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Die Schattenseiten von DVB(-T): CPCM

Nun endlich gibt es das auch in Aachen: DVB-T! Hatte ich vorher nur mehr 3 Programme (eines davon verrauscht), so habe ich doch jetzt wieder deren 12. Kein Rauschen mehr, dafür aber manchmal JPEG-ähnliche Artifakte. Das ist natürlich schön, vor allem, da man es auch am Laptop etc. schauen kann, doch ist nicht alled golden, was aus dem DVB-Gremium so herausdringt.

CPCM

Zunächst zum Digital Video Broadcasting Project (DVB). Es handelt sich hierbei laut Homepage um ein Konsortium aus über 270 Broadcastern, Herstellern, Netzwerk-Operatoren, Software-Entwickler, Regulationsbehörden und anderen Institutionen aus 35 Ländern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, einen offenen technischen Standard zur globalen Übertragung von digitalem Fernsehen und Datenservices zu schaffen. Aus diesem Hause kommen eben so Standards wie DVB-S (Satellit), DVB-C (Kabel), DVB-T (terrestrisch) und andere.

Doch eben nicht nur das, sondern auch ein Standard namens CPCM. CPCM steht dabei für „Content Protection & Copy Management„. Der Name sagt ja an sich schon alles, es geht also um Digital Rights Management (DRM), also im Prinzip um eine Möglichkeit, das Kopieren von mit CPCM geschützten Medien zu verhindern oder einzuschränken. Das Fact Sheet sagt zwar, dass es sich bei CPCM nicht um DRM handele, da DRM nur auf dem Weg zum Betrachter wirksam sei, aber das sehe ich wohl anders. Fakt ist wohl, dass DRM nicht bei mir auf der Festplatte aufhört, sondern mich auch dann noch daran hindert, meine Musik z.B. auf mehr als x Geräten abzuspielen. Es mag vielleicht Definitionssache sein, aber vom Prinzip her ist es schon sehr ähnlich.

CPCM hat dabei viele Probleme:

  • Limitierung der Aufnahme von Sendungen. CPCM kann z.B. das „Copy Never“-Flag setzen, um das Kopieren komplett zu unterbinden. Man kann alternativ auch eine Maximalanzahl von Kopien erlauben.
  • Limitierung der Orte, an denen man eine bestimmtes Programm anschauen kann. Es gibt geographische Kontrollen (ähnlich dem Ländercode auf DVDs), die es verhindern können, z.B. einen FIlm, den man per CPCM auf’s Laptop kopiert hat, anschauen, sobald man eine bestimmte Region verlassen hat. So denkt man über eingebaute GPS-Devices nach.
  • Definition, mit wem man etwas in der Familie tauschen kann. Es kann untersucht werden, mit welcher Frequenz Geräte an ein persönliches Netzwerk angeschlossen werden, um herauszufinden, ob sie der einer Authorized Domain (siehe unten) angehören.
  • Kompatibilität von Geräten. Es ist klar, dass man CPCM-geschützte Programme nur anschauen kann, wenn man auch CPCM-fähige Geräte besitzt. Dies bedeutet also z.B. einen oder mehrere Neukäufe. Schlechte Nachrichten für denjenigen, der schon einiges an Geld in seinen Home Entertainment-Bereich investiert hat.

Wie funktioniert CPCM?

Bei CPCM spricht man von einer sogenannten „Authorized Domain“ (AD), innerhalb derer CPCM die Nutzung der Medien regelt. Eine solche AD besteht dabei aus einer Reihe von CPCM-fähigen Geräten, die ein Haushalt besitzt. Diese müssen nicht an einem Ort sein, können also auch z.B. im Ferienhaus, Auto oder das Handy sein. Laut Cory Doctorow, der auf der Web 2.0 Expo in Berlin etwas über CPCM erzählte, beginnen hier aber schon die Probleme, da diese Definition evtl. etwas zu starr ist. Auch verhindert sie ja schon, dass man z.B. einen CPCM-geschützten Film mit zum Nachbarn nehmen kann, um ihn dort zu schauen. So ist es laut FAQ auch nicht direkt möglich, eine AD zu splitten oder zu mergen

Um die Funktionalität zu gewährleisten, müssen die Medieninhalte immer über CPCM-fähige Geräte transferiert werden. Sie werden also schon von einem solchen empfangen und können dann innerhalb der Haushalts-Restriktion auf andere Geräte übertragen werden. Dazu werden diese Geräte einen gemeinsamen Code haben und weiterhin kommt ein Scrambling-Mechanismus zum Einsatz.

Dass die Definition einer AD eines der Hauptprobleme ist, hat Cory Doctorow auf der Expo an einem Beispiel deutlich gemacht: So hat ein Lehrer vielleicht das Recht, eine aufgenomme Sendung in einer
Schulklasse zu zeigen. Da die Schule aber sicher nicht zur AD gehört oder gar die Aufnahme der Sendung schon per Flag unterbunden ist, hat man hier wenig Chancen. Man kann hier nur auf einen verständigen Serviceprovider hoffen.

