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Dialog Internet: Mein Tag in ausführlich

Naja, eigentlich war es ja kein Tag, sondern nur 1 Stunde in der produktiv gearbeitet wurde. Der Rest war Grußwort, Erklärungen, Zusammenfassungen, Imbiss und dergleichen. Doch wovon spreche ich überhaupt? Hier also die etwas ausführlichere Einleitung.

Was ist es?

Es geht um den vom Familienministerium ausgerufenen Dialog Internet, der sich um das Thema Jugend und Internet drehen soll. Eingeladen wurden verschiedene Verbände aus dem Jugendbereich, Unternehmensvertreter, aber auch die berühmt berüchtigten Digital Natives, also Leute aus der sogenannten Netz-Community. So wohl auch ich.

Wie lief es ab?

Der ganze Dialog soll in mehreren Stufen erfolgen, gestern war eben Stufe eins, bei der zunächst Fragen gesammelt werden sollten. Da sich Fragen anscheinend nicht von selbst sammeln, wurden schon Fragen vorgegeben, die man auch auf der Online-Plattform einsehen kann. Nach der Diskussion kann ich aber sagen, dass nicht alle Fragen unbedingt sinnvoll sind (insbesondere die Fragen nach den Risiken sehe ich als eine Frage, die 6 mal anders formuliert wurde, an).

Der Ablauf war etwas seltsam, orientiert sich aber wohl an der World Café-Methode, wobei die Betonung eher auf „orientiert“ zu setzen ist – man sprach von einer Digitalisierung der Methode, die es so noch nicht gegeben hätte. Denn schreibt man normalerweise Ideen auf die Tischdecke, so wurde dies hier durch einen Protokollanten mit Laptop und grossem Monitor ersetzt, der elektronisch protokollierte (nur als Hinweis: Ich habe auch während des Diskutierens mehr notiert als die, da könne man also noch optimieren). Hinzu kam ein Moderator, der die Diskussion am Tisch leitete. So ganz klar schien der eigentliche Ablauf den Teilnehmern, Organisatoren und Moderatoren aber wohl bis kurz vor der Veranstaltung auch nicht zu sein.

Was wir also nachher hatten waren 6 Tische mit jeweils einer Gruppe von ca. (bei uns) 8 Personen, zu der ab und an Frau Schröder und Cherno Jobatey (Moderator des Events) hinzustiessen. Jede Gruppe bearbeitete dann zunächst 2 Fragen zu den Risiken und dann 2 zu den Chancen des Internets (oder andersrum). Nachdem man dann 30 Minuten über den einen Block diskutiert hatte (also 15 Minuten pro Frage) wurden dann die Tische gewechselt. Das hiess allerdings nicht, dass man dann mit anderen Leuten an einem Tisch sass, sondern dass die komplette Truppe den Tisch mit einer anderen Gruppe tauschte. Beim Schreiben auf die Tischdecke macht dies natürlich Sinn, wenn man aber eh alles elektronisch hat, kann man sich das evtl. auch sparen, zumal wir die vorherigen Erkenntnisse bei uns am Tisch eh nicht eingesehen haben (da man dazu auch scrollen hätte müssen usw.). Zudem werden in der Originalmethode auch die Personen neu durchgewürfelt, was hier leider nicht geschah, weshalb man eigentlich nur die Leute am eigenen Tisch ein wenig näher kennenlernte.

Die generelle Idee war nun, dass man aus diesen 6 Initiativfragen pro Block (also Chancen und Risiken) neue Fragen entwickelt, schaut, ob die überhaupt Sinn machen oder was vielleicht fehlt. Zu der Trennung in Chancen und Risiken, die ja z.B. Mario Sixtus kritisiert hatte, meinte Frau Schröder noch, dass man sich die Trennung in Chancen und Risiken bewusst so ausgedacht hätte, da man ansonsten die Gefahr sah, dass nur über Risiken diskutiert wird (ob das jetzt soviel gebracht hat, sei aber mal dahingestellt).

Ansonsten wurden die Tische eben einmal gewechselt, vorher gab es noch Grußwort und Einführung, danach Imbiß und dann eine Zusammenfassung im Plenum. Es stand dann noch Get Together auf dem Programm, aber das war eher ein schnelles Lichten der Reihen, was ich sehr schade fand, da man eben nur die Leute am eigenen Tisch wirklich kennenlernte (manch einer war aber schon bei der Zusammenfassung nicht mehr da, mir schien, das es auch damit zusammenhing, dass sie hauptsächlich da waren, um ihre eigene Position zu vertreten).

