50+ hat verglichen mit den anderen Gruppen ein recht hohes Einkommen
- Die Gruppe hat ein grosses Wachstumspotential
- Interessen könnten Heimwerken oder Reisen sein.
- Noch kauft diese Gruppe eher offline ein, z.B. beim Geschäft ihres Vertrauens
- Der Preis ist nicht der Entscheidungsgrund Nummer 1.
- Mitglieder der Zielgruppe 50+ wollen eher wissen, warum man etwas braucht, z.B. warum Blueray?
- zu technisch darf es nicht werden.
- Man sucht eher nach Autorität, man fragt im Freundeskreis oder in der Familie. Recommendation-System eine Möglichkeit? Soziale Netzwerke?
- Es macht evtl. Sinn, Angebote auf den Portalen einzubauen, wo sich die Zielgruppe eh aufhält, denn die Wechselbereitschaft ist gering.
- Wie gewinnt man User? Beispiel verwandt.de: Jung überredet alt. Dann grosse Loyalität.
- Als Beispiel eine kleine Recherche bei Facebook: Von den 18 Mio. Usern aus den USA sind rund 0,5 Millionen über 50.
- Braucht die Zielgruppe 50+ eine andere Art der Navigation? User-Testing mag wichtig sein.
Local Search
Alexander Stump hat über Local Search vorgetragen. Es handelt sich hierbei um Dienste, die einem Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort bringen.
Beispiele für einige Services (die sehr verschieden in der Ausrichtung sein können:
- yellowpages.de, gelbseseiten.de (hauptsächlich Auskunftsdienst)
- Google/Yahoo Maps (Mashup von Auskunft/Suche mit Karten)
- YELP.com, qype.com, townkings.de, (townster.de) (lokale soziale Netzwerke)
- Askthelocal.com, Google Products (Produktsuche vor Ort)
Weiterhin gilt:
- Der Markt ist heissumkämpft und die Key Player sind schon recht gross (YELP.com, trustedplaces.com, qype.com)
- Man bereitet sich für mobile Endgeräte vor, denn dort macht es am meisten Sinn. Noch ist der Markt hier klein, wird aber mit der Verfügbarkeit von GPS enorm wachsen.
- Eine Konsolidierung des Marktes hat aufgrund der grossen Player schon begonnen (viele Firmen wieder dicht oder aufgekauft)
- Revenue Streams: Werbung oder Affiliate Programme
Was wir als Probleme sehen:
- Informationen vor Ort sind noch rar
- Man weiss nicht, was gut ist bei anonymen Bewertungen. Könnten auch gefakte Bewertungen sein.
Was wir als Möglichkeiten sehen:
- keine neuen sozialen Netzwerke aufmachen, sondern diese Funktionen in bestehende integrieren
- Ich z.B. benutze auch Twitter für solche Anfragen („Bin morgen in London, wer kennt ne coole Bar?“)
- automatische Fahrplanauskunft per Mobilgerät (das weiss ja dann, wo ich bin)
- Produktvergleich vor Ort im Geschäft interessant (fotografiere Barcode mit Handy, Service sagt mir, wo es im Umkreis billiger ist)
- Produktsuche per Handy aber fraglich für die meisten Produktgruppen (einen Fernseher suche ich mir eher daheim aus)
- Mobilität wird wohl 2008 gegeben sein.
Online-Werbung
Daniel Münster hat uns dann auf eine Reise durch die Online-Werbung mitgenommen. Er hat erklärt, welche Werbeformen es gibt, was sie bringen und wo die Reise hingeht. Der Markt wächst und wächst, die Effizienz ist aber fraglich, denn wie eine Studie zeigt, ist man für die klassische Bannerwerbung eigentlich blind. Man versucht sich daher an vielen neueren Werbeformen wie z.B. Video-Ads oder den relativ neuen Google Gadget Ads, die im Prinzip Google Gadgets sind, aber per AdSence ausgeliefert werden. Der Trick soll sein, dem Benutzer Mehrwert zu bieten. Generell gilt aber auch, dass Werber hier das Problem haben, einen guten Mittelweg zu finden. Einerseits sollen die Leute die Ads auch betrachten (und vor allem anklicken), andererseits sollen sie auch nicht komplett vom eigentlichen Inhalt ablenken und nur nerven.
Auch targeted Advertising wurde genannt, Problem dabei ist aber, dass diese Ads dann sehr teuer sind und es fraglich ist, wieviel sie bringen.
Neue Businessideen haben wir hier jetzt nicht entwickelt und das ganze sollte wohl auch mehr ein Überblick sein.
Mobiles Internet
Johan Rhodin hat uns einen kleinen Überblick über die mobile Internetnutzung verschafft. Genereller Konsensus war, dass 2008 das entscheidende Jahr sein wird, da die Preise sinken und die Endgeräte mehr und mehr in Richtung Smartphone gehen werden.
