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re:publica, Tag 0

Berlin, da bin ich! Und eines was auffällt: Berlin ist ganz schön stressig, denn es gibt einfach zu viele Veranstaltungen, wo man hingehen könnte und es gibt zuviele Leute, die man treffen könnte.

Aber meine Wahl hab ich dann getroffen und habe Montag abend ein bisschen was aus der Enquete gehört (was ich dank Bahnfahrt nicht so wirklich live mitverfolgen konnte) und heute war ich zunächst beim Internet Governance Forum Deutschland in der Landesvertretung Sachsen-Anhalt, dann beim Vortrag von Jan Schmidt über politische Bildung und soziale Netzwerke und schlussendlich noch beim Spackeria-Treff im Restaurant Zosch.

Enquete

Montag abend gab es zunächst ein Treffen u.a. mit ein paar Mitgliedern der Enquete, das spontan per Twitter organisiert wurde. Thema war natürlich auch der Datenschutzbericht, wobei das Problem aber ist, dass man im Moment gar nicht so genau weiss, was eigentlich abgestimmt wurde. Der finale Bericht dauert ja noch etwas.

Dies ist umso bedauerlicher, da es ja inzwischen schon zig Pressemeldungen dazu gibt, die man aber alle mangels Endprodukt schlecht verifizieren kann.

Generell wäre es daher schön, wenn man ein Tool hätte, dass die abzustimmenden Alternativen anzeigt und wo das Sekretariat dann während der Abstimmungen direkt die Gewinner auswählen könnte. Vielleicht auch eine praktische Erweiterung für enquetebeteiligung.de.

Leider ist die Lesbarkeit der Papiere ja nur sehr eingeschränkt gegeben, die Reihenfolge stimmt nicht und man muss viel zu viel klicken. Aber dies sind ja genau die Dinge, die ich hoffte, aus diesem Einsatz von Adhocracy zu lernen, so dass man es dann verbessern kann (wenn denn Zeit ist).

Dazu nötig wäre aber natürlich auch, dass die Enquete ausschliesslich in Adhocracy arbeitet und nicht noch separate Dokumente unterhält, wo diese Alternativvorschläge dann aufgelistet sind. Diese müssen schon in Adhocracy eingestellt sein!

IGF

Vom Internet Governance Forum habe ich eigentlich erst letztes Jahr gehört, als deren Versammlung in Vilnius stattfand. Es war eine Veranstaltung, wo Leute aus vielen Bereichen zusammenkamen und an grossen runden Tischen, viel auch ohne Panel-Setup, ergebnisoffen diskutierten.

Auch online war das super aufbereitet, es gab 7 Livestreams aus den 7 Workshops, zwischen denen man umschalten konnte (Programm direkt daneben, wenn ich mich recht erinnere) und es gab ein Live-Transkript.

An sowas dachte ich also, als ich am Vortag vom Meeting des IGF Deutschland hörte. Leider weit gefehlt, denn es war eine 08/15-Politiker-auf-Panels-Veranstaltung garniert mit monotonen Vorträgen und wenig bis keiner Diskussion mit dem Publikum (und ohne Livestream oder Twitterwall).

Die Positionen zu den Themen Netzneutralität, VDS, Netzsperren usw. sind ja an sich bekannt und daran hat natürlich auch kein Panel irgendwas geändert. Was mich teilweise aber immer wieder wundert ist, wie Politiker relativ ungeniert über Dinge reden, über die sie an sich keine Ahnung haben. So war Frau Kolb, Innenministerin von Sachsen-Anhalt, recht überrascht, dass die IP-Adressen plötzlich ausgingen und sehr erfreut, dass es dann direkt IPv6 gab, was sie dann erklärte (Ausrichter war der Verband der Internetwirtschaft!). Ich würde mich niemals trauen, mich z.B. vor Ärzte zu stellen und mit ein wenig Halbwissen neue Therapien zu erklären, aber Politiker scheinen da schmerzfreier.

Gut war natürlich, dass man gegen Vorratsdatenspeicherung und für Netzneutralität war, irritiert war ich aber von ihrer Meinung zu Partizipation. Da geht es ihr zufolge darum, die Beteiligung online zu gewährleisten, die auch in Real Life möglich ist, aber evtl. müsse man Verhaltenkodizes entwickeln. Zudem (ich weiss aber nicht, ob ich das falsch verstanden habe) sei es sehr wichtig, dass Dinge, die in gewissen Zirkeln gesagt wurden, auch dort bleiben und nur mit Genehmigung dort rausgetragen werden dürfen. Hinterzimmer muss also Hinterzimmer bleiben! Und dass im Internet vielleicht mehr geht als in Real Life, ist ihr anscheinend auch fremd.

