Dies ist ein Live-Transcript der 6. Sitzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. Wie immer gilt: Es ist unvollständig, hat Fehler und ich übernehme keine Gewähr. Im Zweifel sollte man das Video dazu schauen oder auf das Protokoll warten (so es eines geben wird).
Datum: 4.10.2010, 13 Uhr
Geladene Experten
- Andreas Bogk (Chaos-Computer-Club)
- Sebastian von Bomhard (Spacenet AG)
- Thomas Aidan Curran (Deutsche Telekom AG)
- Lutz Donnerhacke (IKS GmbH)
- Falk Lüke (Verbraucherzentrale Bundesverband)
- Tim Mois (SIPGate GmbH)
- Udo Schäfer (Alcatel-Lucent AG)
- Dr. Simon Schlauri (Privatdozent Universität Zürich, Rechtsanwalt)
- Dr. Tobias Schmid (Mediengruppe RTL Deutschland)
- Harald A. Summa (DE-CIX Management GmbH)
Vorstellung
Andreas Bogk (CCC)
Experte des CCC zu verschiedenen technischen Themen
Für CCC ist NN nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein demokratisches Thema. Jeder kann und darf ein Sender und Empfänger sein.
Auch zur Wahrnehmung von demokratischen Rechten
2 Punkte:
- QoS, Netzwerkmanagement, DPI (hier: Sobald man in Paket reinguckt, halten wir die NN für verletzt. Es kann aber durchaus technische Gründe für Andersbehandlung geben)
- Peering-Politik: Aufgrund von Marktmacht können Bedingungen definiert werden, die die kleineren Anbieter benachteiligt
Sebastian von Bomhard (Spacenet)
Hat den Internetmarkt von Anfang an begleitet. Infrastruktur teilweise mit gestaltet.
Spricht nicht für Mobilfunk, sondern Sicht des klassischen Internetproviders
Regulierung als Ultima Ratio ist noch gar nicht gefordert
Die beobachteten Phänomene können mit den normalen Mitteln des Marktes geregelt werden
Beispiele:
- Wenn jemand etwas sperrt, ist das bislang immer zum Bumerang geworden
- Durchleitung von Daten: Auch hier wird sich das rausstellen
Das Internet ist für sich so transparent, dass der Markt so schnell nicht aus den Fugen gerät. Marktversagen ist noch nicht eingetreten
NN ist kein Ziel, sondern eine Etappe. Für welche wahren Ziele brauchen wir NN? Beispiele: Fairer Wettbewerb, gleicher Zugang für alle. Eine echte NN hat es noch nie gegeben, so wie es schon immer Kapazitätsengpässe gegeben hat.
Thomas Aidan Curran (Deutsche Telekom AG)
Es ist uns eine Ehre, hier dabeizusein. Wir sind Schwergewicht des Internets, national wie international.
Nur durch intelligente Verkehrssteuerung kann die Funktionssicherheit des Netzes abgesichert werden.
Netzwerkmanegement wird von ??? ausdrücklich erlaubt. Diskutiert werden sollte nicht nur das Ob, sondern das Wie. Es muss eine Definition gefunden werden, die alle Interessenvertreter berücksichtigt.
Aus Sicht der Telekom besteht kein Anlass zu zusätzlichen Regulierungen, da Wettbewerb.
Wir werden definierte Qualitätsstufen anbieten, nicht diskriminierend. Dadurch Zugang zu neuen Diensten, die sonst keine Chance hätten.
Wir sind auch Infrastrukturanbieter. Wir haben einige Millionen Kunden, uns beschäftigt nicht nur das Netz, sondern auch die Interessen dieser Kunden.
Lutz Donnerhacke (IKS GmbH)
Stellen sie sich vor, ich würde Ihnen hier einen Kürbis hinsetzen. Der wächst sehr schnell und keiner kann vorhersehen, wo die grossen Kürbisse wachsen. Ähnlich im Netz. Unklar, wo demnächst der neue Internethype sein wird. Man darf es daher nicht in ein Korsett stecken und nicht versuchen, es in eine Bahn zu lenken, die momentan gerade genehm ist.
Hat das Internet mit in Deutschland aufgebaut. Spacenet hat Kundennummer 2, wir haben Kundennummer 4 bei ECRC. Hier als Vertreter eines relative kleinen ISPs.
Die Situation, die gerade schwebt bedeutet für uns evtl. das Aus. Ein kleines Unternemen kann dadurch relativ leicht vom Markt verschwinden.
Es stellt sich heraus, dass in vielen Fällen Qualität doch recht punktuell gemeint ist. Kann man denn nicht dafür sorgen, dass ein Internetanschluss einen gewissen Mindestanspruch hat. Dazu müssen viele Provider im Internet zusammenarbeiten. Man muss von einem ISP zum nächsten kommen, ähnlich wie Strassennetz. Ein ähnliches Vorgehen wie beim Strassennetz erwarte ich auch im Internet.
Im Augenblick ist Internet viel Firmenpolitik, eine Befreiung davon wäre eine grosse Bereicherung.
Die Frage ist: Wie haben Sie denn die Qualität eingekauft, so dass ein User mit DSL in xxx einen vernünftigen Ton bekommt? Das können sie nicht einkaufen, das ist NN. Sie können immer nur Teilstücke einkaufen, keine kompletten Strecken.
Kapazitätsengpässe werden wir immer haben, da Markt im Breitbandgeschäft seit Jahren kaputt. Perringpunkte werden massiv überbucht.
Die Frage ist: Wir müssen uns zwischen NN und Dumpingpreisen entscheiden
Falk Lüke (Verbraucherzentrale Bundesverband)
Bislang haben wir mit dem Netz als Best-Effort-Modell recht gute Erfahrung gemacht. Es wird eben nicht unterschieden, ob man zuhause einen kleinen Server betreibt oder ob es Google ist, die Server betreiben. Paketvermittelnde Dienste sind ein grosser Zugewinn gegenüber leitungsvermittelnden Netzen.
Frage: Dürfen bestimmte Dienste diskriminiert werden? Darf ich priorisieren, dass ich etwas andere diskriminiere? Wie soll das gehen? Wer möchte am Ende eigentlich festlegen, was wichtig ist und was nicht.
Aus Verbrauchersicht ist es nicht günstig, zu einer Leitungsvermittlung zurückzukommen. Durch Priorisierung würde eine Verknappung der Bandbreite möglich, das wollen wir nicht.