Was kam nun bei raus? Zunächst: Risiken

Ich kann ja nur für meinen Tisch sprechen und ein bisschen für das, was man so nachher hörte. So begann es direkt erstmal mit klaren Forderungen, vor allem der Unternehmensvertreter. So wurde z.B. gefordert, dass sich ausländische Internet-Dienste auch an deutsche Standards halten müssten, denn sonst hätte man ja ein Ungleichgewicht im Markt und im Ausland eben einen Vorteil. Gemeint war hier vor allem Facebook, die sich nicht an den deutschen Jugendschutz und Datenschutz halten. Bei Autos sei es ja auch so, dass sich ein chinesischer Wagen sich deutsche Qualitätsstandards halten müsse, wenn er hier verkauft wird. Genau so solle dies auch bei Internetdiensten sein. Wie genau man sich das aber nun vorstelle, ob Facebook dann alle Regulierungen aller Länder implementieren müsste und was im Fall eines Nichtbeachtens passiert (etwa Sperrung?), blieb offen. Die Meinung war aber wohl auch keine Mehrheitsmeinung, wurde aber immer und immer wieder thematisiert.

Eine andere Meinung, die sofort kam, war die Gefahr von Tauschbörsen etc. (wie etwa kino.to) für den Jugendschutz. So könne man ja bald schön labeln dank JMStV, aber wenn man dann auf Tauschbörsen alles illegal bekommen könne, wäre das ja ein Problem für den Jugendschutz und man müsse da auch die ISPs in die Verantwortung nehmen. Dass es hier aber doch eher um Unternehmensvorteile und nicht Jugendschutz geht, sollte wohl klar sein. Als ich dann aber eine andere Meinung dazu hatte, hiess es direkt von jemandem „So kommen wir aber nicht weiter“. Soviel also zu den angeblich nicht so verhärteten Fronten, von denen Frau Schröder sprach. Man muss aber zugute halten, dass sich die Diskussion nach den ersten danach doch merklich entspannte und man auch nach Fragen suchte.

Ich sprach dann mal das Thema Studien an und für mich wäre eine Frage: „Was für Studien gibt es denn in dem Bereich?“. Ich habe zudem meine Untersuchung der Studien zur Pornographie erwähnt, jedoch kam der Einwand, dass es hier ja nicht nur um eine Jugendschutz- sondern auch um eine Wertediskussion gehen würde, die keiner wissenschaftlichen Grundlage bedarf. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass man die Wertediskussion vielleicht von der Schutzdiskussion trennen müsse und auch ggf. Gesetze modernisieren muss, wo notwendig. Weiterhin stellte ich die Frage, ob der Staat denn die Werte vorgeben solle und ob das nicht Teil der Aufgabe der Eltern sein muss. Man bemerkte dazu, dass die ganzen Verbände ja den Wertekanon der Gesellschaft vertreten würden. Hier kamen wir auf die Frage, wie man die Diskussion um diese Werte dann neu motivieren kann.

Eine andere Frage war, wie gross die Kluft zwischen Eltern und Kindern denn sei. Ob denn die Eltern wirklich wissen, was ihre Kinder da eigentlich machen. Es gab da einerseits die Meinung, dass bei der heutigen Generation die Kluft nicht mehr so gross wäre, dem wurde aber auch widersprochen und hinzugefügt, dass es auch bei den Verbänden eine gewisse Kluft gäbe. An dieser Stelle muss man dann aber eigentlich fragen: Wieso sassen eigentlich keine Jugendlichen mit am Tisch? Die hätten uns doch sicher Auskunft geben können!

Andere Fragen, die noch aufkamen waren, wie man den Unternehmen Jugendschutz näherbringen kann und wie man Erziehende in die Lage versetzen kann, Jugendlichen und Kindern diese Dinge fundiert beizubringen. Ein Klops war dann noch, dass jemand Personen unter 16 Jahren grundsätzlich als unmündig definierte, die unseres Schutzes bedürfen. Dem wurde jedoch von eigentlich allen Seiten widersprochen. Auch dies hätte man mal einen 15-jährigen fragen sollen.

Chancen!

Nach dem Tischwechsel dann also die Chancen, wobei wir einerseits die Frage erörterten, wie man neue demokratische Beteiligungsformen für Jugendliche finden kann und wie staatliche und private Akteure zu besserer digitalen Integration und Medienkompetenz beitragen können.

Für mich stellte sich hier erstmal generell die Frage, ob wir denn heute schon alle Chancen kennen können und ob es nicht eher darum gehen muss, diese Möglichkeit zur Entwicklung neuer Chancen und Innovationen zu erhalten oder gar zu fördern.