Ein schöner Randfall sei wohl auch, dass man ein Video nicht für länger als 2 Stunden pausieren können lassen soll, da sich sonst wohl theoretisch die Möglichkeit ergibt, dass man ein Programm 48 Stunden lang ansehen kann, wenn dies nur für 24 Stunden erlaubt ist.

Was steckt dahinter?

Sicherlich ist dies keine Initiative, um den Konsumenten zu schützen. Viel mehr geht es lauf EFF der Filmindustrie darum, jedwede Wiederverwendung eines einmal ausgestrahlten Programms kostenpflichtig machen zu können. Die Rechte der Konsumenten bleiben also auf der Strecke.

Das generelle Problem

Generell ist jedweder Kopierschutz in seinem Sinn natürlich zweifelhaft und sind immer zu Ungunsten des Konsumenten. Denn nicht der Raubkopierer hat mit den Restriktionen zu leben (und kopieren lässt es sich immer), sondern der ehrliche Konsument. Dieser wird nachher das Problem haben, dass er z.B. eine aufgenommene Sendung nicht mehr mit Freunden schauen oder sie auf DVD brennen kann. Auch aus dem FAQ selbst ergeben sich schon ein paar Unstimmigkeiten: So kann ein Medienhersteller angeben, welche Restriktionen gelten, muss aber nicht. So wird der Konsument wahrscheinlich eher darüber im Dunkeln gelassen, was er mit seinen Medien tun darf und was nicht.
Überhaubt sind viele Antworten in dem FAQ mit „wird unterstützt“ und „kann“ beantwortet. D.h. also, dass es nicht so sein muss. So wird z.B. Kopie auf DVD unterstützt, muss aber nicht erlaubt sein.

Open Source-Tools werden hiermit natürlich ebenso ausgeschlossen, denn Open Source und DRM verträgt sich nun mal nicht so ganz.

Man muss auch sehen, dass CPCM natürlich viel weiter geht als das mal in den USA diskutierte Broadcast-Flag, welches darüber bestimmte, ob man eine Sendung aufnehmen darf oder nicht. Dies konnte einfach vorhanden sein oder eben nicht (außerdem wurde dieses Vorhaben zu Fall gebracht). CPCM geht hier viel weiter, indem es die Kontrolle weit über den Ausstrahlungszeitraum ausdehnt.

Eine interesante Antwort gibt es auch zu der Frage, wer denn die Konsumentensicht bei diesem Projekt vertritt. Hier wird mir vage geantwortet, dass jede beteiligte Firma damit lebt oder stirbt, ob sie das liefert, was der Konsument will. D.h. also in anderen Worten, dass der Konsument selbst nicht gefragt worden ist. Und die Tatsache, dass CPCM eigentlich so gut wie unbekannt ist, spricht hier für sich.

Einzig die Electronic Frontier Foundation (allen voran Cory Doctorow) scheint sich da eingemischt zu haben und hat als einzige öffentliche Interessengemeinschaft Zugang zu den ansonsten geschlossenen CPCM-Meetings. Papers dazu findet man hier und hier.

Wie geht’s weiter?

Die Frage ist, ob der Konsument wirklich entscheiden wird. Soweit das in dem Konsortium abgesegnet wird und dann so langsam Einzug erhält, hat der Konsument eigentlich nur noch wenig zu sagen. Dass dieser aber dann jegliche Wiederverwendung neu bezahlen wird, wage ich zu bezweifeln. Eher wird der illegale Tausch zunehmen, denn das ist ja das interessante: Man versucht das Kopieren zu verhindern aber der Dumme ist dabei eigentlich nur immer der ehrliche Konsument, der diversen Restriktionen ausgesetzt ist, während der Raubkopierer dies nicht hat.

So wie ich das verstehe fehlen noch einige Dinge, um CPCM wirklich zertifiziert implementieren zu können. Die EFF ist auf jeden Fall eine Organisation, die CPCM sehr kritisch gegenüber steht. Eine Unterstützung der EFF ist auch von daher vielleicht keine schlechte Idee.

Ingesamt keine schöne Entwicklung, wobei ich aber gar nicht weiss, ob mich das so tangiert. Fernsehen schau ich eh eher wenig und das meiste lohnt sich eh nicht aufzunehmen ;-) Trotzdem hätte ich natürlich schon die Freiheit, diese Dinge aufnehmen zu und anschauen zu können, wo, wann und mit wem ich will. Und auch aufgrund der Tatsache, dass DRM eigentlich auf dem Rückzug ist, eben da es die Konsumenten mehr nervt als Raubkopien eindämmt, sollte bedacht sein und vielleicht kann man sich all die Mühe dann eh sparen :-)
(mal so ein Tipp von mir)

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