Best-Effort-Modell sollte erhalten bleiben
Tim Mois (SIPGate GmbH)
Der entscheidene Teil bei unseren Produkten ist, dass sie ohne Leitung funktionieren. Wir sind Anbieter, wir stellen Services bereit und sind davon abhängig, dass sie durch das Netz geleitet werden. Wir sind auch schon von einem Marktversagen betroffen. So wird unser Service teilweise nicht zur Verfügung gestellt oder gestört. Wir sehen hier, dass es Probleme mit dem Wettbewerb gibt.
Diskriminierung auf der Diensteebene ist aus wettbewerbstechnischen Gründen sehr schwierig, auch aus Verbrauchersicht schwierig zu unterscheiden.
Udo Schäfer (Alcatel-Lucent AG)
Stellen Technik her. Hm..
Dr. Simon Schlauri (Privatdozent Universität Zürich, Rechtsanwalt)
Vertritt die Stimme der Wissenschaft. Der Ordnung halber: Komme aus Wissenschaft, hat aber Arbeitsvertrag mit grossem schweizer Telekomanbieter. Wird trotzdem die wissenschaftliche Sicht vertreten.
Ist in seiner Untersuchung zu einer gemässigten Definition von NN gekommen, differenzierte NN. Es geht darum, die Kraft des Internets zur Innovation darf nicht gebremst werden. Eine grosse Anzahl von unabhängigen Anbietern ist besser als ein paar wenige, die vertikal in ISPs integriert sind. Muss für alle Anwendungen offen bleiben.
Es geht auch um Medien-, informations- und Meinungsfreiheit.
In der Wissenschaft besteht Uneinigkeit, ob der Wettbewerb selber zur Wahrung der NN reicht. Mobilfunkbetreiber sagen, der Wettbewerb ist scharf. Es gibt aber Anbieter, die sich beschweren. Er selbst meint auch, dass Wettbewerb nicht reicht, aber was tun?
Erster Schritt wäre Transparenz, dass die Massnahmen offengelegt werden, so dass es auch Verbraucher verstehen. Das muss man möglichst bald einführen.
Reicht das? Wenn das nicht reicht, sollte man Massnahmen einführen.
- Es gibt das Prinzip der Nichtdiskriminierung, nicht zwischen Anbietern zu unterscheiden.
- Anwendungen dürfen nicht geblockt werden. (z.B. VoIP)
- ISPs dürfen nicht von Anbietern Geld verlangen dürfen, um Durchleitung zu Erlauben/Verbessern
- Unter bestimmten Bedingungen darf man priorisieren, dafür kann man auch Geld verlangen.
Dr. Tobias Schmid (Mediengruppe RTL Deutschland)
Spricht für die Kreativwirtschaft.
Zwei Prämissen:
- Als Vertreter eines Wirtschaftsunternehens aus schwer regulierten Bereich, stehen wir Regulierung immer kritisch gegenüber.
- Die Kreativwirtschaft war schon immer auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Nur so können deren Werke die Bevölkerung erreichen.
Informationstechnologie ist aber kein Selbstzweck, keine Technologie wie jede andere, hat eine gesellschaftliche Bedeutung. Ansonsten nur digitaler Handelsplatz. Daher Spannungsverhältnis zwischen wenig Einmischung, aber trotzdem Zugang.
Das Netz muss neutral sein, eine Priorisierung von Daten steht im Widerspruch zu …
Für zus. Dienste Geld zu verlangen, ist eine Absurdität. Auch Ende des pluralistischen Mediums Internet.
Bei Informationsinfrastruktur handelt es sich nicht um eine Schraubenfabrik.
Sollte man eine Differenzierung für erforderlich halten, so kann dies nicht durch die Infrastrukturbetreiber selbst erfolgen.
Kriterien könnten nur durch die Gesellschaft und wohl auch nur international getroffen werden.
Bei aller Euphorie zur digitalen Agenda: Wir müssen im Auge behalten, dass das, wofür wir das machen, keinen Schaden nimmt.
Technologie ist kein Selbstzweck.
Hinterfragen sie die Schreckensszenarien eines kollabierenden Netzes.
Harald A. Summa (DE-CIX Management GmbH)
Kleines Unternehmen, das aber eine wichtige Rolle in der Ökostruktur des Internet abbildet.
Wir vergessen manchmal, dass das Internet aus 32.000 Einzelnetzen besteht. Diese bilden das, was wir Internet nennen. Es gibt kein deutsches oder nationales Internet, sondern nur „das Internet“, ist per se international.
Alles andere sind IP-Netzwerke, gemanagte Netzwerke, die sich die Technologie des Internets zunutze machen. Die sind aber nicht „das Internet“.
Was hat das mit mir zu tun? Wie kommt z.B. eine E-Mail von einer Person hier zu einer anderen? Das würde bedeuten, dass man mit 32.000 Firmen in der Welt Verträge abschliessen muss. Das ist aber nicht machbar. Deswegen gibt es sogenannte Austauschpunkte.
Dort schalten sich Einzelnetze zusammen und übergeben Daten von A nach B (Peering).
Das funktioniert im Internet so, dass es ein privates Peering gibt, da kann man sich aussuchen, mit wem man peert.
Bei settlement free-Peering sind beim DE-CIX z.B. 350 Firmen zusammengeschlossen, die all ihren Traffic weiterleiten.
Was passiert, wenn sich jemand beim Peering verweigert? Dies bedeutet, dass das Paket über den sogenannten „Transit“ zu ihm kommt. Man braucht als ISP eigentlich nur 2 Leitungen: Einen zum Austauschpunkt und eine zum Transit.
Ich gebe die meisten Pakete zum Austauschpunkt, nur die, die ich nicht kenne, die gebe ich zum Transitprovider und muss dafür zahlen.
Kann man das weiter wachsen lassen? In Frankfurt ist noch genügend Bandbreite vorhanden.
Bemerkung zu Netzneutralität: Nur dort gefährdet, wo den Datentransporteueren die Verantwortung für die Inhalte übertragen wird.
1. Block: Technische Grundlagen, Auslastung von Netzen und Notwendigkeit von Netzwerkmanegement
Tauber (CDU): Was bedeutet, das bestehende Best-Effort-Prinzip bei Kapazitätsengpässen?
von Bomhard: Habe ja schon gesagt, dass es Engpässe schon immer gab. Eingriffe ins Netz sind bislang eher unter „Netztuning“ diskutiert werden. Verletzung der NN nur dann gegeben, wenn Neutralität als eigenes Gut festgestellt würde. Beispiel Gaming: Da kauft man normalerweise FastPath dazu, da würde aber niemand von einer Verletzung von NN sprechen.
