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Mein Fazit der S21-Schlichtung: Und es geht doch!

Wie oft hört man von Politikern immer, wenn es um Transparenz geht: „Das geht doch gar nicht“, man könne so nicht arbeiten usw. usf. So richtig ausprobiert hat es zwar keiner, aber wie ich hörte gibt es schlechte Beispiele (bitte in den Kommentaren auflisten!). Aber auch wenn es die gibt, ist anscheinend nicht die Frage, was man anders machen kann, damit es doch funktioniert, sondern das Ergebnis ist: Es geht halt nicht.
Dieselbe Meinung wurde natürlich auch im Vorfeld der Schlichtung wieder vorgetragen und es ist allein Heiner Geißler zu verdanken, dass dies nun auch mal widerlegt wurde. Die Schlichtung zeigt einfach: Wenn man nur will, dann geht es auch!

Während der Schlichterspruch wohl kaum alle jetzt zu dicken Freunden machen wird und kann (dazu kommt dieser Event einfach zu spät), hat die Schlichtung trotzdem viel erreicht und man kann auch jetzt schon einiges auflisten, was an positiven, aber auch an verbesserungswürdigen Punkten beim Verfahren an sich herauskam.

Es besteht Interesse

Laut Phoenix wurde die Schlichtungen von Millionen Menschen live per TV und von 100.000enden per Live-Stream verfolgt. Dass Bürger sich also überfordert zeigen und sich für Details nicht interessieren, ist definitiv nicht der Fall. Zudem kann ich selbst sagen: Soviel über die Bahn und Großprojekte gelernt habe ich zuvor nicht!

Man kann über Fakten diskutieren

Fakten können durchaus diskutiert werden. Balkonreden dagegen gab es eigentlich so gut wie gar nicht. Vieles liegt hier natürlich am Schlichter Heiner Geißler, aber generell sieht man: Es geht.

Allgemeinverständlichkeit ist noch verbesserungswürdig

Viele der Experten waren es augenscheinlich nicht gewohnt, vor einem Laienpublikum zu sprechen und sie waren teilweise auch überfordert, ihre Fachsprache in allgemein verständliche Statements zu übersetzen. Dies war vor allem zu Beginn ein Problem, wurde aber meiner Meinung nach später besser. Zumindest war man mehr und mehr bemüht, Fachbegriffe wie „Durchbindung“ oder „Taktlücken“ zu erklären.

Wichtig ist, dass hierbei nicht unbedingt das Verständnis des Sachverhalts ein Problem ist, sondern einfach die verwendete Fachsprache.

Wenn sich solch ein transparenterer Politikstil also durchsetzen sollte, dann müsste man auch daran arbeiten, dass Fachleute sich verständlicher ausdrücken. Sollten solche Veranstaltungen öfter durchgeführt werden, ergibt sich das ggf. aber auch von selbst, da der Druck vorhanden ist. Zudem mag die Allgemeinheit auch die Fachbegriffe nach und nach erlernen oder wissen, wo man sie nachschlägt (Wikipedia hat allerdings teilweise das gleiche Fachsprachenproblem).

Der Vortragsstil ist oft verbesserungswürdig

Wie man gut präsentiert, das lernt man eigentlich nirgends. Das Resultat sind Powerpoint-Folien mit Bulletpoints, viel zu pfielen Veilen oder Kringeln, zu kleiner Schrift usw. Hier ist vielleicht auch die Bildungspolitik gefragt. Weg allein vom Erlernen, hin auch zur Weitervermittlung von Wissen. Dazu müsste dann auch gehören, eine gewisse Sicherheit beim öffentlichen Vortrag zu erlangen. Das hilft ja auch nicht nur bei solchen Anlässen.

Es müssen wirklich alle Fakten auf den Tisch

Bei der Schlichtung war es oft so, dass die Contra-Seite einen Sachverhalt dargestellt hat und dann die Pro-Seite (also die Bahn) anmahnte, dass sie ja von falschen Voraussetzungen ausgegangen seien bzw. gar nicht alle Fakten hätten. So z.B. bei der Frage, wie teuer ein Tunnelkilometer nun wirklich ist (Schätzungen basierend auf Gesamtkosten vs. internes Wissen).