Die meisten Anwendungen sind allerdings noch eher verkleinerte Versionen der entsprechenden Webapplikationen und es ist die Frage, wohin die Reise hier geht.
Einige Punkte:
TV auf dem Handy mag sicher ein Faktor sein, aber es ist die Frage, wann man das schaut. Während der Bahnfahrt macht das Sinn, ansonsten gehen aber schon die Ideen aus. Wenn möglich, wird man größere Displays vorziehen.
Werden Kindle und Konsorten zu den eigentlich neuen Internet-Devices? Haben mehr Möglichkeiten aufgrund der Größe.
Was könnten die Applikationen von morgen sein. Diese ziehen sich wahrscheinlich durch all die anderen Themen durch, siehe Local Search, soziale Netzwerke, virtuelle Welten usw.
WIe sieht es mit Werbung aus? Macht auf kleinen Displays wenig Sinn bzw. wird wenig Akzeptanz haben.
Provider müssen ihre Portale öffnen und es muss billiger werden. Wer im E-Plus-Portal gefangen ist, wird kaum per mobilem Internet einkaufen.
Bedienung muss noch besser werden (Stichpunkt „Wurstfinger“)
mobile Shoppingportale werden im Moment noch kaum genutzt.
Grundidee: Ich habe ein Gerät, was immer online ist, das weiss, wo ich bin, mit dem ich bezahlen kann.
Daraus folgend: Flagship-Stores, wo ich Dinge nur ansehen, aber nicht mitnehmen kann, wird mir nach Hause geschickt (möglichst zeitnah).
IPTV und Co.
Dies war das Thema von Andreas Dittes. Er hat einen kleinen Ausblick und Rückblick gegeben. Generell scheint es aber so zu sein, dass erstmal IPTV ein recht dehnbarer Begriff ist (Joost, Settop-Boxen, Podcasts usw.) und dass das Wachstum nicht wirklich da ist.
In Stichworten:
Die Marktanteil im Moment ist verschwindend gering.
Für den Endbenutzer ist es verwirrend, welches Produkt er kaufen soll
Für den Endbenutzer ist der Sinn nicht ganz ersichtlich
Weitere Interaktionsmöglichkeiten wären drin, wie z.B. Chat mit Freunden, Filminformationen usw.
Fraglich aber, ob man das während des Fernsehens tut (ich z.B. würde mir eine Fernsehsendung eher in Second Life mit Freunden anschauen und in der Tat wird das bei Konferenzstreams auch viel gemacht. Es fühlt sich mehr so an, als wäre man mit Freunden vor Ort und das Setup ist günstiger, denn man hat keinen Chat-Overlay oder ähnliches.)
Konflikt zwischen Bezahl- und Werbefinanziertem Fernsehen, je nach Gegend unterschiedlich.
Frage: Wachsen TV und Computer wirklich zusammen? Die Gruppe war geteilter Meinung. Fakt ist aber, dass dies schon seit Jahren prophezeit aber nicht wirklich eingetreten ist.
Microsoft hat insofern eine gute Position, als dass sie viele Leute unter einen Hut bringen können. Aber wieder mal closed system, was ein Nachteil sein könnte.
offene soziale Netzwerke
Dies war eines meiner Themen. Schaut man sich den Bereich „soziale Netzwerke“ an, so sieht man vor allem ein grosses Potential (denn wie man auch bei den anderen Themen schon sah, ist eine Vernetzung für Dinge wie Autorität bei verschiedensten Anwendungsgebieten wichtig) und eine Reihe von Walled Gardens. Um soziale Netzwerke aber in Zukunft auch weitgehend nutzbar zu halten ist eine Öffnung vonnöten. Und da wird auch schon wild drüber diskutiert, wie z.B. hier:
- Distributed Social Networks (DiSo)
- Social Network Portability)
- Opening the Social Graph
- Open Platforms
Dies baut meist auf einer Reihe von schon existierenden Standards auf:
und noch einigen weiteren. Die Problematik ist nun eher, diese EInzelstandards zu einem funktionierendem Ganzen zusammenzufügen. Am aktivsten dabei scheint mir im Moment DiSo zu sein.
Die Grundidee hierbei ist einfach: Ich will meine Freunde und Profildaten nicht auf jeder Plattform wieder und wieder eintragen und definieren müssen, sondern sie importieren können, evtl. noch getrennt nach bestimmten Gruppen. Damit ergeben sich auch verschiedene Berechtigungen und damit ist dann auch dem Schutz der Privatsphäre genüge getan.
Ganz klar sind offene Standards dafür notwendig und die oben genannten sind ein Anfang.