Curran: Habe verstanden, dass sie über den Umgang mit Engpässen mehr erfahren wollen. Gibt viele Engpässe, z.B. bei frequenzbereichen (LTE usw.). Beim Anschluss zum Festnetz haben wir noch keine Engpässe, erwarten wir aber. Wir können bestimmte Bereiche schlecht beeinflussen, z.B. die Knoten im Internet, die wir schlecht beeinflussen können. Engpässe werden also existieren, können auch tageszeitabhängig sein, z.B. abends. Wir versuchen bewusst, die Kapazität deswegen zu erhöhen.
Dörmann (SPD): Netzbetreiber machen das Best-Effort-Prinzip gelten und man sagt, dass dieses an ihre Grenzen stösst, wenn man bestimmte Bandbreiten garantieren will. Sehen Sie eine Differenzierung als etwas Notwendiges oder Sinnvolles an oder ist das generell abzulehnen.
Donnerhacke: Die Qualität, die zur Bereitstellung eines Services quer durch’s Netz eingekauft werden muss, um die Qualitätsstufe zu garantieren, ist extrem schwer einzukaufen, sobald sie das eigene Netz verlässt. Sobald andere Betreiber dabei sind, sind dort bilaterale oder multilaterale Verinbarungen notwendig. Das wird daher praktisch nicht gemacht. Man hat keine Lust herauszubekommn, wer genau am Wegesrand liegt und dann Verträge zu schliessen. Kostet auch ein Heidengeld. Wenn man das quer durch Deutschland machen will mit 4 Providern, dann ist das knapp 1000 Euro/Monat (bei Verbindung von 2 Standorten). Das will niemand bezahlen. Funktioniert ja auch normalerweise mit Best Effort ganz gut bis auf Ausnahmen. Es ist wenig zielführend, das eigene Netz umzudeklarieren, um dieses frei auf dem Markt zu verkaufen und wir lassen 10 % übrig um so zu tun, als wären wir Endnutzer-Anbieter. Es gibt solche ISPs, die sitzen auch am Tisch. Ich habe Angst davor, da es eine Verknappung der Bandbreite ist, um sie dann wieder gegen Geld anzuheben.
Dörmann: Sie haben von Anbietern und Endkunden gesprochen. Bei Endkunden können Sie sich eine Differenzierung vorstellen. Was sind ihre Vorschläge für eine gesetzliche Regelung?
Schlauri: Manche Dinge funktionieren ohne Priorisierung schlecht bzw gar nicht, wie z.B. IPTV. Wenn wir das nicht wollen, können wir diese Dienste nicht mehr anbieten. D.h. eine Priorisierung kann den technischen Fortschritt fördern. Aber wenn wir das ohne Regulierung machen, könnte das dazu führen, dass der Best-Effort-Bereich zum Feldweg verkommt.
Man kann durchaus versuchen, das differenziert zu betrachten anstatt ein Verbot auszusprechen. Man könnte sagen, dass man verpflichtet, zumindest einen Best-Effort-Kanal bereitzuhalten. Der sollte die gleichen Qualitätsmerkmale wie der priorisierte Zugang haben und zwar zu einem angemessenem Preis. Ausnahme: In Spitzenzeiten kann Quali runtergehen.
Wichtig ist auch ein Nichtdiskriminierungsprinzip. Jeder Anwendungsanbieter, der diese Anwendung nutzen möchte, sollte die gleichen Bedingungen haben.
Schulz (FDP): Wie definieren Sie Netzneutralität?
von Bomhard: Bis vor kurzem war das irgendwie anders definiert als jetzt durch die Diskussion. Wir Provider verstanden die Selbstverpflichtung, den Datenschutz zu wahren und nicht in die Pakete reinzuschauen. Es war ein Kampfruf gegen den Versuch, die Provider dazu zu zwingen, die Inhalte irgendwie zu filtern. Jetzt kommt aber die Routing-Frage hinzu, sah ich bislang gar nicht unter Neutralität, geht ja hier auch um Tuning, Glätten von Peaks usw.
Es wurde ja auch schon versucht, die NN in verschiedenen Schritten zu definieren, halte ich aber für gefährlich, denn manche Inhalte sind ja schon durch technische Merkmale zu erkennen. So z.B. Ports bei SIPGate, allein nur durch Netzkennnummern.
Curran: In der einfachsten Ausprägung heisst, dass Datenpakete von A nach B transportiert werden, ohne einen Teilnehmer zu benachteiligen. Das ist aber naiv, da wir so tun, als hätten wir die Kontrolle über diesen Transport inne. Es gibt viele Elemente im Netz, die noch nie wirklich neutral waren. Da sind Software-Stacks usw., die es ermöglicht haben, Traffic so zu steuern, wie sie wollen.
Best-Effort entsteht aus den Teilnehmern, die das Netz steuern.
Es gibt jetzt ein Fortentwicklung des Internets, die wir alle hier nicht verhindern können. Es wird nicht alles so bleiben können, wie es heute passiert. (hier war noch was wichtiges, was ich verpasst habe).
Kurz (CCC): Wie würden sie sich konkrete Regulierungen im Bereich Peering vorstellen? (an Donnerhacke).
Donnerhacke: Peering ist aus technischer Sicht die Situation, dass man vor 2 Schränken steht, in dem einen ist der Router der einen Firma, auf der anderen Seite der der anderen Firma. Wieso kann man da nicht einfach ein Kabel reinstecken und den kurzen Weg nehmen?
Von der Struktur her ist es für das Internet eigentlich nicht normal, sich an zentralen Punkten zu sammeln. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, dann würde ich darum bitten, dass man das Ablehnen eines Peerings begründungspflichtig machen würde.
Kurz (CCC): Inwiefern wäre ein Ausbau der Bandbreite für die NN sinnvoll? Wie solle man das vielleicht regulieren (
Bogk: Was ist eigentlich das Problem? Im Moment herrscht Wettbewerbsdruck. Das Produkt, was man heutzutage kauft, ist normalerweise nicht das, was man erwartet. Man will Flatrates zu günstigem Preis. Dadurch sinkt die Netzqualität. QoS ist eine Antwort auf diese Marktstruktur. Andere Länder gehen aber hin und definieren eine Mindestbandbreite, so dass man das an eine Metrik koppelt. Wie definiert man eigentlich „Internet“, wann darf es noch so heissen, wann nicht? Beispiel: Wollte verschlüsselt Mail abholen, Telekom hat aber die Verbindung nicht erlaubt, da sie es für VoIP-Pakete hielt. Das dürfte schon nicht mehr Internet genannt werden.