Bei der Frage nach der demokratischen Teilhabe stellen sich eigentlich dieselben Fragen, die sich auch bei Erwachsenen stellen. Wie also bekommt man mehr Transparenz und mehr Partizipation hin? Und wer soll dies umsetzen. Frau Schröder erklärte nochmals, dass es für einen Abgeordneten teilweise gar nicht zu leisten sei, alle Fragen detailreich zu beantworten, wo ich aber einwarf, dass sich dann evtl. auch das System anpassen muss. Es muss ja nicht jeder Abgeordnete alles wissen, es reicht ja, wenn die Information irgendwo online zu finden ist. Frage wäre also eher, die man sowas ermöglichen kann.

Als Beispiel für ein Partizipationstool wurden auch die Wahlumfragen/Wahl-O-Mat bei StudiVZ und Co. genannt (wobei ich mich aber frage, wo da die grosse Partizipation liegt. Ist ja nicht mehr als eben zu wählen). Hier fügt sich die Frage an, wie man die Entstehung neuer Partizipationsmöglichkeiten motivieren kann. Es wurde aber auch angemerkt, dass die bestehenden Systeme ja schon recht partizipativ sind, siehe Twitter und Co. und als politisches Beispiel Stuttgart 21. Hier könne man ja auch hingehen und den Jugendlichen beibringen, wie sie eigene Inhalte wie Videos, Podcasts usw. erstellen können (natürlich: Ohne dabei ein Risiko einzugehen).

Ich warf noch die Frage ein, wie man denn Leute dazu animieren kann, ihre Meinung auch zu sagen. Es wurde entgegnet, dass dies doch schon stattfände und man müsse das doch gar nicht fördern. Aber: Findet das auch bei Jugendlichen statt? Findet das wirklich auch im grossen Maßstab statt? Und zudem beisst sich das ja auch immer mit dem Drängen auf Datenschutz. Will ich meine Meinung kundtun, muss ich auch etwas über mich preisgeben. Globales Dorf geht eben nur ganz oder gar nicht. So hätte ich z.B. nicht dort am Tisch gesessen, hätte ich meine Meinung immer nur meinen x besten Freunden, die ich auch persönlich kenne, mitgeteilt.

Ein weiterer Punkt war, dass Trends auf sozialen Netzwerken evtl. recht schnell erkennbar seien und dass man dort auch ganz andere Umfragen machen mit viel mehr Beteiligung (dann doch wieder Wahlomat).

Beim Thema Medienkompetenz war die Frage, was man damit denn eigentlich meint. Es wurden recht allgemeine Formulierungen in den Raum geworfen, z.B. dass man Medien nutzt, ohne sich Risiken auszusetzen. Doch da stellt sich die Frage: Was sind denn das für Risiken und sind das wirklich konkrete Risiken oder doch nur abstraktere Ängste, die den Jugendlichen eher fremd sind? Es war auch die Frage im Raum, wie man diese am besten vermittelt und ob es da vielleicht auch Partnerschaften zwischen Medienpädagogen und Unternehmen geben könne.

Das Bild vom besoffenen Jugendlichen, der dann keinen Job bekommt, kam natürlich auch vor, mit dem Hinweis, dass man das bei Facebook gar nicht mehr löschen könne. Dies mündete in der Frage, ob es denn ausreichend ist, wenn man das vorher weiss oder ob es auch immer um die richtigen Default-Einstellungen gehen muss (aber wie sähe dann Twitter aus?). Mir wurde in dem Zusammenhang auch geraten, dies nicht aus meiner Perspektive alleine zu sehen, da ich ja intellektuell gebildet sei (echt?) und man aber auch an diejenigen denken müsse, die das nicht sind. (Ich sehe hier aber das Kernproblem eher in der Frage: Warum sind sie es nicht und wie ändert man das. Oder auch: Wie sehen die Statistiken denn in den USA aus, wo ja dann alles ganz schrecklich sein muss).

Von den anderen Tischen

Soviel also mal von meinem Tisch. Bei den anderen Tischen hörte ich das meiste bei den Zusammenfassungen und man muss sagen, dass so richtig schreckliche Dinge eigentlich nicht dabei waren. So wurde gefragt, ob denn Freiheit wirklich eingeschränkt werden darf oder ob die zum Erwachsenwerden nicht vielleicht auch notwendig ist. Es wurde zudem ein Realitätscheck gefordert. Was sind denn die Probleme der Jugendlichen? Wie gross ist die Kluft wirklich? Es kam wohl an einigen Tischen auch die Meinung auf, man könne ja unmöglich bei Null beginnen worauf aber doch erwiedert wurde: Doch, man muss!

