Manuel Höferlin hat sich ja gestern auf seinem Blog über die Beteiligung rund um die Internet-Enquete ausgelassen. Recht hat er, auch wenn er ein paar Dinge verwechselt hat, die ich in diesem Re-Post hier mal zurecht gerückt habe:
Von Anfang an war klar, dass es die „Netzgemeinde“ schwer haben wird, wenn sie moderne Methoden der Kommunikation mit der Internetenquete einbinden will. Ängst in der Politik sind nicht immer unbedingt jene, die ich als begründet bezeichnen würde. Innovationen brauchen hier meistens viel zuviel Zeit. Dies fängt bei der Frage an, ob man es irgendwann mal schafft, bei den Live-Übertragungen Bauchbinden einzublenden und endet noch lange nicht bei der Transparenz der Arbeitsgruppen.
Schon ganz einfache Fragen, z.B. ob man das Arbeitsprogramm so ohne weiteres veröffentlichen wurden in zumindest einer Arbeitsgruppe der Enquete-Kommission negativ beantwortet. Zeitnahe Protokolle der öffentlichen Sitzungen mussten hart erkämpft werden. Wir, die „Netzgemeinde“, hatten uns zum Start der Kommission Mitarbeit und die schnelle Umsetzung der Onlinebeteiligung gewünscht. Deswegen hatten wir dort schon Live-Streams und intensive Zusammenarbeit gefordert. Leider fand dieser Vorschlag dort nicht die erwünschte breite Resonanz!
Nun muss man immer weitere Formen der Beteiligung fordern und sich Gedanken darüber machen, wie die Meinungen und Diskussionen aus der Enquete ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Das ist richtig und wichtig! Und so sind ein paar Mitglieder der Enquete-Kommission und der „Netzgemeinde“ auch bei Adhocracy gelandet. Ein Tool, das möglicherweise die Art und Weise der Kommunikation in die Meinungsfindung und -bildung revolutionieren hätte können. Oder auch nicht, denn ein Tool hilft nicht, wenn der Wille zu Kooperation und Transparenz bei den Beteiligten nicht vorhanden ist.
Und genau an diesem Punkt entbrannte nun die Diskussion:
- Beteiligen sich überhaupt Enquete-Mitglieder an einem solchen Tool?
- Warum werden die bisherigen Möglichkeiten der Mitwirkung von den Mitgliedern der Enquete nur partiell oder eher gar nicht genutzt?
- Sind die Verfechter von geschlossenen Meetings und von-oben-herab-Politik auch bereit, sich mit Meinungen von Bürgern auseinanderzusetzen und diese ernst zu nehmen und in ihre Arbeit einfliessen zu lassen?
- Warum sollten wir bis zu 80.000 EUR für ein Werkzeug ausgeben, das Open Source ist und wo die Community vielleicht mitentwickeln würde?
- Warum sollte man Geld für den ganzen Ausschuss-Betrieb ausgeben, wenn nicht klar ist, was in diesen Hinterzimmern eigentlich passiert? Wird da strukturiert gearbeitet oder prallen nur Meinungen ohne Faktencheck aufeinander? Haben Lobbyisten dort das Sagen oder nicht und wieviel?
Darüber nachzudenken, hat absolut nichts damit zu tun, die Würde des Parlaments zu verletzen. Es ist Ausdruck eines verantwortlichen Umgangs mit Bürgern. Und umgekehrt frage ich mich auch, warum ich immer wieder von den selben Personen – eine überschaubare Zahl – Argumente gegen Transparenz erhalte. Gibt es wirklich eine breite Bereitschaft, an die Arbeit der Enquete öffentlich zu machen? Und welche Schlüsse sollten wir in der „Netzgemeinde“ daraus ziehen?
Muss zuerst Input von der Enquete kommen, bevor der Bürger mitdiskutieren kann? Oder soll ich von Bürgern erwarten, dass sie aus dem Nichts druckreife Konzepte erarbeiten, ohne die Diskussion innerhalb der Enquete mitzubekommen oder zu wissen, was mit ihrem Input schlussendlich eigentlich passiert?
Ich glaube, ersteres stimmt!
Liebe Mitglieder der Enquete: Solange Ihr euch nicht mehr einbringt, und zwar auch gerne über die vorhandenen Kanäle wie Twitter und diversen Etherpad-Servern, tun wir Bürger uns schwer, Feedback, Argumente und Ideen zu liefern. Und ja: Ihr solltet weitere Schritte für eine Information der Bürger schaffen.
Die Entscheidung der IuK-Kommission kam aus heiterem Himmel und wurde vorher nie als Möglichkeit thematisiert. Wir Internet-affinen Bürger haben die Diskussion schon immer skeptisch begleitet und schlussendlich mit unserer Skepsis recht behalten, da auch der Ältestenrat nun der Weiterarbeit an Adhocracy eine Absage erteilt hat. Es wird auch gar nichts mehr evaluiert. Die Entscheidung für die Zukunft ist gefallen und hing nur davon ab, dass es an relevanter Stelle nicht gewollt war. Jammern hilft nicht! Jetzt gilt es für die Enquete Arbeitsmaterialien, Texte und Argumente auch ohne offizielles Adhocracy im Netz abzulegen! Wir machen den Rest!
Die drei Netzpolitiker der FDP-Fraktion haben heute Vormittag einen weiteren Vorschlag machen, wie in der Zwischenzeit verfahren werden kann. Leider ist dieser nicht zielführend, wenn nicht in der ganzen Enquete der Wille zur Zusammenarbeit vorhanden ist. Es wird sich also zeigen, ob die lauten Töne des heutigen Tages ernsthaftes Anliegen für mehr Beteiligung war oder nur gespielte Empörung, politisches bashing oder Geltungsbedürfnis.
Ich zähle auf die Mitglieder der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft!
Und ich hoffe, dass alle Beteiligten und Interessierten zur Enquete auf möglichst vielen Wegen beitragen. Lasst uns gemeinsam zeigen, wie Bürgerbeteiligung funktionieren kann!