Notz (Grüne): Gibt es Priorisierung ohne Diskriminierung? Wo genau treten denn Engpässe im Netz auf? Wann und wodurch? Vermischen wir das mit der Frage des Breitbandausbaus oder hängt das gar nicht damit zusammen?
Curran: Wir haben keine unbegrenzte Kapazität und daher entstehen immer Engpässe. Mit Netzmanagement glauben wir, dass wir eine vernünftige Lösung haben. Die Bedeutung von Netzwerkmanagement wird zunehmen. Es gibt viele Stellen, an denen Engpässe entstehen können, schwer pauschal zu beantworten. Das bedeuet auch Modernisierung mit grossen Kapitalaufwand. Dadurch werden wir diese Engpässe zum Teil lösen. Gibt es je ein Netz ohne Engpässe? Ich würde das mit Nein beantworten, da auch die Bandbreite der Services zunimmt. Daher können wir mit QoS und Netzwerkmanagement diese Engpässe verbessern.
Lüke: Ist kein Netzbetreiber, aber man sieht es ja schon am Mobilfunk, so wie von Bogk schon erklärt. Hier wird anscheinend schon herausgefiltert, aber nach welchen Kriterien? Natürlich kann die Telekom in ihrem grossen Netz machen, wenn 2 Kunden beide in diesem Netz hängen. Aber haben wir tatsächlich bei Lichtwellenleitern ein Problem mit der Kapazität? Oder taucht das nicht eher auf der letzten Meile auf?
18. SV: (15 Threads, 50 Beiträge, 8000 Views im Forum, aber auch ausserhalb). Wozu brauchen wir Netzneutralität eigentlich?
Lüke: Sie garantiert uns, dass Daten unbesehen von A nach B transportiert werden mit der bestmöglichen Art und Weise. Demokratietheoretisch ist das natürlich sehr willkommen, auch wettbewerbstheoretisch.
18. SV: zur Marktverknappung
Schäfer: Ne Menge Peerings arbeiten auch auf MPLS-Basis. Die MPLS-Tunnel sind die Strassen, die Pakete sind die Autos. Wenn die Strassen nun gleichbleiben und die Pakete mehr, dann haben wir ein Problem. Deswegen braucht es klare Regeln. In einem MPLS-basierten Netz gibt es daher Priorisierungen und es gibt kaum Backbones, die nicht auf MPLS-Basis funktionieren.
Lemke (CDU): Ist rein technisch eine garantierte End-to-End-Bandbreite in der Struktur in Deutschland, ist das überhaupt technisch machbar oder nicht?
Schäfer: Wenn wir über Ende-zu-Ende sprechen, dann ist das eine Ende bei uns zuhause, das andere Ende ist aber irgendwo. Allein durch die Laufzeit (Lichtgeschwindigkeit) wird die User-Experience definiert. Es ist daher schwierig, das zu garantieren.
Lemke: Welche konkreten Risiken sehen Sie eigentlich für die NN, wenn sie auf Anbieter mit vertikal integrierten Services treffen?
Schmid: Wie bei Skype gibt es das auch in anderen Bereichen, natürlicher Reflex des Unternehmens. Es gibt aber auch privilegierte Partnerschaften. Das kann aber Wettbewerb verzerren oder Gefahr für pluralistisches Medium.
Freude (AK Zensur): Welche Auswirkungen hat eine Einschränkung der NN auf Nutzer und kleinere Anbieter?
Bogk: Es stehen im Moment verschiedene Definitionen von NN im Raum. Was soll man gleichbehandeln? Anbieter, Dienste usw.? Ich würde lieber von Teilnehmer sprechen, da man nicht nur Sender oder Empfänger ist, sondern beides. Bei einer Einschränkung von NN würde auch die Möglichkeit eingeschränkt, selbst zu senden. Wir sehen gerade eine Demokratisierung der Kommunikation und auch einen grossen wirtschaftlichen Aufschwung. Vieles wurde auch zufällig durch Ausprobieren entdeckt. Erst dadurch kam es zu der Vielfalt, die wir heute sehen. Walled Garden wäre ein Rückschritt. Aus wirtschaftlichen und demokratischen Gründen wollen wir das nicht haben.
Lüke: Man kann nicht von „dem Verbraucher“ sprechen. Aber Konsumenten machen natürlich auch den Traffic. Wir wissen, dass das Netz auch immer Monopole und die grossen Anbieter könnten sich ja auch Verträge leisten, die diese Stellung festigen. Aus Sicht der Verbraucher ist das nicht wünschenswert.
Gersdorf: Je größer die Kapazitätsprobleme, desto größer der Prio-Bedarf und desto größer auch das Diskriminierungspotential. Jetzt zu Mobilfunk: Ist Seitens der Netzbetreiber angedacht, die LTE-Netze auch broadcastfähig zu machen, also Point-to-Multipoint zu verteilen. So könnten z.B. diese Dienste in den Funkzellen einen höheren QoS beanspruchen. Wer entscheidet, wer diesen Broadcast im LTE beanspruchen kann? Welche Kriterien gelten?
Curran: Geht um wirelesse. Es braucht einen hohen Kapitalaufwand, LTE einzuführen. LTE ist der nächste Schritt im Mobilfunk, erlaubt IP. Die Netze heute verhalten sich mobil und festnetz grösstenteils anders, da sie mal anders gedacht waren (Sprache). Die Möglichkeit, neue Dienstklassen einzuführen, stellt eine der vielen Optionen dar, um die man sich heute Gedanken macht, um Kapazitätsmanagement sicherzustellen. Engpässe durch Architektur dieser Netze, aber auch Rechtevergabe an Unternehmen, die eine bestimmte Dienstklasse erwarten (z.B. IPTV auf Handy). Wir wollen das Netz demnächst durch Dienstklassen anders managen als bisher. Geht aber nicht nur um LTE, wo Telekom per GSMA beteiligt ist. Wichtig ist auch internationale Interoperabilität.