Will man sinnvolle Alternativvorschläge erarbeiten, ist dies natürlich ein Problem. Die Bahn hat sich dabei auch oft auf Ausschreibungsstrategien herausgeredet, was ja ja zu Recht von Heiner Geißler angemahnt wurde.

Hier wäre also zu untersuchen, ob es wirklich ein Problem für Ausschreibungen besteht und wie man dieses lösen kann. Hier sollte man dazu kommen, dass soviel wie möglich auf den Tisch kommen kann.

Es braucht viele Heiner Geißlers

Klar ist wohl auch, dass die ganze Schlichtung anders verlaufen wäre, wenn nicht Heiner Geißler sie geleitet hätte. Er hat darauf geachtet, dass die Vorträge allgemeinverständlich blieben, dass Politiker sich im Zaum hielten und nicht in Kindergartenverhalten verfielen und dass man insgesamt auch zum Punkt kam. Nun kann er sicherlich nicht alle in Zukunft stattfinden Veranstaltungen leiten und so ergibt sich die Aufgabe, für entsprechendes Personal zu sorgen. Die Vorgehensweise, irgendwen aus irgendeiner Partei zu bestimmen, ist dabei sicherlich nicht immer konstruktiv. Dies mag daher evtl. die größte Aufgabe in diesem Zusammenhang sein, die es zu bewältigen gilt.

Man muss früher beginnen

Veranstaltungen wie die Schlichtung mit Live-Stream und ähnlichem werden eigentlich nur durchgeführt, wenn das Problem schon festgefahren ist. Das ist aber zu spät, denn eine Lösung ist dann relativ schwierig, Verträge sind geschlossen, die Planungen weit gediehen, ein Ausstieg würde teuer und eine Verspätung sicherlich auch. Das wurde je heute morgen auch von den Beteiligten der Schlichtung erwähnt. Ob sie es natürlich in Zukunft wirklich beherzigen werden, da bin ich eher skeptisch.

Beginnt man aber früh, hat man die Chance, dass solche Gräben gar nicht erst entstehen. Auch bleibt dem Bürger am Ende mehr, als nur zu meckern. Alternativvorschläge können eben nur mit Fakten erstellt werden.

Es müssen alle an einem Tisch sitzen

Es bringt wenig, wenn alle Parteien getrennt diskutieren und Positionen erarbeiten. Das führt ja zwangsläufig zu Gräben, die später nur schwer geschlossen werden können. Dennoch sehen wir genau dasselbe in Sachen Netzpolitik. Hier gibt es eine Gruppe von „Offlinern“ und die „Netzgemeinschaft“ und nur sehr selten setzt man sich zusammen und wenn, dann meist nicht öffentlich (insofern setzen sich nur Vertreter der „Netzgemeinschaft“ an den Tisch, die zudem ja auch nicht gewählt wurden). Was wir sehen, sind auch hier Gräben, die durch mehr Kommunikation sicherlich geglättet werden könnten.

Fazit

Das Gute an der Schlichtung ist, dass man ab jetzt immer auf diese verweisen kann, wenn nochmal jemand sagt „Das geht ja gar nicht“. Es geht. Es braucht sicherlich eine andere politische Struktur als im Moment vorhanden ist, aber das kann man ja ändern. Sicherlich ist auch noch nicht alles perfekt, aber man kann daran arbeiten.

Dass dies aber nun passieren wird, da bin ich skeptisch. Wir haben gestern bei der Enquete wieder sehen können, wie sehr sich doch an sich alle Beteiligten gegen eine Öffnung mit Händen und Füssen wehren.

Doch all die von den Transparenz-Gegnern genannten Probleme sind lösbar, wenn man nur will! Und die Schlichtung zeigt den Weg auf.

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