Auch gewisse Mobbing-Sites kamen natürlich vor, nämlich bei der Vertreterin des BMJ. Das müsse man dafür sorgen, dass man solchen Äußerungen auch widersprechen können muss. Wie man sich die Durchsetzung so vorstellt und die Prüfung der Rechtmässigkeit, die Auswirkungen auf die Presse, Meinungsfreiheit usw., wurde leider nicht beleuchtet.

Das Thema Datenschutz und Privatsphäre kam natürlich auch vor und dazu gab es zumindest eine kleine, lebhaftere Diskussion auf Twitter. Auf dem Panel aber ging es mehr um die Meinung, dass wir in Deutschland ja schon soooo weit seien und alle, die alles über sich im Netz preisgeben, noch viel zu lernen hätten. Das dies auch ein sinnvoller Standpunkt sein könnte, zieht man gar nicht erst in Betracht. Die Spackeria (die man im übrigen kannte) hat da also noch viel zu tun. Dieselbe Meinung vertritt man ja auch gegenüber Jugendlichen, die Dinge über sich im Netz preisgeben, die ihnen bestimmt irgendwann mal schaden. Wie genau, wird ja nie gesagt, aber irgendwann bestimmt (dabei haben die Jugendlichen, die ich getroffen habe, schon eine sehr klare Vorstellung davon gehabt, wer was sehen darf und wie man das einstellt).

Bitte keine Panels mehr!

Über all diese Punkte wirklich im Detail zu diskutieren, war natürlich nicht möglich. Dazu fehlt die Zeit und wahrscheinlich auch der Wille. Und so waren auch hier wieder die Kaffeepausen eigentlich das ergiebigere. Leider hat man hier noch nicht den Schluss gezogen, diese Kaffeepausen-Gespräche zu institutionalisieren und Open Spaces, Unconference oder ein Barcamp draus zu machen.

Aber man war dem offen gegenüber. Mehr als man heute hatte, braucht man ja auch nicht, man lässt nämlich einfach das Programm weg und bittet die Teilnehmer, sich selbst eins auszudenken. Dann wären noch Leute gut, die mal mitprotokollieren. Bei Panels ohne Ergebnis ist das natürlich nicht wichtig, aber wenn man z.B. ein Brainstorming macht, dann schon.

Da man sich das durchaus vorstellen konnte zu tun, hoffe ich mal, dass es auch passiert. Für Rückfragen und Hilfestellung stehe ich auf jeden Fall bereit.

PB21

Später bin ich dann rüber in die Kalkscheune zu einem Vortrag von Jan Schmidt zum Thema „Schöne neue Welt? Web 2.0 – Veränderungen, Herausforderungen, Chancen“.

Dies war mal ganz erfrischend! Es ging mal nicht um Risiken und all das, sondern um eine Bestandsaufnahme, wie soziale Netzwerke überhaupt genutzt werden. Es ging darum, welche Chancen sich ergeben, z.B. für die Vernetzung und natürlich auch die politische Bildung. Und es ging um Kontrollverlust, da man nicht so genau weiss, wer denn genau der Empfänger der Nachricht ist.

Es ging aber auch um die Frage, ob Facebook und Co. als Wirtschaftsunternehmen die richtigen Kanäle sind und wie es denn dort mit Mitbestimmung aussieht. Gegengehalten wurden die Kaffeehäuser, in denen früher die politischen Diskussionen stattfanden. Auch dort hätte man ja unliebsame Zeitgenossen rauswerfen können.

Und es ging auch hier um Privatsphäre. Jan Schmidt stellte einen (natürlich hinkenden) Vergleich zu den einsehbaren Wohnzimmern in den Niederlanden her. Dort passieren private Dinge, die theoretisch jeder einsehen kann. Nur macht es keiner. Denn es ist in den Niederlanden nicht derjenige verpönt, der soviel preisgibt, sondern der, der vor dem Fenster stehenbleibt und reinglotzt. Es kommt also auf die Perspektive an. Vielleicht etwas, wovon die Datenschutzdebatte in Deutschland etwas lernen kann, denn IMHO müsste es auch hier mehr um die Frage der ungewünschten Datennutzung (z.B. bei Personalchefs) als um die Freigabe der Daten gehen, zumal die auch sogar einen größeren Nutzen haben als die Wohnzimmer ohne Gardinen im Nachbarland.

Gut war auch die nachfolgende Diskussion, denn es gab einen Livestream, eine Twitterwall und Fragen auch aus dem Netz (eine davon dann allerdings von mir ;-) ). So muss das sein!

Insgesamt also schonmal ein recht voller 0. Tag der re:publica, der im Restaurant Zosch bei Bier und Post Privacy-Diskussionen endete.

Morgen geht’s weiter!

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