Ich glaube nicht, dass dadurch individuelle Teilnehmer benachteiligt werden. Wer bereit ist, für eine bestimmte Infrastruktur Geld zu bezahlen, der bekommt das auch. Ist wie heute, aber es wird auf eine Dienstklassebene gehoben. Denn als Telekom müssen wir auch im internationalen Verkehr dafür bezahlen. Netze werden zusammenwachsen, dadurch können viele neue Dienstklassen entstehen. Genau wie heute erwarten wir, dass man dafür Geld bezahlt, ohne Nachteil für den Teilnehmer selbst.
Osthaus: Wie kann das technisch geschehen? DPI? Wer kann diese Differenzierung steuern? Ist es der Endnutzer, der Diensteanbieter oder der ISP?
Schlauri: Es gibt zum einen die Möglichkeit, bestimmte Datenströme zu priorisieren oder zu bremsen. Dann kann man sich überlegen, was man tun will. Will man z.B. VoIP generell priorisieren? Oder will man einen bestimmten VoIP-Betreiber priorisieren?
Wer genau den Einfluss nehmen kann, ist Frage der Ausgestaltung. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass dies zum Teil auch der Endbenutzer machen kann.
Mühlberg: Wenn wir mal die alte Definition von NN nehmen, können Sie sich Rahmenbedingungen vorstellen, dass man alles, was durch das Netz geht so behandelt, als wäre es verschlüsselt?
Bogk: Was derzeit aktiv in den Netzen passiert, ist dass man in jedes Paket reinschaut und das ggf. schneller weiterschickt. Wenn man so tut, als wäre das Paket verschlüsselt, dann geht das sicher in die richtige Richtung. Problem ist sicher ein QoS-Signal Ende-zu-Ende. Es gibt aber schon lange Flags in den Headern, die QoS bestimmen können. Wenn man wirklich priorisieren will, dann kann man sich darauf verständigen, dass nicht der Anbieter es entscheidet, sondern man selbst.
Kurz: ???
Schlauri: Zur Frage der Informationspflichten: Man sollte sie vorsehen für jeden Fall, wo ein ISP in den Datenverkehr eingreift. Problem ist natürlich, dass die Leute evtl. mit sowas überfordert sind (Jitter usw.). Gleichzeitig mit den technischen Angaben sollte man sagen, welche Dinge gehen oder nicht gehen. Wenn Telekom klein in AGBs reinschreibt, dass VoIP nicht geht, dann reicht das nicht. Das ist aber ein Zielkonflikt, wenn zuviel drinsteht, so dass es doch wieder niemand liest. Das kann dazu führen, dass sich der Wettbewerb verbessert.
Hofmann: Wie stellt es sich aus Sicht der Verbraucherschützer dar? Sie sagen ja, dass die mit viel Diskriminierung weniger nachgefragt werden. Aber wenn der ganze Wettbewerb nicht funktioniert, was nutzt das dann, vor allem wenn alles etwas anders zugeschnitten ist?
Lüke: Transparenz ist natürlich die Grundvoraussetzung generell für Markt. Das kann aber immer nur ein erster Schritt sein. Natürlich kann ein ISP ganz viel in seinem Vertrag behaupten, aber wie überprüft man das? Es muss auch ganz klar geregelt sein, zu berichten, was für Probleme auftreten. Evtl. darf man in Sonderfällen in die NN eingreifen, aber das soll ja nicht beliebig geschehen. Wenn einer die ganze Zeit Netzwerkmanagement betreiben muss, da die Bandbreite nicht ausreicht, dann hat er was verkauft, was er nicht einhalten kann.
Notz: Gibt es bestimmte Dienste, die eine Priorisierung erforderlich machen ohne sie durch ein eigenes Netz aus der Problemstellung herauszunehmen? Geht es überhaupt ohne DPI?
Bogk: Wir haben ja klassisch verschiedene Netze, Telefon usw. Bei Telefon habe ich eine garantierte Bandbreite und Jitter. Wenn man diese nun durch IP-Netze ersetzt, dann haben wir das Problem, dass das nicht mehr so passt. Es soll ja nicht ruckeln usw. Wenn ich aber ne grosse Datei runterladen, dann kann das ja auch ruhig etwas langsamer sein. Es gibt also schon Gründe, verschiedenen Traffic verschieden zu behandeln. Aber DPI muss dazu nicht her, sollte aus Datenschutzgründen schon gar nicht gemacht werden, wird aber schon gemacht. Ich als Endnutzer sollte das aber vielleicht entscheiden können, was ich will. DPI ist dazu nicht erforderlich, ist eine technische Krücke, da die richtige Lösung noch nicht fertig spezifiziert und implementiert ist.
18. SV: Welche Interessensgruppen gibt es überhaupt?
Donnerhacke: Kunden, die den Datenstrom beginnen oder beenden, Netzbetreiber, der den Datenstrom durchreicht. Wenn man gar nichts weiter definiert, dann hat man Best Effort. D.h. wenn es irgendwo eng wird, dann werden dort Pakete verloren vergehen. Welche das sind, interessiert bei strikter NN nicht. Wenn ich jetzt gestatte, QoS-Bits zu setzen, dann bekomme ich ein psychologisches Problem, dass ich meinem Kunden nicht zumuten kann, vernünftig zu reagieren, wenn er das entscheiden soll (Erfahrung). Dann sagen nachher alle Leute, alles ist wichtig und wir haben nichts gewonnen. Die einzigen, die in der Lage sind, die QoS-Kriterien festzulegen, sind die Netzbetreiber selbst. Dann muss aber jeder Netzbetreiber auf dem Weg das neu bewerten. Und ich muss auch dem Anbieter vertrauen, dass es z.B. wirklich VoIP-Daten sind. Man kann das über unterschiedliche Verbindungen zu machen, z.B. extra Anschluss für IP-Telefonie. Hier spielt auch noch Telekommunikationsüberwachung rein, damit abgehört werden kann.
18. SV: Herr Summa, können Sie a) bestätigen, dass Diensteanbieter für eine Internetanbindung ihren ISP üblicherweise bezahlen müssen – gegebenenfalls volumen- oder bandbreitenbasiert und b) etwas zum Peering und den Abrechnungsmodalitäten der ISPs untereinander sagen.
