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Windkraft ja, aber bitte woanders!

Nach langer Zeit war ich heute mal wieder im Bürgerforum der Stadt Aachen zu Gast, wo es überraschenderweise doch recht voll war. Der Grund: Grüne und CDU haben dazu eingeladen, mal über den geplanten Ausbau der Windkraftnutzung im Aachener Norden und Süden (Münsterwald) zu diskutieren.

Der Stand laut Verwaltung: Man sei in einer frühen Phase, der Vorentwurf wurde bekanntgemacht und nun gibt es eine Vielzahl von Bürgereingaben, mit denen man sich befassen muss. Im Bereich Münsterwald wartet man noch auf die Ergebnisse der Untersuchungen zu Artenschutz und dem Landschaftsbild, Untersuchungen zu Emissionsschutz (also Lärm) und Schlagschatten sind wohl fertig. Im Frühherbst gibt es dann die vollständige Ausarbeitung, worauf dann wohl eine 2. Offenlegung mit einem überarbeiteten Plan geschieht. Das Freigabeverfahren soll dann im Frühjahr 2012 beginnen, kann sich aber durch Bürgereingaben noch 3-5 Monate verzögern.

Die Kritik

Die Hauptfrage hier war anscheinend, warum man die Windkraftanlagen in Aachen aufstellt und nicht etwa in der Nähe von Inden oder gar im niederländischen oder belgischen Ausland. Auch gab es den Vorwurf, dass dies alles nur des Geldes wegen gemacht würde, da ja durch den AKW-Ausstieg angeblich Mehrkosten von 10 Milliarden deutschlandweit entstehen und unsere STAWAG von diesem Kuchen ja was abhaben will.

Andererseits wurde aber auch bemerkt, dass diese Windkraftanlagen ja gar nicht wirtschaftlich betrieben werden können, sei es, weil nicht genug Wind weht oder aber die Kabelkosten recht hoch seien. Dieses Argument widerspricht natürlich dem Geldmacherei-Argument, was auch von Seiten der Stadt angemerkt wurde. Natürlich wolle man den Windpark wirtschaftlich betreiben und die Lage sei nicht optimal aber doch im Binnengebiet durchschnittlich.

Man würde auch mit der Städteregion Aachen und dem Ausland sprechen, aber diese Gespräche sind sehr langwierig und Planungen mit dem benachbarten Ausland zusammen zu machen, sei auch nicht ganz so einfach. Man prüfe dies aber.

Weitere Kritikpunkte waren die angebliche Feuergefahr durch in Flammen aufgehende Windkraftanlagen, die in Wäldern stehen (und bei uns um die Ecke brennt das Venn ja noch immer) oder die Gefahr durch Infraschall.

Zur Feuergefahr bemerkte die Stadt, dass man natürlich mit Feuerwehr-Experten zusammenarbeite und solche Brände recht selten seien (dem wurde widersprochen, aber eine genaue Statistik habe ich auf die Schnelle leider nicht gefunden). Die Gefahr durch Infraschall sehe man laut generellen Gutachten nicht.

Erneuerbare Energien sind super, wenn sie nicht bei mir erzeugt werden?

Ich find die Kritik doch recht überzogen und sie ist natürlich typisch deutsch. Nicht umsonst heisst ein Paper zur Infraschall-Untersuchung auf Englisch „Infrasound from wind turbines: A ‚German’ Problem?“ (PDF) und es kommt zu dem Schluss, dass man meist deswegen nicht ruhig schlafen kann, da im Vorfeld Ängste systematisch geschürt wurden, nicht jedoch wegen des unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle liegenden Infraschallpegels.

Und die Forderung danach, den Strom doch bitte woanders zu erzeugen, finde ich doch etwas seltsam. Man selbst will son Ding nicht im Wald stehen haben, wenn es bei anderen im Wald steht, ist das aber egal? Diese Einstellung finde ich doch sehr problematisch. Auch wird der Wald dadurch ja auch nicht abgeholzt, die Waldfunktion bleibt also erhalten und Untersuchungen zum Artenschutz laufen ja. Wieso kann man so eine Turbine denn nicht als Zeichen des Fortschritts sehen, sondern immer nur als „Verschandelung“? Liefen Windmühlen früher auch unter diesem Label? Oder war man froh, sie erfunden zu haben?

Aber immerhin gab es einen Bürger, der sich zu Wort meldete und Windkraftanlagen verteidigt hat. Er wunderte sich aber, warum die Stadt Aachen da nur so wenig mache und nicht auch jedem erlaube, sich son Ding hinzustellen, wenn es denn passt. Er verwies zudem auf den Energiewenderechner, der wohl errechnet, dass min. 10% des heutigen Ackerlands für erneuerbare Energien benötigt werden, um Deutschland komplett zu versorgen. Auch deswegen müsse man auch in Aachen was machen und dies nicht auf andere abschieben.

Aber wie auch immer. Man sollte in Deutschland vielleicht mal verstehen, dass man nicht gegen Atomkraft, für die Umwelt und gegen erneuerbare Energien gleichzeitig sein kann. Wenn man letztere will, muss man sie auch vor der eigenen Haustür wollen. Zudem gibt es wahrhaftig schlimmeres.

(Ich stand im übrigen letztens noch vor so einem Ding und so laut fand ich das ja nun nicht und ich find die zudem auch recht fotogen)

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