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Die regulierte Regulierung der regulierten Selbstregulierung

Einer der Workshops des Jugendmedienschutz-Kongresses der Grünen in Wiesbaden am 17.6.2011 (der aber eher eine Podiumsdiskussion war) hatte den schönen Titel „Die regulierte Selbstregulierung auf dem Prüfstand“ und war mit Folker Hönge (FSK), Sabine Frank (FSM) und Joachim von Gottberg (FSF) besetzt.

Zunächst wurden die einzelnen Einrichtungen vorgestellt:

  • Die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) ist die älteste (1949 gegründet) dieser Institutionen und ist sozusagen die Mutter aller Selbstkontrollen. Sie hat auch den größten Einfluss, denn kein Film in deutschen Kinos ohne FSK-Kennzeichnung und damit 100% Abdeckung.
  • Die FSF (Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen) startete 1993. Sie ist allerdings von einer 100% Abdeckung weit entfernt, da es einfach zu viele Sender und auch zuviel Material gibt. Wie die FSK auch arbeitet sie mit einem Vorlageverfahren, wo Sender Inhalte zur Prüfung vorlegen. Generell sieht Joachim von Gottberg den Fokus allerdings mehr auf Medienkompetenz denn auf Kontrolle.
  • Die FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia) startete 2005 und beschäftigt sich mit Multimedia-Inhalten. Im Vergleich zu FSK und FSF gibt es hier kein Vorlageverfahren, da es wenig Sinn macht. Stattdessen werden Systeme vorgelegt, wie z.B. die Datenschutzbedingungen und Kontepte. Dazu gibt es eine Zusammenarbeit mit Unternehmen, bei der z.B. Verhaltenskodizes für Social Networks (sie nennen es Social Communities) erarbeitet werden. Zudem betreibt die FSM eine Beschwerdestelle (jährlich wohl 700 Beschwerden, 25% davon betrifft Kinderpornographie, aber auch generell Pornographie und Rechtsradikalismus kommen vor) und hat fragFinn mit angeschoben. Sabine Frank stellte zudem nach meinem Vortrag am Morgen klar, dass die Gremien pluralistisch besetzt seien und es auch nicht nur um Pornos ginge, sondern vor allem um Mobbing, was ja im Endeffekt auch eine Wertefrage sei. Die FSM gibt Unternehmen dabei drei Optionen an die Hand: Klassifizierung von Inhalten, Sendezeitbegrenzungen (einzige Option, sich heute rechtstreu zu verhalten), sonstige technische Mittel (im Internet nicht genutzt, wäre z.B. durch Abfrage der Personalausweisnummer)

Diskussion

Die Diskussion (allerdings mehr zwischen den Podiumsteilnehmern) ging zunächst in die Richtung, was die Institutionen der freiwilligen Selbstregulierung eigentlich leisten sollen.

So ging es um die Frage der Altersgrenzen (die ich in meinem morgentlichen Vortrag ja auch kritisch gesehen hatte). Hier war Joachim von Gottberg der Meinung, dass man diese eher nicht ändern sollte, obwohl er sie selbst für nicht mehr relevant hielt. Dennoch seien sie als Richtschnur sinnvoll, so dass ein 10-jähriger vielleicht eher einschätzen kann, dass ein Film ab 16 verstörend auf ihn wirken kann. Sie seien kulturell anerkannt und dienten so als Richtschnur. Auch wäre das Problem, dass es bei einer einzigen Änderung nicht bleiben könne, da sie dauernd an die sich ändernden entwicklungspsychologischen Fähigkeiten von Kindern angepasst werden müssten. Schlussendlich würde eine Diskussion darüber auch nie zu einem Ergebnis führen.

Gottberg fuhr fort, dass zudem der Tabubruch wichtig sei, um eine Diskussion über eine geänderte Wertevorstellung anzustossen. Insofern sei auch die regulierte Selbstregulierung sinnvoll und er ist froh, dass es die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM, sie wacht über alle Selbstkontrolleinrichtungen) gibt, da es ohne eine Institution, die die Regeln überwacht, nicht funktionieren würde.

Allerdings sei noch Optimierungsbedarf gegeben, denn vieles wird doppelt geprüft (z.B. erst für Kino, dann für Fernsehen nochmal). Dies könnte man wohl mit einem neuen JMStV ändern. Auch solle man mehr Geld für Medienkompetenzvermittlung als für Kontrolle ausgeben.

Sabine Frank (FSM) bekräftigte dies und die FSM würde auch solche Projekte verfolgen. Die FSM arbeitet zudem gerade an einem Klassifizierungstool, was aber vielleicht auch ein Informations- oder Vorschlagstool werden könnte.

Lehrerüberforderung

Kurz vor Ende gab es dann auch noch eine etwas offenere Diskussion. Dort berichtet dann ein Lehrer aus seinem Alltag. So gab es wohl einige Schüler, die wegen isharegossip Angst hatten, zur Schule zu gehen. Weiterhin würden viele Schüler kein Bewusstsein dafür haben, was mit ihren Daten auf Facebook passiert, z.B. mit Fotos. Dies müsse man in der Schule eigentlich alles thematisieren, nur fehlen leider die Zeit und die Mittel dafür. Weiterhin würde die Zahl der Alleinerziehenden steigen und Ganztagsschulen seien nicht die Regel. Als Resultat seien Kinder daher mehrere Stunden am Tag ohne Kontrolle und Betreuung. Dabei wäre dies wichtig, wird aber im Moment nur nebenbei gemacht.

Wo war der Prüfstand?

So richtig auf dem Prüfstand stand die freiwillige Selbstkontrolle leider nicht, was bei einem Panel nur mit FS*-Vetretern natürlich auch illusorisch ist. Insofern bleibt eine Tätigkeitsbeschreibung und die (nicht wirklich neue) Erkenntnis, dass man mehr Zeit für Kinder braucht und Medienkompetenzvermittlung besser als Kontrolle sei. Was diese ominöse Medienkompetenz eigentlich ist, blieb aber auch hier wieder offen.

 

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