Summa: Normalerweise bekommt man etwas für seine Leistung, gibt aber auch kostenlose Hotspots. Abrechungsmodalitäten von Providern untereinander: Normalerweise baut sich ein ISP eine Wolke im Internet („sein Netz“). Dann hat er Endkunden und Vergütung durch Dienste. Wenn er das nun in andere Netze bringen will, braucht er im Extremfall nur 2 Leitungen: eine zum Austauschpunkt, dort zahlt man einen Betrag für eine bestimmte Bandbreite. Damit erreiche ich 80% des Internets. Die Netze, die nicht dort angeschlossen sind, kann ich über den Transit einkaufen. Dieser Verkehr wird normalerweise in MBits erkauft. heutzutage 1 GBit = 1/2 EUR. Diese Leistungen können sich untereinander verrechnen.
2. Block: Bewertung insb. hinsichtlich Netzwerkmanagement
Ring (KJM): Die Engpasssituation scheint ziemlich klar zu sein, wenn auch mit unterschiedlichen Auswirkungen je nach Netz. IPTV usw. tragen dazu bei. Best-Effort und Priorisierung, Spannungsfeld, Diensteklassen soll es geben, weil es notwendig ist. Frage: Wer kann Differenzierung steuern? Liegt es nicht auch im Interesse des Unternehmens sebst, einen Beitrag zu liefern dazu, dass der Steuerungsmechanismus zufriedenstellend gelöst wird? Wie sieht es aus mit Selbstregulierung?
Curran: Es fehlt an keiner Ecke bei uns, wenn es darum geht, neue Regeln aufzustellen. Wir regeln uns schon ganz gut selbst, manchmal sogar viel zu viel. Wichtigere Frage: Wir haben ein ungeregeltes internationales Ökosystem mit vielen Symbiosen, unausgesprochenen Regeln. Meister Traffic geht zu 15 Anbietern. Netzmanagement muss jeder selbst für sein Netz definieren. Das macht auch den Qualitätsunterschied zwischen Netzen aus. Unser Ruf ist an sich sehr gut, da wir auch viel Geld in Mitarbeiter uns SW (nicht nur Netz) investieren. Macht Selbstregulierung Sinn? Hängt davon ab, ob es uns gelingt, in diesem Ökosystem den verschiedenen Bedrohungen (neue Dienste) zu begegnen. Neue Dienste sollen nicht ausgeschlossen werden.
Jarzombek (CDU): Wenn man über eine wettbewerbliche Lösung den Kunden entscheiden lassen will, wie könnten dann Kategorien/Erkennungsmerkmale aussehen?
Bogk: Es gibt Leute mit Grundvertrauen in Wettbewerb, andere sind mehr für Regulierung, der Wettbewerb schaffen soll. Bei Fällen wie Infrastruktur, wie Strom, Bahn usw. meine ich, dass der Markt nicht von alleine entsteht. Hier meine ich, dass der Markt durch Regulierung an bestimmter Stelle entsteht. Was reguliert werden sollte, ist zum Einen eine Peering-Pflicht für alle Inhaber eine TK-Lizenz in Deutschland. b) ist eine Festlegung, was man unter Internet versteht, das muss vergleichbar sein (auch einfach zu verstehen, z.B. Gütesiegel). Man könnte das auch Qualitätsklassen nennen, z.B. Bulkdaten-Transfer. Das ist aber alles nicht fertig gedacht, auch Leute im technischen Feld sind sich uneins, was der richtige Weg ist. Alles dem Markt zu überlassen, das halte ich für relativ utopisch.
Schröder: Herr Bogk, Sie hatten ja das Beispiel mit den Expresspaketen gebracht. Früher bei der Post gab’s die Maxime „E+1“. Heute muß man fast alles per Express schicken, damit es rechtzeitig ankommt. Wann führt denn eine solche Regulierung zu Diskriminierung?
Bogk: Wenn man Sachen priorisiert, dann kann man leicht in die Versuchung gelangen, dass man das Einstiegsprodukt etwas schlechter macht, um das bessere besser zu verkaufen. Das kann ein Problem sein. Es muss aber einen Mindeststandard geben. Das gute Internet sollte zum Pauschaltarif kommen, das bessere Internet für Aufpreis. Kein Filtern auf dem Basisangebot. Das, was später die unterste Klasse ist, ist das was heute Internet ist.
Schröder: Wir haben gesehen, welches Innovationspotential das Internet birgt. Welche Art von Entscheidung würde das Innovationspotential wie beeinflussen? Was für wirtschaftliche Auswirkungen?
Curran: Das was wir hier heute diskutieren, kann man auch sehr positiv auffassen. Natürlich werden Dienstklassen usw. eingeführt, aber das ist der Preis für Innovationen. Nur dadurch entstehen neue Dienste. Nehmen wir das Beispiel Mikroapps, app-stores, auf IPTV-Netz, einbindug von Location, Identitätsmanagement. All diese Dinge werden durch die Einführung von Diensten möglich gemacht werden. Wenn wir das nicht tun, nehmen wir den Boden für diese Entwicklung weg.
Schulz: Sie betreiben ja durchaus Netzwerkmanegement. Wo sind da denn die Grenzen dessen, was man machen kann und was man nicht mehr tun sollte?
von Bomhard: Das Netz muss sich gut anfühlen. Telefon darf nicht ruckeln, aber längerer Download ist egal. Wenn man das Netz glätten kann brauche ich kein Overprovisioning und das Netz kann billiger werden. Flatrates sind ein sehr typisches Beispiel für das Problem des Marktes. Die Leistungsfähigkeit ist dabei aber auch immer besser geworden, der Traffic ist aber sehr viel stärker angestiegen. Grund: Neue Techniken, die entwickelt worden sind.
Solange diese Maßnahmen nicht missbraucht werden, z.B. um Mitbewerber auszuschliessen, das sind die Fälle wogegen man was gegen tun muss. Aber da gilt vielleicht eh Kartellrecht usw. schon.
Osthaus: Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu differenzieren, z.B. nach Diensten oder Anbietern. Wie sehen sie die Auswirkungen dieser beiden Ansätze. Reicht der heutige rechtliche Rahmen?
Mois: Wenn man sagt, ne Bildung von Klassen ist notwendig für ein gepflegtes Netz, dann kann es sein, dass man irgendwann sagt, dass man auch die Anbieter innerhalb dieser Klassen betrachtet, wenn es zu Engpässen kommt. Für uns führt beides zu unguten Ergebnissen. Schliesst man z.B. VoIP generell aus, dann ist uns nicht geholfen (3 von 4 Mobilfunkbetreibern in de). Wenn man selbst noch Anbieter ist und dann nur sich selbst durchlässt, ist das natürlich auch ein Problem. Für Wettbewerb und Kunden ist beides nachteilig. Wir sind der Auffassung, dass das das Thema der NN ist, soll ich also reinschaun dürfen? Ist aber auch eine wettbewerbsrechtliche Frage, der nur teilweise mit funktionierenden Mitteln begegnet werden kann.
