Der Economist hat ja oft gute Artikel auch zu Web- und Internetthemen und so auch in einer der letzten Ausgaben, wo es um Wikipedia ging und darum, was eigentlich drin stehen sollte.
Die grundsätzliche Frage ist, wie umfassend diese Online-Enzyklopädie denn sein soll. Soll sie nur die wichtigen Dinge beinhalten oder soll sie alles beinhalten, egal wie belanglos es ist. Darüber wird gestritten und es gibt 2 Parteien: Die „Inclusionists“ und die „Deletionists“. Die einen sagen, es soll alles rein, z.B. auch jeder Pokémon-Character, egal ob er nur in einer Folge auftrat oder in mehreren. Die anderen sagen, diese Beliebigkeit bedrohe den Ruf von Wikipedia als erstklassiges Nachschlagewerk.
Wer hat Recht?
Ich persönlich tendiere ja dazu, den Inclusionists zuzusprechen, aus folgenden Gründen:
- Man hat im Web nicht die Beschränkungen, die man auf Papier hat, man kann also auch alles eintragen. Man muss sich nicht aufgrund einer Seitenzahl und Produktionskosten für eine Auswahl entscheiden.
- Web2.0 steht auch für Long Tail und eines der großen Vorteile, die ich sehe ist die große Vielfalt in Wikipedia. Egal was ich suche, dort finde ich Informationen darüber.
- Es ist schwierig oder wohl eher unmöglich, Qualitätsmaßstäbe anzulegen für das, was rein darf und was nicht. Darüber gab und gibt es auch immer noch Streit und eine Unzahl von Regeln, die dies regeln sollen, aber nicht können (z.B. wieviele Google-Treffer ein Begriff hat. Wird er dann aber aufgrund solch einer Entscheidung viel diskutiert (ist passiert), so hat er plötzlich recht viele und darf dann rein. Das klingt dann schon etwas seltsam.
- Man schreckt potentielle Wikipedia-Schreiber ab, indem man die Latte hochlegt für das, was rein darf und was nicht. Hat man etwas geschrieben, von dem man überzeugt ist, dass es wichtig ist, will man es auch dort sehen. Wird es abgelehnt, schreibt man vielleicht nie wieder etwas, vielleicht auch nicht über ein Thema, welches das Potential hätte aufgenommen zu werden.
Aus all diesen Gründen erscheint mir die Strategie alles zuzulassen, sinniger. Der Standpunkt der Deletionists, dass Qualität zählt ist für mich etwas schwierig zu fassen. Was Qualität ist, dass sollte jeder für sich entscheiden. Wenn ich einen Artikel über ein Nischenthema finde, der gut recherchiert ist, aber nur mich und 3 Leute auf der Welt interessiert, so ist dies für mich Qualität. Ist er nicht da, suche ich nach Alternativen, oder (wenn ich genügend genervt bin) mache ein alternatives Wikipedia auf. Web2.0 lebt vom Long Tail und dagegen anzurennen macht IMHO wenig Sinn.
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