Andere Dinge, die kommen werden:
- Aggregatoren, die versuchen, die in verschiedensten sozialen Netzwerken verstreuten Informationen wieder zusammenzutragen. Beispiele hier sind NoseRub und lifestrea.ms.
- Social Networks werden in Zukunft auch in vielen CMS-Produkten eingebaut sein
- Das Semantic Web wird an Bedeutung gewinnen.
Mögliche zukünftige Anwendungen wären damit:
- Aggregatoren
- Suchmaschinen (im semantic Web)
- CMS-Produkte mit social networking.-Funktionalität
- mobile Anwendungen
- Location Based Services
- Recommendations (verbunden mit all dem oben)
Die grosse Frage wird aber sein, ob sich die Advertising-Modelle so halten werden oder ob bei manchen Services nicht doch Premiumdienste Sinn machen (ich z.B. würde gerne einen angemessenen Betrag zahlen um keine Werbung sehen zu müssen).
virtuelle Welten
Mein zweites Thema waren virtuelle Welten. Dies ist ein Thema, was dieses Jahr vermehrt in den Blickpunkt geraten ist und wo nächstes Jahr viel passieren wird. Ich habe mit ein paar Anwendungsgebieten für virtuelle Welten begonnen:
- Kommunikation. Das Schlüsselelement von virtuellen Welten ist Konversation. Manche Welten hören dort aber auch schon auf.
- Kreativität. in Second Life z.B. kann jedermann bauen und sich damit kreativ ausleben
- Business. Auch eher im Moment noch Mangelware, aber z.B. in SL oder IMVU kann man seine Erzeugnisse dann auch verkaufen.
- Kollaboration. Die obigen Punkte führen fast zwangsläufig zu Ideen zur Kollaboration. Man kann sich hier aber auch Firmenmeetings von weltweit operierenden Unternehmen vorstellen. Dies wird ja auch schon durchgeführt.
- Entertainment. Natürlich auch ein wichtiger Bereich. Kann auch zum Marketing eingesetzt werden.
- Marketing a la Cluetrain, d.h. auf Basis des persönlichen Gesprächs. Ideen sind regelmässige Sprechstunden. Mal wieder dem Kunden zuhören anstatt Marketing-Blah zu verteilen.
- Bildung. Ein grosser Bereich in Second Life. Themen sind hier Kurse über Second Life aber auch für Real Life-Themen. Sprachkurse sind mit Voice-Chat z.B. gut möglich.
- virtuelle Konferenzen. Den easn-Roundtable könnte ich mir z.B. auch gut in SL vorstellen. Folien etc. kann man ebenfalls dort anschauen, man muss aber nicht so weit reisen. Wird auch schon viel eingesetzt.
Trends
- 2008 kommen eine ganze Reihe neuer virtueller Welten und die bestehenden werden weiterentwickelt.
- Interoperabilität wird viel diskutiert werden. Im Moment gibt es 2 Ansätze: SLGAWG und VW Interop.
- Verschmelzung von Games und virtuellen Welten? Hier ist die Game-Industrie gefragt.
- Usability muss verbessert werden, ist allen klar. Neue Eingabedevices?
- Teen Virtual Worlds. Gibt es jetzt schon, aber Teens sind eine klare Zielgruppe, vor allem wahrscheinlich für’s Marketing.
Dann habe ich noch über mögliche Anwendungen sinniert:
- Grid-Hosting mag interessant werden, wenn Interoperabilitäts-Projekte Ergebnisse abwerfen. So wird man z.B. spezialisiertere Grids aufsetzen können.
- spezialisierte Services. Hier kann man sich z.B. Services für Bildung und Kollaborationen vorstellen
- neue Tools und Clients. Hier ist sicherlich noch Platz für 3rd-Party-Produkte, die an offene Grids connecten können. Auch mobile Clients sind sicherlich interessant.
- Integration von bestehenden Tools (beginnt mit Web, hört irgendwo vielleicht auch wieder auf ;-) )
- Content Creation. Es gibt in Second Life schon manch einen, der von in-world-Produkten lebt. Wächst der Sektor ist auch da noch viel drin. Die ersten haben sich hier auch schon positioniert.
- In-World Applications. Für den in-world-Applikationsbereich gilt dasselbe
- Consulting. Das geht natürlich immer und wird sicherlich auch immer gefragter werden.
Fazit
Der easn Roundtable war in meinen Augen ein super Anfang. Es ist klar, dass noch viele weitere Themen behandelt werden könnten. Es ist aber auch klar, dass dies auch vertieft geschehen muss. Ich bin also gespannt, wie es weitergeht. Und das werde ich euch dann natürlich auch hier auf dem Blog verraten :-)
Und einen Dank wollte ich auch nochmal an Andreas für die Organisation und an Solvatis für die Räumlichkeiten aussprechen!
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