Mühlberg: Sehen Sie eine Variante der Priorisierung, die nicht verbraucherschädlich sind. Vor allem, da sie nicht nur Nutzer sondern auch Teilnehmer sind.
Lüke: Frage schwierig in der Allgemeinheit zu beantworten. Kann es mir aber schlecht vorstellen. Wenn ich etwas für den einen schneller durchlassen, dann muss ich ja anderes abbremsen (was für einen anderen Teilnehmer wichtig sein könnte).
Kurz: Wie können regulatorische Probleme für das Peering-Problem aussehen? Was sind Minimal- und Maximalforderungen?
Bogk: Mein Eindruck ist, dass manche Marktteilnehmer durch Peering-Politik dafür sorgen, dass das Netz langsamer wird. Es sind meist die Übergänge der anderen Provider langsam, nie das Netz der Telekom. Durch Peering-Verpflichtung könnte man vielen Problemen schon entgegenwirken.
Hofmann: Beziehung zwischen NN und Wettbewerb. Kann der Wettbewerb die NN stärken aber nicht muss? Und kann andersrum die NN definitiv den Wettbewerb stärken? Wer würde am meisten profitieren von Festschreibung von NN?
Schlauri: Wenn wir überhaupt keine regulierung einführen, besteht das risiko, dass ISPs den Anbietermarkt definieren. Es braucht aber eine Vielzahl von Beteiligten, die solche Versuche (= neue Dienste) vornehmen. Wenn es zu einer Monopolisierung kommt, dann nehmen solche Versuche ab. Ein Verbraucher sieht aber diesen Zusammenhang oft nicht, er geht aus persönlichem Interesse dahin, wenn er es überhaupt versteht. Es gibt daher noch das gesamtwirtschaftliche Interesse an einer Enwicklung, die die Vielfalt fördert.
Notz: Es gibt ja heute schon High Quality-Services, die angeboten werden im Netz. Wie kann das überhaupt heute funktionieren, wenn es noch keinen Verstoss gegen die NN gibt. Wie kann so ein Service heute überhaupt zugesagt werden? (z.B. Telekom Entertain)
Lüke: Die Frage ist, unter welchen Voraussetzungen die ISPs heute agieren. Beispiel Telekom: Haben eigenes IPTV, aber Mitbewerber können gegen Entgeld mit da drauf. Solches IPTV widerspricht eigentlich NN.
18. SV: Sollte DPI verboten sein?
Mois: Sollte jemand befugt sein, da reinzuschauen? Sind wir uns sicher alle einig: Das ist ein schwerwiegendes Problem in der Diskussion. Ob ein Verbot als Mittel hier der korrekte Weg ist, kann ich tatsächlich in der Form nicht beantworten, ich bin kein Jurist.
18. SV: Wie bewerten Sie die derzeitige Diskussion und welche Motivation unterstellen Sie den beiden Lagern, Industrie und Aktivisten?
Schlauri: Die Beteiligten versuchen, ihre Interessen zu wahren. Natürlich pickt man das raus, was einem gelegen kommt. Man kann aber auch gewisse Einigkeit hier in der Runde feststellen.
3. Block: Zielvorstellungen zur künftigen Gestaltung des Internet
Weinhard: Es geht ja darum, in Peak-Situation den entsprechenden Verkehr vorhalten wollen. Normalerweise macht das ein Markt. Kann man so etwas überhaupt regulieren, so dass doch noch ein Mindeststandard vorgehalten wird? Wenn wir von Monopolen reden, dann greift doch eigentlich das Kartellrecht, brauchen wir da noch Regulierung?
von Bomhard: Kann man regulieren? Ich sagte ja schon „man sollte es nicht“. Als Mathematiker sage ich aber: Sicher, man kann alles regulieren. Es gibt aber einen Punkt, den ich noch nicht zu Ende gedacht habe, nämlich die Telekom zum Peering zu zwingen. Aber wie kann ich sicherstellen, dass das nicht nach hinten losgeht? Was ist, wenn die Telekom z.B. zum Peering-Punkt mit geringer Bandbreite hingeht? Wenn ich genügend Atem habe, das durchzufechten, dann vertraue ich auf unseren Rechtsstaat.
Aber vielleicht kann man die Spielregeln leicht ändern. Darf z.B. jeder noch seinen Zugang noch Internet nennen? Nein, ist es nicht, wenn man Teile rausblockt. Vielleicht können da Verbraucherschutzorganisationen an Begriffen arbeiten?
Rohleder (BITKOM): Sie können ja ausweichen, z.B. auf Satelliten usw. Welche Kosten entstehen durch die Bereitstellung der anderen Netze, was würde passieren, wenn Sie für DSL usw. auch entsprechend zahlen müssten? (und noch etwas)
Schmid: Hängt ein bisschen vom Geschäftsmodell des Infrastrukturanbieters ab. Ist unterschiedlich. (…) Frage pauschal aber nicht beantwortbar. Wettbewerbs greift im Prinzip schon, aber ab wann merken wir, was passiert? Hier muss Transparenz her. Ist das Recht justiziabel?
Tausch: Es gibt Bereiche in Deutschland, die entweder noch gar nicht versorgt sind oder es nur einen Anbieter gibt. Es gibt also keinen Wettbewerb. Wie kann in einer solchen Situation tatsächlich Wettbewerb gesichert werden? Wie kann man Auswahl schaffen mit Angeboten mit und ohne NN?
Donnerhacke: In Thüringen (viele schwachversorgte, ländliche Gebiete) konnte z.B. ein Energieversorger überzeugt werden, Glasfaser zu verlegen. Hier stellt jemand anders die Infrastruktur. Er will aber unabhängig vom Infrastrukturanbieter sein, will nicht unbedingt nur Telekom anbinden. Problem: Erschliessung eines Ortes muss er vorfinanzieren. Was passiert, wenn dann der Mitbewerber/Konkurrenzbetreiber kommt und Billigangebote macht? Deswegen verpflichten sich die Gemeinden, eine bestimmte Zeit bei diesem Anbieter zu bleiben. Fördermittel können Mindestvertragslaufzeiten reduzieren, um schnell in einen Wettbewerb zu kommen.