Hier sind auf jeden Fall die Zusammenfassungen (bis zum Speicherkartenende), die ich mitgeschnitten habe:

Kritik und Fazit

Insgesamt fand ich die Veranstaltung und Zusammensetzung schon recht gelungen, vor allem, da man eben auch mit „der anderen Seite“ mal ins Gespräch kam. So stehen die meisten wohl auch hinter ihrer Sache, kennen aber leider das Internet kaum. Allerdings gab es natürlich auch Lobbystimmen und Angst um Töpfe. So stellt sich ja z.B. auch die Frage, ob es sowas wie eine Anschubfinanzierung für gewisse Projekte geben kann, die dann ausläuft. Dies bedeutet dann aber auch, dass so ein Projekt einen funktionierenden Businessplan haben muss, bevor man Geld reinsteckt. Ob das immer so gegeben ist, bezweifelte so manch einer.

Die gewählte Methode ist vielleicht noch etwas optimierungsbedürftig, denn nicht immer ist eine Digitalisierung einer analogen Methode sinnvoll und besser. Auf Tischdecken zu schreiben oder ähnliches hätte sicher interessant sein können, da man dann beim Tischwechsel vor sich schon ein paar Ideen stehen hätte, die einen inspirieren.

Auch die Einbindung der Öffentlichkeit hätte besser sein können. Es gab zwar ein Social Media-Team, das ein Monitoring durchgeführt hat, aber die Öffentlichkeit bekam ja kaum Input. Hier hätte man vielleicht die Protokollanten in ein Etherpad pro Tisch schreiben lassen können, so dass dies auf der Website einsehbar und auch ergänzbar ist.

Ob die Unterteilung in Chancen und Risiken so gut war, weiss ich immer noch nicht, denn auch so geht es immer um Risiken, wobei ich mir auch an die eigene Nase fassen muss. Denn auch ich habe natürlich Risiken genannt, aber eben nicht die für Jugendliche, sondern die für das Netz, schliesslich gibt es da ja einen Tradeoff, ohne den wir da nicht gesessen hätten. Und so hat man eben das Problem, dass die Chance des einen immer das Risiko des anderen ist.

Dann weiss ich nicht, ob die Vorfestlegung auf die Fragen so gut war bzw. ist. Dies sieht man ja vor allem in der Internetpräsenz des Dialogs, wo diese eben als Hauptpunkte in den Boxen auftauchen. Die kann man zwar kommentieren und bewerten, aber irgendwie bleiben die ja doch dort als Eckpunkte erstmal stehen, obwohl wir auch so manche Fragen in Zweifel gezogen haben (z.B. da ja die Frage nach Freiheitseinschränkung schon suggeriert, dass diese notwendig sei).

Wie schon erwähnt, war auch die Festlegung auf die Tische nicht ganz optimal, da man wenig Leute kennenlernte. Zudem hat man auch nur 1 Stunde konstruktiv gearbeitet, der Rest war so drumrum. Wir hätten teilweise am Tisch gerne noch weiterdiskutiert, aber das ging halt nicht. Mit anderen Tischen eben schon gar nicht. Und wir hätten sicherlich auch ohne die Anwesenheit der Ministerin (die wohl am meisten mitbekommen haben dürfte, da sie die Tische regelmässig wechselte) weitermachen können.

Soviel mal zu meinen Verbesserungsvorschlägen. Umgesetzt werden können die eh nicht mehr, weil die nächste Veranstaltung wohl klassisch als Arbeitsgruppen organisiert wird (genauer gesagt zwei Arbeitsgruppen: Chancen und Risiken). So manch ein Teilnehmer schien aber auch der Idee eines Barcamps nicht abgeneigt, aber das wird wohl eher nicht passieren.

Insgesamt fand ich die Veranstaltung aber schon ganz gut, eben vor allem wegen den anderen Meinungen, die eben an kleinen Tischen auch besser ausgetauscht werden können, als in grossen Runden. Insofern wäre es schön, wenn die Arbeitsgruppenphase auch eher aus kleinen Arbeitsgruppen bestehen würde und das irgendwie nach Themen oder Fragen sortiert wäre und nicht nach Risiko/Chance.

Ich bin also gespannt, wie es weitergeht und werde zusätzliche Fragen dann auch noch online eintragen (wobei das definitiv zuviel Geklicke ist auf der Site).

Bilder von mir gibt es übrigens hier.

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