Zunächst einmal: Was ist überhaupt INDECT?
Das steht für „intelligent information system supporting observation,
searching and detection for security of citizens in urban environment“ und ist ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt.
Es wird auf deren Homepage wie folgt beschrieben:
INDECT aims at developing tools for enhancing security of citizens and protecting confidentiality of recorded and stored information. INDECT targets crimes both in virtual (e.g. Internet child pornography, promotion of totalitarian symbols, trafficking in human organs,spread of botnets, viruses, malware) and real environments (e.g. terrorism, hooliganism, thievery). Furthermore, INDECT targets also threat detection (e.g. fire, artificial crowd, abandoned luggage, and people on rails).
Und da das etwas schwammig ist, gibt es von den Forschern auch ein Präsentationsvideo:
Also alles super, sollet man meinen, wenn da nicht das Ding mit den Bürgerrechten wäre.
Genauer nämlich ist es, laut den Nachforschungen der Piratenpartei, wie folgt:
INDECT will erforschen, wie sich im Netz mithilfe automatisierter Suchroutinen “Gewalt”, “Bedrohungen” und “anormales Verhalten” finden lassen. Wer beispielsweise bei YouTube ein “Drohvideo” geposted hat, soll mithilfe von Überwachungskameras vollautomatisch gesucht, via Suchmaschine identifiziert und mittels mobilen Geräten oder gar Schwärmen von fliegenden Drohnen verfolgt werden. Außerdem will man Suchmaschinen zur schnellen Identifizierung von Personen und Dokumenten entwickeln und Suchprogramme, die “ständig” und “automatisch” öffentliche Quellen wie Websites, Foren, Usenet-Gruppen, Fileserver, P2P-Netzwerke und “individuelle Computersysteme” durchsuchen.
Ausserdem gibt es bei den Piraten wohl bislang unveröffentlichte Dokumente zu INDECT und dazu heisst es:
Überwachungskameras nutzen präventiv die biometrischen Daten aus Pässen, um Personen zu identifizieren. Wie die veröffentlichten Dokumente verraten, sollen durch mangelhaft konzipierte Umfragen unter Polizisten stereotype Gefährder-Profile geschaffen werden: Wie sehen Taschendiebe, Hooligans oder Terroristen aus? Woran erkennt man Vandalismus, Überfälle oder Personen, die Hilfe benötigen? Das Projekt weiß eine Antwort darauf: Generell ist jeder verdächtig, der auf der Straße läuft, rennt oder zu schnell fährt. Wer im öffentlichen Nahverkehr auf dem Fußboden sitzt, zu lange mitfährt oder sein Gepäck vergisst, muss ebenfalls mit Maßnahmen der Sicherheitskräfte rechnen. Genauso verdächtig sind „herumlungern“, sich mit zu vielen Personen treffen und fluchen.
Insofern ist hier auch die Erfassung von biometrischen Daten für den neuen Personalausweis kritisch zu sehen.
Kritik nun aus der EU
Nun ist das Projekt zwar ein Forschungsprojekt der EU, aber das heisst nicht, dass dem alle zustimmen, da diesem Projekt ja auch Bürgerrechte diametral gegenüberstehen.
Laut heise.de spricht Alexander Alvaro, innenpolitischer Sprecher der FDP im EU-Parlament, von einer „Menschensuchmaschine“:
Mit Fördergeldern der Union werde an einer großen „Menschensuchmaschine“ geforscht. Diese solle „die gleichzeitige Überwachung und Abgleichung von Internetseiten, Videomaterial aus Überwachungskameras und privaten Computern ermöglichen“. Gegen die Unterstützung unabhängiger Forschung sei zwar nichts einzuwenden. Die Dimension der Unternehmung sei aber so groß, „dass hier keine abschließenden Tatsachen geschaffen werden dürfen“.
Es gibt dazu ein PDF, das nun zur Unterzeichnung offensteht. Die Kernpunkte:
The European Parliament,
– having regard to Rule 123 of its Rules of Procedure,[…]
1. Emphasizes its commitment to safeguard civil liberties of the European citizens;
2. Expresses concern about function creep, the possible impact on fundamental rights and the danger that researched technologies, respectively collected information are used by public actors or third parties;
3. Strongly urges the Commission to immediately make all documents related to INDECT available and to define a clear and strict mandate for the research goal, the application and the end users of INDECT;
4. Instructs its President to forward this declaration, together with the names of the signatories to Commission and Council.
Unterschreibt die Mehrheit der Abgeordneten dieses Dokument, so muss sich die Kommission darum kümmern. Zu wünschen wäre dies, insbesondere dieses Projekt eher im Stillen abläuft und es wohl sogar nun einen „Ethikbeirat“ gibt, der entscheidet, welche Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen und welche nicht. Eigentlich also ein PR-Beirat.