Man kann also in solchen Konstrukten auch Wettbewerb herstellen. Das ist auch ein Feld, wo Regulierung notwendig sein wird.
Es gibt auch Priorisierung ohne Diskriminierung: Man kann den Kanal für IP-Telefonie separat betreiben (z.B. in einem Gebäude). Das kostet Geld, ist aber billiger mit diesem 2. Netz, als Netzwerkmanagement zu machen.
Wir müssen auch weg von Flatrate-Verramschen. Man könnte sagen, dass ein Kunde 2-3 MBit bekommt, die vollkommen Best-Effort ist. Wenn er mal mehr braucht, dann kann er mal für 5-10 Minuten eine höhere Bandbreite zuschalten. Dann muss der Anschluss natürlich eine höhere Bandbreite haben, als mindestens benötigt.
Freude: Wenn Sie sich als Telefonieanbieter positionieren sollen, halten Sie es überhaupt für notwendig, dass ISPs VoIP priorisiert behandeln oder reicht es lokal im Router des Endbenutzers?
Mois: Das sind 2 völlig unterschiedliche Fälle. Habe ich daheim ne Leitung mit 1MBit und da sind x Personen dahinter, dann hab ich da ein Problem. Da hilft ein Router.
Wenn ein ISP in seinem Netz einen Mangel erkennt, muss/kann/darf er dann priorisieren? Internet wandelt sich ja dauernd, neue Dienste usw. Natürlich darf dieser Mangel nach Massgabe des Providers behoben werden. Das ist das, was er verkauft.
Wovor wir jetzt Angst haben, ist dass heute der Wettbewerb auf dem Access-Produkt stattfinden (Preis nach Bandbreite). Lange gelerntes Modell. Früher gab es Zeit, jetzt nicht mehr. Wenige Parameter für den Kunden. Sorge dabei ist, dass wenn sich das Produkt weiter diversifiziert, der Kunde verwirrt wird, da er z.B. kein Bild beim Videotelefonat bekommt. Dann geht das mehr in die Diskussion, ob das ein Internet, Teilinternetzugang oder was auch immer ist. Zielkonflikt hier. Dann hat ein Provider sehr lange Texte, die keiner liest und dann hat der Kunde eine schwerere Entscheidung.
(…)
Blumenthal (FDP): Hat ein Verbot einer Priorisierung eine Auswirkung auf die gesamtwirstschaftliche Entwicklung?
Schlauri: Ja, Beispiel IPTV. Wenn wir das im B2B-Bereich verbieten, haben wir weniger Produkte auf dem Markt und damit einen Nachteil.
Blumenthal (FDP): Sie haben den Strommarkt als Beispiel genannt. Da haben wir aber doch, dass Strom aus bestimmten Quellen priorisiert wird. Halten Sie diesen Markt daher als gutes Beispiel?
Bogk: Zumindest hat man ähnliche Strukturen mit Monopolen usw.
Kurz: Wie ist die Rolle der BNetzA zu sehen? Wie hat sie dabei geholfen, Ihr NN-Problem zu lösen? Ist er ein sinnvoller Regulierer und was würden Sie sich in Zukunft wünschen?
Mois: Das Problem gilt nicht nur für uns, sondern auch für andere. BNetzA ist ein interessantes Thema, denn normalerweise betrifft uns das mehr aus Telefonie-Sicht. Beim Thema NN kann ich leider wenig dazu sagen, da wir davon ausgegangen sind, dass es eine Wettbewerbsproblematik ist, das liess und lässt sich aber schwer durchsetzen.
(…)
Donnerhacke: Machen wir es doch einfach mit IPv6 richtig und schmeissen den legacy-Kram weg!
Hofmann: Auf welcher Ebene soll NN eigentlich geregelt werden? National, EU? Und was halten Sie davon, die Nutzer da mit einzubringen?
Lüke: Wird ja schon was länger international diskutiert. USA, auch europäische Länder, wie Norwegen. Global wäre die angemessenste Variante, aber unrealistisch. Z.B. wird QoS in China auch unter ein paar „Netzwerkmanagement-Eingriffen“ leiden. Bei EU kann man aber mal schauen, es gibt da jetzt eine Überarbeitung. Bis heute ist auch nicht sicher, ob es nicht schon Vorschriften gibt, die schon einschlägig sind. Ist die BNetzA ihrem Auftrag nachgekommen oder ist es doch nicht einschlägig? Da muss man mal reinschauen. Und ja, Transparenzregeln sind nicht ausgereift, 1000 Regeln in den AGBs bringen es nicht.
Wir alle sind dazu bereit, dazu konstruktive Vorschläge zu machen. Im Endeffekt entscheiden aber sie bei Implementierung ins TKG.
Notz: Wenn wir uns vor 15-20 Jahren von der NN verabschiedet hätten, wie sähe das Internet dann heute aus?
Lüke: Definitiv nicht so, wie es heute aussieht. Mit definitiv weniger Innovation wie Google, Facebook usw. Da kann man halten davon, was man möchte, aber diese wären nicht möglich gewesen. Von den größeren Firmen kamen bislang nicht so die grossen Errungenschaften, es sei denn hinzugekauft.
Hätten wir die Netzneutralität vor 15 Jahren abgeschafft hätten wir heute nur ein besseres Telefonnetz.
Prognose sind aber auch schwierig, wenn sie aus der Vergangenheit in die Zukunft gerichtet wird. Wir müssen eine sinnvolle und gesellschaftlich vertretbare Lösung finden.
18. SV: Wenn priorisiert, wer entscheidet dann, was wichtig ist und wie kann da gesellschaftlicher Konsens hergestellt werden?
Curran: Wichtig dabei ist, dass man in der Unterscheidung der Dienste mit den Verkehrsteilnehmer entsprechende Absprachen trifft. Im B2B-Business entstehen durch diese Dienstklassen schon viele Unterschiede.
18. SV: Was merke ich als Verbraucher konkret vom Netzwerkmanagement? Wie sähen Logos aus?
Lüke: Verständlichkeit ist ein Problem. Da muss Komplexitätsreduktion erfolgen. Bislang wird Netzwerkmanagement nicht durch einen unabhängigen Beobachter kontrolliert, müsste Aufgabe der BNetzA sein.