Staatsminister Neumann will das Internet regeln, und zwar im internationalen Rahmen. Keine kleine Aufgabe, will ich mal anmerken.
Die Ziele sind schnell aufgelistet:
Für ihn ist es wichtig, dass es im Interesse der Nutzer gestaltet wird.
Ein dringliches Problem sei der wirksame Schutz des Urheberrechts.
Herr Neumann denkt dabei anscheinend nicht, dass dies ein Widerspruch ist, denn laut ihm bedeutet ein starkes Urheberrecht anscheinend den Schutz derjenigen Medien, die die wahre Wahrheit verbreiten:
„Eine sinnvolle Auswahl ist nur möglich durch kritischen Umgang, durch Unterscheidung und Bewertung. Um dies zu leisten, muss man erst einmal vergleichen können. So wie Literaturkritik ohne Vergleich mit Referenzwerken der Weltliteratur nur eine halbe Sache wäre, ist auch der Umgang mit der Google- und Facebook-Welt ohne Bezug auf gesicherte Informationen und Wertungen nicht ausreichend“
Wie wahr das ist, weiss jeder, der sich selbst mal mit einem Thema genauer beschäftigt. Bei mir sehe ich das gerade bei der Berichterstattung der Ölkatastrophe, wo die „gesicherten Informationen“ leider recht unpräzise und sehr verkürzt sind und vor allem meist keine Quellenangaben beinhalten.
Zudem zeigt diese Haltung ein Weltbild, das die Nutzer mit (eher unmündigen) Konsumenten gleichsetzt. Und sehr bedenklich finde ich zudem den Begriff „gesicherte Wertungen“.
Die Frage nach der Kompetenz
Mit dem Ansinnen der Regulierung verbinden sich natürlich diverse Fragen.
Die erste wäre, ob denn Herr Neumann in der Lage ist abzuschätzen, was eine Regulierung bedeutet. Mit anderen Worten: Ist er im Internet aktiv und wenn ja, in welchem Ausmass?
Nun kann man natürlich argumentieren, dass man als Politiker nicht alles gemacht haben kann, worüber es Entscheidungen zu treffen gilt. So wird man auch nicht fordern, dass man bei Gesetzen zur Atomkraft erstmal ein Atomkraftwerk betrieben haben muss.
Aber beim Internet liegen die Gesetzmässigkeiten vielleicht etwas anders. Denn das Internet ist ein Medium, was alle nutzen (oder nutzen werden). Es ist ein Medium, was in der Lage ist, unsere komplette Gesellschaft umzukrempeln. Aber es ist vor allem eben ein Medium und dies bedeutet, dass man es nur durch die selbständige Nutzung voll erfassen kann.
Staatliche Deregulierung tut not!
Die grundsätzlichere Frage ist aber, ob denn das Internet reguliert werden muss. Meiner Meinung nach braucht man zwar eine Grundregulierung, aber nur im Bereich der Infrastruktur, nicht jedoch im Bereich der Inhalte. Die Grundvorraussetzung muss nur sein, dass es für jeden Bürger möglich sein muss, ungefilterten Zugang zum Internet zu bekommen.
Was Inhalte betrifft, so muss eher dereguliert werden. Man müsste eigentlich jedes relevante Gesetz durchgehen und sich genau überlegen, ob es noch benötigt wird und wenn ja, in welcher Form. Dabei sind natürlich die Interessen der Gesellschaft deutlich höher als die der Industrie zu werten. Das Ziel muss sein, dass wirklich jedermann im Internet des Publizierens fähig ist und nicht nur ausgebildete Journalisten, die den (komplizierten) Rechtsrahmen kennen. Es muss möglich sein, ohne Angst vor Repressionen zu publizieren.
Denn mehr Regulierung bedeutet mitnichten eine bessere Qualität, wie man an Mainstream-Medien sehen kann. Dies betrifft das Urheberrecht aber auch andere Dinge wie Persönlichkeitsschutz usw.
Auf der anderen Seite, nämlich den Konsumenten, muss man dagegen eher wieder den kritischen Umgang mit den Medien fördern, als sie in einer illusorischen Sicherheit zu wiegen, dass schon alles richtig sein wird.
Das Internet reguliert sich selbst
Die Idee, dass im Internet der wilde Westen herrschen würde, kann wohl nur von Personen kommen, die es selbst nie wirklich genutzt haben. Das Internet nämlich ist nicht nur eine Ansammlung von bedenklichen Inhalten, sondern vor allem ein Kommunikationsmedium, das Menschen mehr vernetzt, als es je ein Medium bislang getan hat.
Dies bedeutet auch, dass man sich in einem fortwährenden Feedback-Loop befindet, der über Landesgrenzen hinaus funktioniert. Damit geht aber auch eine Selbstregulierung einher, denn es ist eben diese globale Gesellschaft, die sich regeln setzt und die z.B. auch Fehlinformationen aufdecken kann. Auch hier muss aber sicherlich noch mehr getan werden, so dass Informationen eben hinterfragt als einfach nur weitergeleitet werden.
Bevor man also von staatlicher Seite versucht, alle Staaten unter einen Hut zu bringen, sollte man eher das nutzen, was schon vorhanden ist: Die vernetzte Internet-Community. Diese ist sehr wohl in der Lage, sich zu regulieren, denn wie anders sonst ist es möglich, dass das Internet und die Kommunikation darüber überhaupt noch funktionieren?
Daher mein Appell an den Staat: Finger weg von Internet-Inhalten und lieber mal die Chancen als die Risiken untersuchen und fördern!